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mitgeteilt von RA Boris Hoeller ( HOELLER Rechtsanwälte )

31 O 26/00 Verkündet am 16.03.2000


Justizsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

Landgericht Köln

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

  • *

    Antragstellerin


    Vergahrensbevollmächtigte:
g e g e n
  • *

    Antragsgegner

wegen:
****

hat die 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 17.02.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht * und die Richterin am Landgericht * und *
für R E C H T erkannt
  1. Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 14.01.2000 - 31 O 26/00 - wird bestätigt.
  2. Die weiteren Kosten des Verfahrens tragen die Antragsgegner.
  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

T a t b e s t a n d

Die Antragsstellerin ist eine der 16 Gesellschafterinnen des Deutschen Lottoblocks. Sie betreibt in Nordrhein-Westfalen die Organisation und Durchführung einer Vielzahl von Gewinnspielen, insbesondere das Samstag-Lotto und das Mittwochs-Lotto. Sie und die anderen 15 Gesellschafterinnen des Deutschen Lottoblocks sind Inhaberinnen der mit Priorität zum 02.09.1996 als durchgesetzte Marke eingetragenen Wortmarke 396 38 296 "LOTTO".

Die Antragsgegnerin zu 1.) deren Geschäftsführer der Antragsgegner zu 2.) ist, betreibt unter der Domain "lotto24.de" einen Annahmeservice für Lottoscheine im Internet. In ihrer Werbung verwendet sie die Bezeichnung "LOTTO24.de" als Firmenschlagwort. Wegen der Einzelheiten ihres Internet-Auftritts wird auf die Anlage AS 2, Bl. 9-16) Bezug genommen.

Die Antragstellerin sah und sieht in der Benutzung der Internet-Domain und des Firmenschlagworts "LOTTO24" einen Eingriff in ihre Markenrechte. Sie hat deshalb am 14.01.2000 folgende einstweilige Verfügung erwirkt:

[ ..... ] Auf Antrag der Antragstellerin wird gemäß §§ 14 MarkenG, 24, 25 UWG, 91, 890, 936 ff., 944 ZPO im Wege der einstweiligen Verfügung, und zwar wegen der Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung und durch den Vorsitzenden anstelle des Prozeßgerichts, folgendes angeordnet:

  1. Die Antragsgegner haben es unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM - ersatzweise Ordnungshaft - oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,

    1. im geschäftlichen Verkehr die Domain-Bezeichnung

      lotto24.de

      als Internet-Adresse zu benutzen und/oder benutzen zu lassen;

      und/oder

    2. über die Domain-Bezeichnung

      lotto24.de

      - mit Ausnahme gegenüber der Antragstellerin - zu verfügen und/oder diese auf Dritte zu übertragen;

    3. im geschäftlichen Verkehr im Bereich der Vermittlung vom Spielverträgen im Namen vom Wettgemeinschaften sowie im Zusammenhang mit der Beratung für Lotto- und Toto und/oder für den Betrieb eines Wettbüros oder eines ähnlichen Unternehmens sowie für den Betrieb einer Service-Hotline selbst und/oder durch Dritte die Firma oder das Firmenschlagwort

      LOTTO24.de

      Wie nachstehend wiedergegeben zu verwenden und/oder verwenden zu lassen:

      [verschiedene Benutzungsformen werden wiedergegeben ]
  2. Die Kosten des Verfahrens werden den Antragsgegnern auferlegt.

Steitwert: 500.000,00 DM

[ ..... ]

Die Antragstellerin beantragt nach Widerspruch,

- wie erkannt -.

Die Antragsgegner beantragen,

die Einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.

Die Antragsgegner meinen, dass der Schutzumfang der Marke der Antragstellerin denkbar eng sei, weil "Lotto" ein glatt beschreibender Begriff der Umgangssprache sei. Die ohnehin geringe Kennzeichnungskraft werde durch eine Vielzahl von Drittzeichen mit dem Bestandteil "Lotto" noch weiter geschwächt. Die angegriffenen Bezeichnungen würden unter den Umständen einen hinreichenden Abstand aufweisen. Jedenfalls sei der geltend gemachte Unterlassungsanspruch verwirkt, weil die Antragstellerin nicht gegen die anderen Marktteilnehmer vorgehe, die "Lotto" kennzeichenmäßig verwenden würden. Diese Ungleichbehandlung verstoße zugleich gegen §§ 19, 20 GWB. Im Übrigen sei der Gebrauch der angegriffenen Bezeichnungen "lotto24.de" / "LOTTO24.de" gemäß § 23 MarkenG zulässig.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die einstweilige Verfügung der Kammer war zu bestätigen, weil sich ihr Erlass auch nach dem weiteren Vorbringen der Parteien als gerechtfertigt erweist, §§ 925, 936 Abs. 2 ZPO.

Der Unterlassungsanspruch der Antragstellerin folgt aus § 14 Abs. 5 MarkenG. Die Verwendung der Domain "lotto24.de" und/oder des Firmenschlagworts "LOTTO24.de" verletzt die Markenrechte der Antragstellerin, weil die beanstandeten Kennzeichnungen mit der für die Antragstellerin geschützten Wortmarke "LOTTO" verwechslungsfähig sind.

Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ist eine Rechtsfrage, die sich zum einen nach der Kennzeichnungskraft und Verkehrsbekanntheit der geltend gemachten Marke, zum anderen nach dem Ähnlichkeitsgrad der einander gegenüberstehenden Zeichen sowie der Nähe der Waren- und Dienstleistungsbereiche richtet. Die genannten Kriterien stehen dabei in einer Wechselbeziehung, und zwar dergestalt, dass der Ähnlichkeitsgrad umso geringer sein kann, je größer die Kennzeichnungskraft ist, während umgekehrt ein höherer Ähnlichkeitsgrad erforderlich ist, wenn die Kennzeichnungskraft nur schwach und/oder der Warenabstand größer ist (vgl. BGH GRUR 1995, 219 - Oxygenol II; BGH GRUR 996, 198, 199 - Springende Raubkatze; BGH GRUR 1999, 241, 243 - Lions).

Entgegen der Ansicht der Antragsgegner ist die Marke der Antragstellerin keineswegs ausgesprochen kennzeichnungsschwach. Das Zeichen ist als durchgesetzte Marke eingetragen worden. Solchen Marken kommt vom Hause aus durchschnittliche Unterscheidungskraft zu (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 8 Rn. 150 m.w.N.).

Die Kennzeichnungskraft der geltend gemachten Marke ist auch nicht durch Drittzeichen geschwächt worden. Jedenfalls bietet der diesbezügliche Vortrag der - insoweit darlegungs- und beweispflichtigen - Antragsgegner keine Anhaltspunkte für eine nennenswerte Schwächung.

Insbesondere können sich die Antragsgegner nicht mit Erfolg auf das Ergebnis ihrer Markenrecherchen berufen. Insoweit referieren die Antragsgegner lediglich de Rollenstand. Er besagt schon deshalb nichts, weil die Antragsgegner auch nicht ansatzweise geklärt haben, welche von den 26 ermittelten Marken mit dem Bestandteil "Lotto" nicht für Gesellschaften des Deutschen Lottoblocks oder deren Vertragspartner, sondern für Außenstehende eingetragen worden sind, d.h. überhaupt als Drittzeichen angesehen werden können. Abgesehen davon fehlt jedweder Vortrag über die Benutzungslage. Nicht oder nur marginal benutzte Drittmarken können selbstverständlich nicht die Unterscheidungskraft der Durchgesetzten Wortmarke "Lotto" schwächen.

Soweit es die Verwendung des Wortes "Lotto" in Unternehmensbezeichnungen betrifft, ist das Ergebnis der diesbezüglichen Recherchen der Antragsgegner mit lediglich drei Firmen ohnehin denkbar bescheiden. Zudem ist völlig unklar, in welchem Umfang die betreffenden Firmen im Verkehr in Erscheinung treten.

Nur scheinbar anders ist die Lage im Internet. Bei genauerer Betrachtung sind aber auch die dort aufgezeigten Benutzungsbeispiele letztlich ungeeignet, den Schwächungseinwand zu rechtfertigen. Einige der ermittelten Domains - wie etwa die Internet- Adressen www.instant-lotto.de und www.lotto-privat.de - werden noch nicht genutzt, andere - z.B. die Domains www.hielscher-lotto.de, www.oddset.de oder www.lotto-tippag.de - weisen entweder keinen oder einen relativ entfernten Bezug zur geltend gemachten Marke auf. Zum Teil gehören die ermittelten Domains unwidersprochen der Antragstellerin (so unter anderem www.lottospiegel.de und www.lotto.de). Wiederum andere sind - erfolgreich - angegriffen worden. Die von den Antragsgegnern wiederholt erwähnte Bezeichnung "Lottoteam" war Gegenstand einer gerichtliche Auseinandersetzung und ist durch rechtskräftiges Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 18.12.1998 (Az: 6 U 56/98) verboten worden. Bei dieser Sachlage reicht der Hinweis auf die bloße Existenz von Internet-Domains und/oder Unteernehmenskennzeichnungen Dritter mit dem Bestandteil "Lotto" nicht aus, um den Schwächungseinwand zu rechtfertigen. Dies gilt zuletzt auch deshalb, weil bei einem plötzlichen Auftreten einer Vielzahl von Drittzeichen der Schutz der durchgesetzten Marke noch nicht entfällt oder ihr Schutzumfang entscheidend reduziert wird. Für eine nachhaltige Benutzung schädlicher Drittzeichen über einen längeren Zeitraum fehlen indes jegliche Anhaltspunkte.

Abgesehen davon ist im Streitfall ohnehin ein strenger Maßstab bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr anzulegen, weil sich die einander gegenüberstehenden Dienstleistungen der Parteien überschneiden (vgl. dazu nur: BGH a.a.O. - Lions). Die Marke der Antragstellerin ist unter anderem für die "Durchführung von Glücksspielen im Wege der Telekommunikation, insbesondere über Internet" eingetragen. Diese Tätigkeit umfasst die von den Antragsgegnern unter der angegriffenen Domain und dem Firmenschlagwort "LOTTO24.de" angebotene Annahme vom Lotto-Tipps via Internet.

Die Marke der Antragstellerin und die angegriffenen Zeichen "lotto24.de" / "LOTTO24.de"sind einander hochgradig ähnlich und nach dem Gesamteindruck ohne weiteres verwechslungsfähig. Die von den Antragsgegnern verwendeten Bezeichnungen unterscheiden sich lediglich durch die rein beschreibenden Zusätze "24" (=24-Stundenservice) und "de" (=Toplevel-Domain). Diese Zusätze sind ungeeignet, den Gesamteindruck (mit) zu prägen und der äußerst naheliegenden Fehlvorstellung des Verkehrs, es mit dem Online-Dienst des Deutschen Lottoblocks und dessen Homepage zu tun zu haben, wirksam zu begegnen.

Von einer nach § 23 MarkenG zulässigen Verwendung der Marke kann vorliegend keine Rede sein. Der Hinweis der Antragsgegner auf diese Vorschrift geht schon deshalb fehl, weil sie das Wort "Lotto" nicht beschreibend, sondern namens- und firmenmäßig benutzen und sich auf diese Weise - ohne rechtfertigenden Grund - an die Leistung der Antragstellerin anhängen, was unlauter ist.

Der Unterlassungsanspruch der Antragstellerin ist entgegen der Ansicht der Antragsgegner auch nicht verwirkt. Insoweit fehlt es ersichtlich an dem erforderlichen Vertrauenstatbestand. Das Verhalten der Antragstellerin gegenüber anderen Verletzern ist in diesem Zusammenhang ohne Belang.

Nicht nachvollziehbar sind schließlich auch die kartellrechtlichen Erwägungen der Antragsgegner. Zwar mag die Antragstellerin in Anbetracht ihrer Marktmacht gewissen Beschränkungen bei der Gestaltung ihrer Vertriebswege unterliegen. Darum geht es jedoch im vorliegenden Fall nicht. Gegenstand dieses Verfahrens ist allein der Eingriff der Antragsgegner in das gesetzlich geschützte Markenrecht der Antragstellerin, der mit dem grundsätzlich nicht zu beanstandenden Vermittlungsangebot der Antragsgegner nicht das Geringste zu beanstandenden Vermittlungsangebot der Antragsgegner nicht das Geringste zu tun hat. In diesem Zusammenhang können sich die Antragsgegner auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Antragstellerin andre Verletzer (angeblich) nicht verfolgt. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht gibt es nicht.

Die Beschlussverfügung war daher mit der Kostenfolge des § 91 ZPO zu bestätigen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des Verfügungsverfahrens.

Streitwert: 500.000,00 DM

Unterschrift(en)