I ZB 28/96 |
Verkündet am 1. Oktober 1998
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Bundesgerichtshof
Beschluss
in der Rechtsbeschwerdesache bezüglich der Markenanmeldung Nr. 1 098 933
- Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß ( ... ) des Bundespatentgerichts vom ( ... ) wird auf Kosten der Widersprechenden zurückgewiesen.
- Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000,-- DM festgesetzt.
G r ü n d e
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Gemäß § 6 a WZG beschleunigt eingetragen ist für "Bekleidungsstücke, insbesondere Hemden, Hosen, gestrickte Bekleidungsstücke, Sportbekleidungsstücke, Trikotagen (als Bekleidungsstücke), Sakkos, Blousons und Strumpfwaren" die nachfolgend abgebildete Marke Nr. 1 098 933:
[wird abgebildet]
Hiergegen hat die Inhaberin der prioritätsälteren Marke Nr. 1 178 715
"Lions",
eingetragen u. a. für "gestrickte, gewirkte, gewebte und Leder-Bekleidungsstücke (ausgenommen Hemden und Blusen)" Widerspruch erhoben.
Die Prüfungsstelle für Klasse 25 Wz des DPA hat in einem Erstbeschluß die zeichenrechtliche Übereinstimmung des Widerspruchszeichens mit der angegriffenen Marke festgestellt und deren Löschung angeordnet. Auf die Erinnerung der Markeninhaberin hat dieselbe Prüfungsstelle den Erstbeschluß aufgehoben und den Widerspruch zurückgewiesen.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Widersprechenden ist erfolglos geblieben (BPatG GRUR 1996, 879 ).
Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Markeninhaberin beantragt, verfolgt die Widersprechende ihren Widerspruch weiter.
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Das BPatG hat - unter Anwendung des neuen Markenrechts - eine Verwechslungsgefahr verneint und dazu ausgeführt:
Im Hinblick auf die gegebene Warengleichheit sei zwar grundsätzlich die Anlegung eines strengen Maßstabes bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden Zeichen angezeigt. Jedoch werde der danach erforderliche Abstand im Gesamteindruck durch die jüngere Marke gewahrt.
Die Aufmerksamkeit des Publikums gegenüber Warenkennzeichnungen bei Bekleidungsstücken werde im allgemeinen einen zumindest durchschnittlichen Grad erreichen; gleichwohl werde der Verkehr Verwechslungen nur wegen der gegebenen Übereinstimmungen in einzelnen Teilelementen der einander gegenüberstehenden Marken im Streitfall weniger erliegen als sonst. Es seien nämlich eine Reihe von - im Verhältnis zur Widerspruchsmarke weitgehend prioritätsälteren - Drittzeichen in Klasse 25 mit den Wortbestandteilen "Lion" oder "Lions" sowie zusätzlich zahlreiche Marken mit Löwen-Darstellungen bzw. den Wörtern "Löwe" oder "Löwen" vorhanden. Dieser Umstand zeige, wenngleich über die Benutzung dieser Marken im einzelnen nichts bekannt sei, doch deutlich an, daß auf dem in Frage stehenden Warengebiet nicht nur Löwen-Darstellungen sich erheblicher Beliebtheit erfreuten, sondern auch deren Benennung in deutscher ebenso wie in englischer (bzw. französischer) Sprache als Marken (oder Teile von solchen) Verwendung fänden, so daß der Verkehr gehalten sei, auch auf nur geringe Unterschiede der Marken verstärkt zu achten. Die Kennzeichnungskraft und der durch diese mitbeeinflußte Schutzumfang der Widerspruchsmarke könnten deshalb nicht sonderlich hoch angesetzt werden. Eine Stärkung der Kennzeichnungskraft durch starke Benutzung und / oder erhöhte Bekanntheit der Widerspruchsmarke sei nicht ersichtlich. Die möglicherweise gegebene Bekanntheit der Lions-Clubs und deren Ansehen, auch im Hinblick auf zum Teil wohltätige Aktivitäten, strahle im gewerblichen Verkehr nicht auf die Bezeichnung "Lions" als Kennzeichnung alltäglicher Erzeugnisse wie hier "Bekleidungsstücke" aus.
In ihrer jeweiligen Gesamtwirkung seien die einander gegenüberstehenden Zeichen völlig unterschiedlich, weil die Widerspruchsmarke nur aus einem Wort bestehe, während die jüngere Marke demgegenüber eine Kombination aus einem - durch die Mittelstellung betonten - Bildelement und zwei Wortbestandteilen darstelle. Der stilisierte Löwenkopf präge durch Größe, Stellung und lebhafte Bildwirkung den Gesamteindruck der jüngeren Marke wesentlich mit, weil er - unbeschadet der begrifflichen Korrespondenz mit "Lion" als englisch- bzw. französischsprachiger Bezeichnung für "Löwe" - eine eigenständige herkunftshinweisende Bedeutung für den Verkehr entfalte. In schriftbildender Hinsicht lasse sich somit wegen fehlender Markenähnlichkeit die Gefahr von Verwechslungen mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen.
Da Bekleidungsstücke in zunehmendem Maße auf Sicht erworben würden, wobei sich die Kunden meist anhand der eingenähten Etiketten über die markenmäßige Kennzeichnung orientierten, komme dem Gesichtspunkt der Verwechslungsgefahr in klanglicher Hinsicht für den in Frage stehenden Warensektor der Bekleidungsstücke nicht dieselbe Bedeutung zu wie der in bildlicher Hinsicht; jedenfalls seien die Möglichkeiten phonetischer Verwechslungen generell reduziert.
Selbst wenn der Gesichtspunkt der klanglichen Verwechslungsgefahr - etwa im Hinblick auf mündliche Empfehlungen durch Verkaufspersonal im Ladengeschäft - nicht völlig außer Betracht bleibe, sei eine Verwechslungsgefahr schon wegen der unterschiedlichen Zeichenlänge ebenfalls nicht gegeben. Für eine verkürzte Benennung der jüngeren Marke nur mit dem zweiten Wort "Lion" habe der angesprochene Verkehr keinen wirklichen Anlaß. Es sei schon zweifelhaft, ob die jüngere Marke als Folge von Vor- und Nachnamen angesehen werde, weil "Lion" in Deutschland als Familienname nicht weit verbreitet sei. Unabhängig hiervon würden Wortbestandteile von Marken erfahrungsgemäß vom Verkehr in erster Linie so benutzt, wie sie ihm entgegenträten und nur in eher wenigen Ausnahmefällen auf den Nachnamen verkürzt. Die nur theoretisch denkbaren Fälle einer Verkürzung der jüngeren Marke nur auf den Namen "Lion" und dessen Verwechslung mit der wegen des Endungs-S nicht einmal identischen und im übrigen nicht in entscheidungserheblichem Umfang als Nachname aufgefaßten Widerspruchsmarke seien von der Zahl her nicht mehr als markenrechtlich relevant anzusehen.
Auch die Gefahr begrifflicher Markenverletzungen sei nicht gegeben. Für die Gefahr eines gedanklichen Inverbindungsbringens der Marken im Sinne einer mittelbaren Verwechslungsgefahr (Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt eines Serienzeichens) fehle es schon an einem gemeinsamen Stammbestandteil mit Hinweischarakter auf die Betriebsstätte der Widersprechenden.
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Die infolge ihrer Zulassung statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Das BPatG hat im Ergebnis zu Recht die Voraussetzungen des Löschungsgrundes gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG (§§ 158 Abs. 2 Satz 2, 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) verneint.
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Nach der Auslegung von Art. 4 Abs. 1 b) MarkenRL durch die Rechtsprechung des EuGH (EuGH GRUR 1998, 387 , 389 = WRP 1998, 39, 41 - Sabèl / Puma; GRUR 1997, 221 - CANON, Tz. 16 f.), die für die Auslegung der in Umsetzung dieser Richtlinienbestimmung erlassenen Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG von maßgeblicher Bedeutung ist, ist die Frage der Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Hierzu gehören, wie sich aus der zehnten Begründungserwägung ergibt, insbesondere der Bekanntheitsgrad der Marke im Markt, die gedankliche Verbindung, die das benutzte oder eingetragene Zeichen zu ihr hervorrufen kann, sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem Zeichen und zwischen den damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen.
Bei der umfassenden Beurteilung ist, wie der EuGH des weiteren ausgeführt hat, hinsichtlich der Ähnlichkeit der Marken auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Hierbei kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher der jeweils in Frage stehenden Waren wirkt. Darüber hinaus wird eine Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren impliziert, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren, indem ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (EuGH, GRUR 1997, 221 - CANON, Tz. 17). Das entspricht der Rechtsprechung des Senats zum Markengesetz, nach der bei der Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auch weiterhin die schon in der bisherigen Rechtsprechung zum Warenzeichengesetz anerkannten Erfahrungssätze Bedeutung haben (BGH GRUR 1995, 216 , 219 = WRP 1995, 320 - Oxygenol II; GRUR 1998, 924 = WRP 1998, 875 - salvent / Salventerol, mit weiteren Nachw.).
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Zutreffend ist das BPatG danach davon ausgegangen, daß wegen des in den Warenverzeichnissen der einander gegenüberstehenden Marken jeweils identisch enthaltenen Oberbegriffs "Bekleidungsstücke" ein strenger Maßstab bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr anzulegen ist. Nicht zu beanstanden ist des weiteren, daß das BPatG angenommen hat, die Aufmerksamkeit des Publikums gegenüber Warenkennzeichnungen bei Bekleidungsstücken werde zwar je nach deren Art und Wert unterschiedlich sein, im allgemeinen aber einen zumindest durchschnittlichen Grad erreichen. Diese der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechende Feststellung berücksichtigt im erforderlichen Maß, daß als maßgebliches Beurteilungskriterium für die Frage der Verwechslungsgefahr die Wirkung der Marke auf den Durchschnittsverbraucher der Art von Waren heranzuziehen ist, für die die Marke Schutz genießt, und daß es auf alle Umstände des Einzelfalls ankommt (EuGH GRUR 1998, 387 , 390 = WRP 1998, 39, Tz. 23 - Sabèl / Puma).
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Das BPatG ist ferner davon ausgegangen, daß die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht sonderlich hoch angesetzt werden könne und hat deshalb auch deren Schutzumfang nicht sonderlich groß bemessen. Sofern das BPatG damit hat ausdrücken wollen, daß der Widerspruchsmarke nur eine unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft und damit ein geringerer als der normale Schutzumfang zukomme, könnte das nicht als rechtsfehlerfrei angesehen werden. Es hat seine Auffassung damit begründet, daß es eine Reihe von gegenüber der Widerspruchsmarke älteren Drittzeichen - über deren Benutzung im einzelnen allerdings nichts bekannt sei - mit den Wortbestandteilen "Lion" oder "Lions" sowie zahlreiche Marken mit Löwen-Darstellungen bzw. mit den Wörtern "Löwe" oder "Löwen" in der Warenklasse 25 ermittelt habe. Diese Feststellungen reichen indessen nicht aus, um die Annahme einer Schwächung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu tragen.
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Der Ausgangspunkt dieser Beurteilung entspricht der Rechtsprechung des BGH zur Rechtslage nach dem Warenzeichengesetz (vgl. grundlegend: BGHZ 46, 152, 161 f. = GRUR 1967, 246 - Vitapur). Der Rechtsgrundsatz, wonach Drittzeichen, die nur in die Zeichenrolle eingetragen sind, aber nicht benutzt werden, bei der Prüfung bedeutsam sein können, welche Kennzeichnungskraft einem Zeichen von Hause aus zukommt, ist auch bei der Prüfung der Kennzeichnungskraft einer Marke nach dem Markengesetz anzuwenden, weil sich insoweit durch die im Markengesetz enthaltene Anpassung des deutschen Rechts an die Markenrechtsrichtlinie nichts Maßgebliches geändert hat. Es geht (auch weiterhin) bei der Prüfung eines jüngeren Zeichens auf seine Verwechselbarkeit mit einer älteren Marke in erster Linie darum, welche Kennzeichnungskraft dem älteren Widerspruchszeichen von Hause aus zukommt. Unter diesem Gesichtspunkt kann die Heranziehung des Rollenstandes wertvolle Aufschlüsse vermitteln. Wenn in die Zeichenrolle für gleiche oder benachbarte Warengebiete eine Reihe ähnlicher Zeichen gelangt ist, ohne daß deren Inhaber gegen weitere Anmeldungen eingeschritten sind, kann dies ein wichtiger Fingerzeig dafür sein, daß es sich um naheliegende, verbrauchte Wortbildungen von geringer Originalität handelt (BGHZ 46, 152, 166 = GRUR 1967, 246 - Vitapur; BGH GRUR 1990, 367 , 368 - alpi / Alba Moda). Bei dieser Prüfung der ursprünglichen Kennzeichnungskraft einer Marke, die unabhängig von ihrer möglichen weiteren Stärkung oder Schwächung durch die Benutzungslage vorzunehmen ist und die sich mit dem Zeichen in seiner eingetragenen Gestalt befaßt, sind ebenso wie sonstige bekannte Umstände auch solche Anhaltspunkte heranzuziehen, die sich aus dem Rollenstand gewinnen lassen. Dabei können namentlich prioritätsältere eingetragene Drittzeichen, aber (sogar) auch prioritätsjüngere Eintragungen Bedeutung erlangen, soweit sie Rückschlüsse auf die einem Zeichen von Hause aus zukommende Kennzeichnungskraft zulassen.
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Von diesen Grundsätzen ausgehend kann dem vom BPatG ermittelten Rollenstand ein Hinweis auf eine ursprüngliche Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke indessen nicht entnommen werden. Von den neun ermittelten Marken mit dem einzigen oder sonst beherrschenden Wortbestandteil "Lion" oder "Lions" stehen allein vier Marken der Widersprechenden zu und können deshalb nicht als schwächend angesehen werden. Einer IR-Marke (Nr. 523 095) ist der Schutz in Deutschland für die Warenklasse 25 versagt worden, so daß sie außer Betracht bleiben muß. Die danach verbleibenden vier Marken können schon wegen ihrer geringen Anzahl die Annahme des BPatG nicht tragen. Dieses hat zwar zusätzlich darauf abgehoben, daß einer Entscheidung des RPA aus dem Jahr 1932 (Mitt. 1932, 139) entnommen werden könne, schon damals seien annähernd 200 "Löwenmarken" für Textilien registriert gewesen. Dieser Umstand ist indessen für die Beurteilung im Streitfall unbehelflich, denn die vom BPatG veranlaßte Recherche hat - unabhängig von der Unklarheit, was unter dem Begriff "Löwenmarke" zu verstehen ist - für den maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung der jüngeren Marke nur das vorerwähnte, die Annahme einer Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke nicht rechtfertigende Ergebnis erbracht.
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Im Ergebnis hat das BPatG eine Verwechslungsgefahr aber zutreffend verneint.
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Es ist in der Rechtsprechung des BGH (und des RG) seit jeher anerkannt, daß Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken. Demnach ist die Frage der Verwechslungsgefahr zwischen zwei einander gegenüberstehenden Marken auch nach der Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild oder im Bedeutungs-(Sinn-)gehalt zu beantworten, wobei in der Regel bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer der genannten Hinsichten für die Annahme einer Verwechslungsgefahr ausreicht (BGHZ 28, 320, 324 = GRUR 1959, 183 - Quick / Glück; BGH GRUR 1990, 367 , 368 - alpi / Alba Moda; BGH GRUR 1992, 110 , 112 - dipa / dib).
Hiervon ist der BGH auch nach Inkrafttreten des Markengesetzes ohne weiteres und ohne es besonders zu betonen weiterhin ausgegangen. Das entspricht der für die Auslegung von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bedeutsamen Rechtsprechung des EuGH (EuGH GRUR 1998, 387 , 390 = WRP 1998, 39, Tz. 23 - Sabèl / Puma), der bezüglich der Verwechslungsgefahr ausdrücklich auf die Ähnlichkeit der Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung abgestellt hat. An diesen Grundsätzen ist, anders als das BPatG gemeint hat, auch auf dem Warensektor der Bekleidungsstücke festzuhalten, auf dem sich keine maßgeblichen Besonderheiten ergeben (vgl. auch Althammer / Ströbele, Markengesetz, 5. Aufl., § 9 Rdn. 78; Fezer, Markenrecht, § 14 Rdn. 160, 179; mit gewissen Einschränkungen auch: Ingerl / Rohnke, Markengesetz, § 14 Rdn. 331).
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Angesichts der konkreten Gestaltung der jüngeren Wort -/ Bildmarke hat das BPatG eine Verwechslungsgefahr in bezug auf die Widerspruchsmarke in schriftbildlicher Hinsicht mangels Markenähnlichkeit verneint, weil die Marken in ihrer jeweiligen (optischen) Gesamtwirkung völlig unterschiedlich seien. Die auf die Größe, die Stellung innerhalb der Marke und die nicht zu übersehende und graphisch ansprechende Gestaltung der Löwenkopfdarstellung gestützte Annahme des Bundespatentgerichts, das Bildelement präge den (bildlichen) Gesamteindruck der jüngeren Marke mit, kann aus Rechtsgründen nicht beanstandet werden. Zwar gilt, worauf die Rechtsbeschwerde an sich zutreffend abhebt, generell der Erfahrungssatz, daß bei kombinierten Wort -/ Bildzeichen jedenfalls bei - wie vorliegend - normaler Kennzeichnungskraft des Wortbestandteils der Grundsatz, daß der Verkehr sich eher an dem Wort- als auch an dem Bildbestandteil orientiert, weil das Kennwort in der Regel die einfachste Form ist, um die Ware zu bezeichnen (BGH GRUR 1996, 198 , 199 = WRP 1997, 443 - Springende Raubkatze). Dieser Grundsatz entfaltet seine Wirkung jedoch im Regelfall, sofern es sich bei dem Bildbestandteil nicht lediglich um eine nichtssagende oder geläufige und nicht ins Gewicht fallende graphische Gestaltung (Verzierung) handelt, lediglich bei der Prüfung der klanglichen Verwechslungsgefahr, weil eine bildliche Gestaltung nicht die akustische, sondern allein die visuelle Wahrnehmung anspricht. Denn es ist kein Erfahrungssatz ersichtlich, nach dem der Verkehr (auch) bei der rein visuellen Wahrnehmung einer Wort / Bildmarke, um die es im gegebenen Zusammenhang allein geht, in erster Linie die Wörter (gegebenenfalls in ihrer inhaltlichen Bedeutung), nicht jedoch den Bildbestandteil in sein Erinnerungsbild aufnimmt. Im Streitfall muß darüber hinaus auch berücksichtigt werden, daß der Bildbestandteil der jüngeren Marke - wenn auch in eigenartig stilisierter Form - einen Löwenkopf darstellt, der in seiner inhaltlichen Bedeutung den Wortbestandteil "LION" aufnimmt und so, jedenfalls für die Teile des Verkehrs, die die Bedeutung des Wortes "Lion" in der englischen und / oder der französischen Sprache kennen, Wort- und Bildbestandteil dem Sinngehalt nach gleichsam symbiotisch vereint dem visuellen Erinnerungsbild einprägt.
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Das BPatG ist des weiteren davon ausgegangen, daß auf dem Warensektor der Bekleidungsstücke dem Gesichtspunkt der klanglichen Verwechslungsgefahr nicht (mehr) dieselbe Bedeutung wie der Markenähnlichkeit in schriftbildlicher Hinsicht zukomme. Ob das BPatG damit ausdrücken wollte, daß es auf die klangliche Ähnlichkeit in derartigen Fällen überhaupt nicht ankommen soll, wofür die noch zu erörternde hilfsweise Prüfung dieses Aspekts sprechen könnte, bei der das BPatG den Gesichtspunkt der klanglichen Verwechslungsgefahr "nicht völlig außer Betracht" lassen wollte, oder ob es lediglich von einer geringeren Bedeutung der Klangähnlichkeit für die Beurteilung der Frage der Verwechslungsgefahr ausgegangen ist, wofür die Begründung für die Zulassung der Rechtsbeschwerde spricht, daß dem Gesichtspunkt der klanglichen Verwechslungsgefahr deutlich geringeres Gewicht zuzumessen sei, kann dem angefochtenen Beschluß nicht mit hinreichender Sicherheit entnommen werden. Keiner dieser Auffassungen kann jedoch in der ausgesprochenen Allgemeinheit beigetreten werden.
Denn nach den Feststellungen des BPatG werden auch Bekleidungsstücke nach mündlicher Empfehlung des Verkaufspersonals im Ladengeschäft erworben, so daß die Markenähnlichkeit im Klang aufgrund der Benennung des Wortbestandteils der Marke (vgl. vorstehend unter III. 4 b) auch bezüglich Bekleidungsstücken von Bedeutung für den Warenvertrieb und damit für den Markeninhaber bleibt. Das BPatG hätte hierzu noch heranziehen können, daß auch im Gespräch unter Verbrauchern über (modische) Bekleidungsstücke nicht das im konkreten Bekleidungsstück eingenähte Markenetikett in visueller Hinsicht, sondern allein die mündliche Benennung der Marke und damit auch ihre Klangwirkung von Bedeutung ist. Demnach würde das Außerbetrachtlassen der Klangähnlichkeit bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr dem Markeninhaber einen Bereich des der Marke zukommenden Schutzumfangs ungerechtfertigt entziehen.
Das BPatG hat in einer Hilfserwägung überdies eine zur Verwechslungsgefahr führende klangliche Ähnlichkeit der jüngeren Marke mit der Widerspruchsmarke verneint. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg. In nicht zu beanstandender Weise ist das BPatG insoweit davon ausgegangen, daß zur Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf den jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Marken abzustellen ist (BGH GRUR 1998, 815 = WRP 1998, 755, 757 - Nitrangin, mit weiteren Nachw.; GRUR 1998, 1014 - ECCO II; GRUR 1999, 52 - EKKO BLEIFREI). Die vom BPatG vorgenommene Beurteilung, daß der klangliche Gesamteindruck der jüngeren Marke durch die beiden Wörter "PATRIC LION" geprägt werde und daß der Verkehr keinen Anlaß habe, die jüngere Marke allein mit dem zweiten Wortbestandteil zu benennen, so daß sie sich noch hinreichend von der Widerspruchsmarke unterscheide, liegt im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet, so daß im Rechtsbeschwerdeverfahren lediglich zu prüfen ist, ob das BPatG bei seiner Würdigung gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat. Das ist nicht der Fall.
Zwar kann die Auffassung der Rechtsbeschwerde, der Bildbestandteil, die Löwenkopfdarstellung, erhöhe infolge der begrifflichen Übereinstimmung mit dem Wortbestandteil "LION" dessen (allein) prägende Kraft, nicht ohne weiteres von der Hand gewiesen werden. Die Annahme des BPatG, Marken aus Vor- und Familiennamen würden vom Verkehr in erster Linie so benutzt wie sie ihm entgegenträten, kann aber auch bei Berücksichtigung der von der Rechtsbeschwerde angenommenen Wirkung des Bildbestandteils nicht als erfahrungswidrig erachtet werden. Die Rechtsbeschwerde kann sich allerdings auf den von der Rechtsprechung des BGH anerkannten Erfahrungssatz stützen, daß der Verkehr dazu neigt, Bezeichnungen in einer die Merkbarkeit und Aussprechbarkeit erleichternden Weise zu verkürzen (BGH GRUR 1991, 475 , 477 = WRP 1991, 477 - Caren Pfleger, mit weiteren Nachw.). Es erscheint jedoch zweifelhaft, ob dieser Erfahrungssatz auch uneingeschränkt gelten kann, sofern es sich, wie im Streitfall, um einen Namen handelt, der nicht nur einen Teil seiner Einprägsamkeit, sondern auch seine eigentliche Individualisierungsfunktion nicht zuletzt durch den Vornamen erhält. Da der Verkehr - vor allem auf dem hier in Frage stehenden Modesektor - jedenfalls auch daran gewöhnt ist, daß Kennzeichen aus einem vollständigen, Vor- und Familiennamen umfassenden Namen bestehen, wird der Verkehr - wie das BPatG in nicht zu beanstandender Weise angenommen hat - erfahrungsgemäß in derartigen Fällen die Marke so verwenden, wie sie ihm entgegentritt. Die hiervon abweichende Auffassung der Rechtsbeschwerde erschöpft sich in einer - im Rechtsbeschwerdeverfahren unzulässigen - eigenen Tatsachenwürdigung.
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Ohne Erfolg beruft sich die Rechtsbeschwerde auch auf die Tatsache, daß in der jüngeren Marke die Widerspruchsmarke zwar nicht identisch, jedoch glatt verwechselbar enthalten sei. Diesen Gesichtspunkt hat der Senat geprüft; er sieht jedoch keinen Anlaß, insoweit von seiner Rechtsprechung, die auf die jeweilige Prägung des Gesamteindrucks der Marke abstellt, unabhängig davon, ob es sich um das ältere oder das jüngere Zeichen handelt, abzurücken (BGH GRUR 1998, 815 = WRP 1998, 755, 757 - Nitrangin, mit weiteren Nachw.).
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Zutreffend hat das BPatG auch eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen der einander gegenüberstehenden Marken verneint. Die von der Rechtsbeschwerde vertretene weite Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG würde, wie der EuGH entschieden hat, nicht den Vorgaben der MarkenRL entsprechen (EuGH GRUR 1998, 387 , 389 = WRP 1998, 39, 41 - Sabèl / Puma) und kann deshalb bei der Auslegung der vorerwähnten Bestimmung des Markengesetzes nicht in Betracht gezogen werden.
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Danach war die Rechtsbeschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.