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mitgeteilt von RA Boris Hoeller ( HOELLER Rechtsanwälte )

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Eine Privatperson, welche sich mit einer veränderten Markenware kleidet, verletzt in rechtlich relevanter Weise weder die Marke noch den berühmten Namen des Markeninhabers.

I ZR 241/95 Verkündet am 12.02.1998

*
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle

Bundesgerichtshof

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

  • *

    Kläger

g e g e n
  • *

    Beklagte


hat der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshof für
für R E C H T erkannt
    Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des OLG Köln wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

T a t b e s t a n d

Der Kläger verlangt von der Beklagten, der deutschen Vertriebsgesellschaft der Montres Rolex S.A., Genf, Herausgabe seiner Rolex-Uhr. Er hatte diese Uhr über einen Juwelier an die Beklagte zur Reparatur eingesandt. Die eingelieferte Uhr, welche auf der Bandschließe und der Aufzugskrone die Zeichen der Muttergesellschaft der Beklagte, die fünfzackige Krone und den Namen "Rolex" aufwies, befand sich nicht mehr im Originalzustand, in welchem sie zu einem empfohlenen Preis von 30 000, - DM auf den Markt kam. Die Uhr wies vielmehr Veränderungen anonymen Ursprungs auf. Sie hatte ein fremdes Pave-Diamantziffernblatt ; die mittleren Glieder des Goldbandes waren mit einer Rindengravur versehen worden ; auf dem Saphirglas waren die fünfzackige Krone und der Name "Rolex" aufgebracht worden. Die Uhr entspricht mit diesem Erscheinungsbild einem Modell, das die Beklagte zu einem Preis von etwa 66 000, - DM anbietet.

Die Beklagte, welche ebenso wie ihre Muttergesellschaft den Namen "Rolex" in ihrer Firma aufweist und welche ermächtigt ist, die Rechte aus dem Zeichen geltend zu machen, hat die Ansicht vertreten, die Rückgabe der Uhr verweigern zu dürfen, da mit den vorgenommenen Veränderungen die "Rolex"-Kennzeichen verletzt worden seien. Der Kläger habe jedenfalls die Beseitigung der vorgenommenen Änderungen zu dulden, weshalb sie (für den Fall, daß ihre Zurückbehaltungsrecht aus formalen Gründen gegenüber dem Herausgabeverlangen nicht durchgreife), hilfsweise widerklagend vom Kläger verlange zu dulden, daß (wahlweise) Name und Bildzeichen oder die Veränderungen beseitigt würden.

Das LG hat dem Herausgabeverlangen stattgegeben. Die Berufung und auch die (zugelassene) Revision sind ohne Erfolg geblieben.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

  1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Beklagte könnte gegenüber dem dinglichen Herausgabeanspruch des Kläger ein Recht zum Besitz dann zustehen, wenn der Kläger zur Duldung der Beseitigung der Veränderungen an der "Rolex"-Uhr verpflichtet sei. Dies sei indessen nicht der Fall. Die Beklagte könne sich gegenüber dem Kläger als Privatmann nicht auf warenzeichenrechtliche Ansprüche stützen, da der private Gebrauch der als "Rolex"-Uhr gekennzeichneten Uhr grundsätzlich frei sei. Die Ansicht der Beklagte, ein Privatgebrauch von "Rolex"-Uhren sei gar nicht möglich, weil diese Uhren eine "imageträchtige Kapitalanlage" mit besonderem Gebrauchtuhrenmarkt darstellten, sei vom zeichenrechtlichen Schutz nicht gedeckt. Auch namensrechtliche Ansprüche der Beklagte bestünden nicht. Dabei könne dahinstehen, ob die Veränderung eines mit einem Markennamen versehenen Gebrauchsartikel durch den privaten Nutzer eine Verletzung des Namensrechts des Herstellers oder Zeicheninhabers sein könne. Jedenfalls könne sich die hier vorgenommene Verschönerung nicht nachteilig auf den Namen und Umsatz des Herstellers auswirken. Zudem müsse eine etwaige Beeinträchtigung des Namens des Herstellers im Hinblick auf das Recht des Eigentümers der Sache, mit seinem Eigentum nach Belieben verfahren zu dürfen, hingenommen werden. Auch ein aus § 1004 BGB entnommener Anspruch zur Beseitigung eines dem Namens- und Ausstattungsrecht an "Rolex" widersprechenden Zustands bestehe nicht. Ein solches Recht für Hersteller oder Vertreiber von (Luxus-)Waren, den Gebrauch der vertriebenen Waren durch private Eigentümer zu reglementieren, finde im Gesetz keine Stützte. Soweit in der Rechtsprechung ein Anspruch auf Beseitigung einer gefälschten Signatur zugelassen worden sei, sei dies zum Schutz des Persönlichkeitsrechts eines Künstlers geschehen und nur für den Fall bejaht worden, daß die konkrete Befürchtung bestehe, die Fälschung könne auf den Markt gebracht werden. Hier sei weder ein Persönlichkeitsrecht berührt noch bestehe eine konkrete Gefahr, daß der Kläger die Uhr vermarkten wolle.

    Die dagegen gerichtete Revision hat keinen Erfolg.

    1. Revision und Revisionserwiderung wenden sich nicht gegen den Ausgangspunkt des Berufungsgericht, wonach ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagte dieser auch das Recht verschaffe, gegenüber dem Herausgabeverlangen des Kläger gemäß § 985 BGB ein Besitzrecht im Sinne des § 986 BGB einzuwenden. Dieser ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. In der Rechtsprechung des BGH ist auch ein Leistungsverweigerungsrecht im Sinne des § 273 BGB, das lediglich zu einer Zug-um-Zug-Verurteilung führen kann, als ein Recht zum Besitz gemäß § 986 BGB anerkannt (BGH WM 1966, 1086, 1088 ; WM 1985, 1421, 1422 ; NJW 1995, 2627, 2628 ; a. A. die überwiegende Meinung in der Literatur, vgl. MünchKomm/Medicus, § 986 Rdn. 17 mit weiteren Nachw.). Die Beklagte hat sich mit dem Vortrag, durch die Veränderung des Erscheinungsbildes ihrer Markenuhr werde der Prestigewert der Marke und des Namens "Rolex" beeinträchtigt, auf ein Zurückbehaltungsrecht im Sinne des § 273 Abs. 2 BGB berufen. Nach dieser Vorschrift hat auch derjenige ein Recht, den Gegenstand, zu dessen Herausgabe er verpflichtet ist, zurückzuhalten, wenn ihm ein fälliger Anspruch wegen eines durch diesen Gegenstand verursachten Schaden zusteht. Da dem Kläger indessen rechtswidriges Verhalten nicht vorzuwerfen ist, sind weder die Voraussetzungen dieses noch die eines aus einer Duldungspflicht zur Beseitigung der Veränderung der Uhr vom Berufungsgericht gemäß § 242 BGB erwogenen Zurückbehaltungsrecht gegeben.

    2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgericht, die Markeninhaberin, welche die "Rolex"-Uhr in Verkehr gebracht habe, könne hinsichtlich der nachträglich daran vorgenommenen Änderungen keine Ansprüche wegen Verletzung ihres Markenrechts geltend machen.

      1. Zutreffend und allgemein anerkannt ist der Ausgangspunkt der Revision, wonach der Zeicheninhaber sich seines Zeichenrechts mit dem ersten Inverkehrbringen der mit der Marke versehenen Ware nicht gänzlich begibt. Er kann sich vielmehr, wie § 24 Abs. 2 MarkenG zu entnehmen ist, der Veränderung der Eigenart seiner Markenware widersetzen (BGHZ 82, 152, 155 f. = GRUR 1982, 115 - Öffnungshinweis ; BGHZ 100, 51, 57 = GRUR 1987, 438 - Handtuchspender ; BGHZ 111, 182, 187 - GRUR 1982, 115 - Herstellerkennzeichen auf Unfallwagen ; BGHZ 131, 308, 316 = GRUR 1987, 438 - Gefärbte Jeans). Das Recht aus der Marke beschränkt sich jedoch auf deren Verwendung im geschäftlichen Verkehr (§ 14 Abs. 1 MarkenG) und untersagt es Dritten lediglich, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke die dem Markeninhaber vorbehaltene Kennzeichnung im geschäftlichen Verkehr zu benutzen (§§ 14 Abs. 2, 24 MarkenG). Das Verbietungsrecht findet seine Grenze, wenn die Verwendung der Marke nicht in Beziehung auf den geschäftlichen Verkehr stattfindet. Veränderungen einer Markenware, die der Abnehmer der Ware für den Eigenbedarf vornimmt oder vornehme läßt, sind markenrechtlich irrelevant. Allein Veränderungen an einer zur Weiterveräußerung im geschäftlichen Verkehr bestimmten Ware können markenrechtliche Verbotsansprüche auslösen (BGHZ 100, 51, 58 = GRUR 1987, 438 - Handtuchspender ; BGHZ 111, 182, 186 = GRUR 1990, 678 - Herstellerkennzeichen auf Unfallwagen).

        Der von der Revision angeführte Grundsatz, wonach der Begriff des geschäftlichen Verkehrs zum Schutz der Kennzeichenrechte weit auszulegen sei (vgl. BGHZ 100, 51, 58 = GRUR 1996, 271 - Handtuchspender), vermag ihr nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der geschäftliche Verkehr wird durch das Tragen einer Uhr nicht in einem rechtlich bedeutsamen Sinne berührt. Die Art, sich zu kleiden, gehört zum persönlichen, privaten Bereich eines jeden Menschen. Wer sich dabei mit hochwertiger Markenware oder mit Luxusgegenständen schmückt, mag mit einer Steigerung seines Ansehens in der Öffentlichkeit, auch bei geschäftlichen Kontakten, rechnen. Die Art seines Auftretens bleibt aber seine persönliche Note. Wer Markenware trägt, wird damit nicht selbst zu einem der Bestimmung des Markeninhabers unterworfenen Objekt. Eine andere Beurteilung kann bei solchen Personen gegeben sein, die sich aus kommerziellen Gründen zum Tragen bestimmter Markenwaren verpflichten und insoweit auf ihr persönliches Selbstbestimmungsrecht verzichtet haben. So liegt der Streitfall indessen nicht.

      2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision des weiteren gegen die Versagung eines Zurückbehaltungsrechts wegen Verletzung des Rechts am Namen "Rolex". Der Schutz eines als Marke oder Firmenbestandteil eingesetzten Namen gemäß § 12 BGB ist zwar neben dem kennzeichenrechtlichen Schutz nicht grundsätzlich ausgeschlossen und kommt auch einer juristischen Person als Namensträgerin zu, er setzt jedoch einen Eingriffstatbestand voraus, der nicht bereits von den spezielleren Normen des MarkenG erfaßt oder freigestellt wird (vgl. Krüger-Nieland, FS R. Fischer, 1979, 339, 2 f.). Der Tatbestand der Verletzung des Namens "Rolex" durch eine Namensanmaßung des Kläger ist indessen nicht gegeben. Wer einen Namen auf Bekleidungsstücken verwendet, tut dies nicht um sich namensmäßig zu bezeichnen oder um auf einen eigenen Geschäftsbetrieb unter diesem Namen hinzuweisen. Die Bezeichnung einer Ware mit einem Namen mag zu deren Wertschätzung erfolgen, sie geschieht aber nicht namensmäßig im Sinne des § 12 BGB (vgl. BGHZ 119, 237, 241 = GRUR 1993, 151 - Universitätsemblem). Die Privatperson, die sich mit einer so bezeichneten Marke kleidet, trägt entgegen der Ansicht der Revision auch nicht zu einer gemäß § 12 BGB rechtlich relevanten "Zuordnungsverwirrung" bei. Ein Schutzrecht aus § 12 BGB kann einer juristischen Person nämlich nur insoweit zukommen, als eine Interessenverletzung in ihrem Funktionsbereich in Rede steht (BGH GRUR 1976, 379 , 380 - KSB ; GRUR 1991, 157 , 159 - Johanniter-Bier). Das ist bei einem 0auf den privaten Bereich beschränkten Verhalten nicht der Fall.

      3. Der Revision kann auch nicht beigetreten werden, soweit sie meint, unabhängig von den speziellen Regelungen zum Schutz von Marke und Name ergebe sich im Streitfall der von der Beklagte geltend gemachte Anspruch auf Beseitigung von Veränderungen an der "Rolex"-Uhr aus § 1004 BGB. Dabei kann dahinstehen, ob, wie die Revision meint, für den Schutz gegen Verwässerung einer berühmten Marke § 1004 in Verb. mit § 823 Abs. 1 BGB als lückenausfüllende Norm heranzuziehen ist (BGH GRUR 1990, 711 , 712 = WRP 1990, 696 - Telefonnummer 47 11) oder ob hierzu nicht auf § 1 UWG und § 825 BGB (vgl. BGH GRUR 1995, 57 , 59 = WRP 1995, 92 - Markenverunglimpfung II ; v. Gamm, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., Kap. 21 Rdn. 70) oder nunmehr (allein) auf § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 19. Aufl., Allg. Rdn. 138) mit dem dort genannten Erfordernis der Verwendung im geschäftlichen Verkehr abzustellen ist. Von einer in § 1004 BGB vorausgesetzten Beeinträchtigung des Namens oder der "Rolex"-Zeichen kann schon deshalb keine Rede sein, weil auch der Schutz der Verwässerung einer berühmten Marke nach der angezogenen Norm eine kennzeichenmäßige Verletzungshandlung voraussetzt (BGH GRUR 1990, 711 , 713 - Telefonnummer 47 11).

        Auch soweit die Revision das im Vergleich zur berühmten Marke weniger weit reichende allgemeine Persönlichkeitsrecht des Unternehmens heranzieht, fehlt ihrem Begehren die Grundlage. Eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts einer juristischen Person kommt nur insoweit in Betracht, als deren sozialer Geltungsanspruch in ihrem Aufgabenbereich, also ihre Funktion als Handelsunternehmen, betroffen ist (vgl. BGH GRUR 1976, 379 , 380 - KSB ; BGHZ 78, 24, 25 f. = GRUR 1978, 24 - Medizinsyndikat I). Ein Verhalten im nichtgeschäftlichen Bereich, hier das Zurschaustellen einer durch das Aufsetzen eines Diamantzifferblatts in der Wertschätzung bei bestimmten Verkehrskreisen gestiegenen Uhr, vermag nicht das Ansehen der Beklagte im geschäftlichen Verkehr zu berühren, zumal nach der nicht angegriffenen Feststellung des Berufungsgericht eine Absicht des Kläger, die Uhr auf dem Markt zum Verkauf anzupreisen, nicht gegeben ist.

    3. Nach alledem ist die Revision zurückzuweisen. Einer Entscheidung über die Widerklage bedarf es, wie bereits das Berufungsgericht ausgeführt hat, nicht, da diese in prozessual nicht zu beanstandener Weise hilfweise (vgl. BGHZ 43, 28, 30 ; BGH NJW 1996, 2165, 2166 f.) nur für den - hier nicht gegebenen (vgl. o. 1.) - Fall der Versagung des Zurückbehaltungsrechts aus formellen Gründen erhoben worden ist.

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