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Rechtsprechung

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mitgeteilt von RA Frank Feser (HOELLER Rechtsanwälte)

Leitsätze von RA Feser

Zur Rechtswidrigkeit von kostenpflichtigen Telefonnummern, unter denen für Verdienstmöglichkeiten Informationen abrufbar sein sollen.

21 O 166/99 Verkündet am 20. Oktober 1999

als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle des
Landgerichts

Landgericht Münster

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit


  • Klägers,

g e g e n

  • Beklagten

bat die 1. Kammer für Handeissachen des Landgerichts Münster auf die mündliche Verhandlung vom 20. Oktober 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht * die Handelsrichter * und *
für R E C H T erkannt:
  1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
    1. mit den Angaben

      "Autoüberführung
      Sichere Fahrer/in gesucht
      Tagessatz 300 DM + MwSt.
      ...
      Ruf 0190 8 - 8****
      ...
      1,8 euro min. internet de.
      "

      zu werben, wenn Interessenten, die sich auf diese Anzeige melden, aufgefordert werden, eine Einschreibegebühr in Höhe von 50,00DM oder 80,00 DM zu entrichten;

      und/oder

    2. für Verdiensttätigkeiten unter An9abe der Tele-InfoService-Nummer 0190 zu werben;

    3. Verbindungsentgelte mit den Angaben
      "1,8 euro min internet de." oder
      "1,8 euro/min."
    4. zu werben.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
  3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 35.000,00 DM vorläufig vollstreckbar.

T a t b e s t a n d

Der 1966 gegründete Kläger, zu de5sen Mitglieder u.a. die Verbraucherzentralen der Bundesländer gehören, verfolgt satzungsgemäß das Ziel, insbesondere unlauteren Wettbewerb zu unterbinden, der sich zum Nachteil der Endverbraucher auswirkt.

Der Beklagte betreibt ein Unternehmen, das sich mit Personal- service, Werbung und Arbeitsvermittlung beschäftigt. Er schaltet Anzeigen in Tageszeitungen, in denen Interessenten unter Angabe der kostenpflichtigen Service-Nummer 0190 als sichere Fahrer/in" für Autoüberführung gesucht werden wie folgt:

Interessierte Anrufer, die sich auf diese Telefon-Nummer hin an den Beklagten wenden, erhalten ein Anschreiben, in dem sie u.a. aufgefordert werden, eine Einschreibegebühr von 50,- DM für ein Jahr und 80,- DM für zwei Jahre zu zahlen sowie ein sogenanntes Fahrerstammblatt, in das sie persönliche Daten eintragen sollen. Wegen der weiteren Einzelheiten dazu wird auf Bl. 12, 13, 14 und 16 d.A. verwiesen.

Der Kläger erblickt in diesen Werbeanzeigen einen Verstoß gegen die §§ 1 und 3 UWG. Eine Abmahnung des Klägers vom 27. Mai 1995 blieb erfolglos.

Der Kläger beantragt,

Der Beklagte erkennt die Klageanträge zu a) und c) an.

Er beantragt im übrigen,

Er hält die Werbung für Verdienstmöglichkeiten unter Angabe der 0190-Service-Nummer nicht für unlauter, weil sein jeweiliger Mitarbeiter den Anrufer zu Beginn des Gesprächs auf die erhöhten Kosten des Telefonats hinweise. Dieser könne zudem das Ge-, spräch sofort beenden. Außerdem habe er, der Beklagte, seine Werbung zwischenzeitlich umgestellt. Der Anrufer könne nunmehr den Anzeigen den Gesprächspreis von 3,63 DM/Minute entnehmen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Klage ist begründet.

Der Kläger ist gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG klagebefugt.

Soweit der Beklagte die Klageforderung anerkannt hat, war er antragsgemäß zu verurteilen.

Der Unterlassungsanspruch zu b) ergibt sich aus §§ 1 und 3 UWG.

Nach Überzeugung der Kammer fehlt einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung die Kenntnis, daß ein über die Service-Nummer 0190 geführtes Gespräch ein Mehrfaches der üblichen Telefongebühren kostet. Hinzu kommt, worauf der Kläger zutreffend hinweist, daß sich die beanstandete Werbung gerade an Personen der sozial schwächeren Schichten der Bevölkerung wendet, die aufgrund Arbeitslosigkeit oder angespannter finanzieller Verhältnisse an einer Verdienstmöglichkeit interessiert sind. Anrufer aus diesem Personenkreis werden in der Regel das Gespräch nicht nach kurzer Zeit beenden, sondern in der Hoffnung, eine Erwerbstätigkeit zu finden, solange nachfragen, bis sie alle benötigten Informationen erhalten haben. Da ihnen aber bei dem Telefonat tatsächlich kein "Job" vermittelt wird, sondern lediglich ihre Adressen aufgenommen und gegebenenfalls weitere Informationen erteilt werden, liegt eine Irreführung der Anrufer vor.

Die Werbung des Beklagten verstößt zugleich gegen § 1 UWG, weil er sich auf Kosten der interessierten Anrufer ein zeitabhängiges Honorar verschafft, das von dem weitaus größten Teil der Bewerber ohne brauchbare Gegenleistung gezahlt werden muß. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung erhält der Beklagte jeden Werktag ca. 60 bis 70. Anrufe über die 0190-Service-Nummer. Die durchschnitt4che Gesprächsdauer beträgt danach knapp vier Minuten. Daraus errechnen sich tägliche Gebühren aus diesem "Telefondienst" in Höhe von ca. 230,- DM bis 260,- DM, von denen der Beklagte etwa 60 bis 70 % = 140,- DM bis 180,- DM erhält. Mit diesen Einnahmen finanziert er sein Unternehmen.

Diese Zahlen belegen, daß durch die beanstandeten Werbemaßnahmen des Beklagten wesentliche Belange der Verbraucher berührt werden.

Der Umstand, daß der Beklagte zwischenzeitlich seine Werbung umgestellt hat, vermag die Wiederholungsgefahr nicht auszuräumen. Das kann nur durch eine entsprechende strafbewehrte Unterlassungserklärung geschehen.

Da der Schriftsatz des Klägers vom 20. Oktober 1999 keinen neuen Tatsachenvortrag enthält, bedurfte es nicht der Einräumung einer Schriftsatzfrist für den Beklagten. Die in dem Schriftsatz erwähnten rechtlichen Gesichtspunkte sind im Termin zur mündlichen Verhandlung hinreichend erörtert worden.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 Satz 1 ZPO

Unterschrift