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mitgeteilt von RA Boris Hoeller ( HOELLER Rechtsanwälte )

5 AZR 50/97 Verkündet am 21.Januar 1998

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Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

BUNDESARBEITSGERICHT

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

  • *

    Klägerin

g e g e n
  • *

    Beklagte



Der V. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom ****
für R E C H T erkannt:
  1. Die Revision wird zurückgewiesen
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens

T a t b e s t a n d

Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin weiterhin die höheren Bezüge für freie Mitarbeiter zustehen, nachdem sie erfolgreich auf die Feststellung geklagt hat, Arbeitnehmerin der Beklagten zu sein.

Die Klägerin ist seit 1964 als Sprecherin und Aufnahmeleiterin in der Norwegen-Redaktion der beklagten Rundfunkanstalt tätig. Die Sendezeit für die Norwegen-Redaktion ist auf die Zeit von 22.00 Uhr bis 22.30 Uhr an jedem Sonntag festgelegt. Die Produktion der Sendungen erfolgte anfänglich unmittelbar vor der Sendung, seit 1992 in Zeitblöcken, die auch auf andere Wochentage fallen. Die Klägerin wurde als freie Mitarbeiterin behandelt. Sie erhielt pro Einsatz Honorar entsprechend den im Organisationshandbuch der Beklagten wiedergegebenen tarifvertraglichen Sätzen für arbeitnehmerähnliche Personen.

Durch Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 19. August 1992 erreichte die Klägerin die Feststellung, zu der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis zu stehen. Das Urteil wurde im Juni 1993 rechtskräftig. Für die Zeit ab Juli 1993 zahlte die Beklagte der Klägerin nicht mehr das Honorar für freie Mitarbeiter, sondern das niedrigere Tarifentgelt für Redaktionsmitarbeiter im Angestelltenverhältnis. Dabei legte die Beklagte eine Arbeitszeit von nur 22 Stunden im Monat zugrunde. Das anteilige Grundgehalt hierfür betrug 931,69 DM brutto im Monat. Die Klägerin lehnte die Unterzeichnung eines entsprechenden Arbeitsvertrags ab. Im Berufungsrechtszug des vorliegenden Verfahrens ist unstreitig geworden, daß die Klägerin vor Erhebung der Statusklage durchschnittlich 34 Stunden im Monat gearbeitet hat.

Die Klägerin hat vorliegend geltend gemacht, auch als Arbeitnehmerin stehe ihr eine Vergütung in der Höhe zu, die sie von Anfang an erhalten habe. Lege man zugrunde, daß die Beklagte ihren Angestellten unstreitig 13 1/3 Gehälter pro Jahr zahle, so habe sie, die Klägerin, entsprechend ihren Bezügen für das Jahr 1991 in Höhe von 42.657,48 DM Anspruch auf ein Monatsgehalt von 3.554,79 DM brutto bei einer Arbeitszeit von 34 Stunden im Monat, und nicht etwa nur auf ein anteiliges Gehalt von etwa 1.400,00 DM brutto. Für die Zeit vom 1. Juli 1993 bis zum 31. Dezember 1994 schulde ihr die Beklagte insgesamt 44.534,25 DM brutto abzüglich als Arbeitsentgelt gezahlter 12.619,15 DM netto. Die Klägerin hat - soweit für die Revision noch von Interesse - im zweiten Rechtszug zuletzt beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 44.534,25 DM brutto abzüglich 12.619,15 DM netto zu zahlen,
  2. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihr beginnend mit dem Monat Januar 1995, eine monatliche Vergütung von 3.554,79 DM brutto zu zahlen,
    hilfsweise,
  3. die Beklagte zu verurteilen, sie als Sprecherin und Aufnahmeleiterin mit 43,6 Stunden monatlich unter Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV Stufe 8 des für die Beklagte geltenden Gehaltstarifvertrags zu beschäftigen und zu vergüten.

Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, sie schulde nur eine Bezahlung nach den für Arbeitsverhältnisse geltenden Tarifen. Für eine Bezahlung nach den erheblich höheren Sätzen für freie Mitarbeiter sei die Geschäftsgrundlage weggefallen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Hauptanträge abgewiesen. Dem Hilfsantrag hat es nur in Höhe von 34 Stunden monatlich stattgegeben. Mit der Revision wendet sich die Klägerin gegen die Abweisung ihrer Hauptanträge.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Revision ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt in der Höhe der im Jahr 1991 von ihr als freie Mitarbeiterin durchschnittlich erzielten Honorare, sondern nur Anspruch auf Arbeitsentgelt in der für Angestellte der Beklagten üblichen Höhe (§ 612 Abs. 2 BGB). Dies hat das Landesarbeitsgericht richtig erkannt.

  1. Die Parteien streiten in der Revision nur noch über die Höhe der Vergütung entsprechend den Hauptanträgen der Klägerin in der Vorinstanz. Der Streit über die Anzahl der monatlichen Arbeitsstunden, der Gegenstand des Hilfsantrags der Klägerin im zweiten Rechtszug war, ist nicht in die Revision gelangt.

  2. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Vergütung für freie Mitarbeiter folgt nicht aus § 611 BGB. Nach dieser Vorschrift hat der zur Dienst- oder Arbeitsleistung Verpflichtete Anspruch auf die vereinbarte Vergütung. Wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, haben die Parteien eine solche Vergütungsvereinbarung nicht ausdrücklich getroffen. Diese Feststellung ist für das Revisionsgericht bindend; sie ist in der Revision nicht angegriffen worden (§ 561 Abs. 2 ZPO).

    Entgegen der Ansicht der Revision ist allein daraus, daß die Klägerin Honorare als freie Mitarbeiterin erhielt, nicht zu folgern, daß die Parteien eine Entgeltabrede des Inhalts geschlossen hätten, daß die Klägerin die Vergütung für freie Mitarbeit selbst dann erhalten sollte, wenn sie ihre Tätigkeit für die Beklagte nicht (mehr) als freie Mitarbeiterin ausübe, sondern als Angestellte und damit als Arbeitnehmerin. Für eine solche Annahme hätte es der Darlegung weiterer Umstände bedurft. Hierfür genügt die Feststellung des Arbeitsgerichts nicht, daß die Parteien in einem Arbeitsverhältnis stehen. Denn sowohl ein Arbeitsvertrag als auch ein freier Dienstvertrag können auch ohne Abrede über die Vergütung wirksam zustandegekommen sein. Im Unterschied zu anderen Austauschverträgen, die im Zweifel solange nicht zustandegekommen sind, als sich die Parteien nicht über alle Punkte geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei Einigkeit erzielt werden soll (§ 154 BGB), ist das Zustandekommen eines Dienst- oder Arbeitsvertrags nicht davon abhängig, daß Einigkeit über die Vergütung erzielt worden ist (Schliemann in ArbR BGB § 611 Rz 1233, m.w.N.). Ist die Leistung der Dienste bzw. der Arbeit nur gegen Vergütung zu erwarten, so wird eine solche dem Grunde nach geschuldet (§ 612 Abs. 1 BGB); ist über die Höhe der Vergütung nichts vereinbart, so richtet sie sich nach § 612 Abs. 2 BGB. Sonstige Umstände, die den Schluß auf eine Vergütungsvereinbarung zuließen, liegen nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 561 Abs. 2 ZPO) nicht vor.

  3. Auch nach § 612 Abs. 2 BGB ist die Klage nicht begründet. Die Klägerin hat mangels Vereinbarung der Höhe ihrer Vergütung Anspruch auf die übliche Vergütung (§ 612 Abs. 2 BGB). Dies ist im Streitzeitraum das tarifgemäße zeitanteilige Gehalt für Angestellte, nicht aber die höhere Vergütung nach den tarifvertraglichen Honorarsätzen für freie Mitarbeiter.

    1. Der übliche Lohn ist zwar nicht ohne weiteres identisch mit der tarifvertraglichen Vergütung, sondern kann je nach den Umständen höher, in besonderen Fällen auch niedriger liegen (Hilger in ArbR BGB Ä1. Aufl.Ü, § 612 Abs. 1 + 2 Rz 57). Eine solche Abweichung der tarifvertraglichen Vergütung vom üblichen Lohn ist aber vorliegend nicht festgestellt worden. Die Höhe der üblichen Vergütung hängt im vorliegenden Fall, in welchem es sich bei der Beklagten um eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt handelt, davon ab, ob die Tätigkeit in freier Mitarbeit oder im Arbeitsverhältnis geleistet wird. Für freie Mitarbeit werden, soweit sie von arbeitnehmerähnlichen Personen geleistet wird, üblicherweise die Honorare aus den hierfür abgeschlossenen Tarifverträgen für freie Mitarbeiter gezahlt, die auf der Grundlage des § 12 a TVG mit der jeweiligen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt abgeschlossen worden sind. Für Tätigkeiten in einem Arbeitsverhältnis werden dagegen die Gehälter aus den für Arbeitsverhältnisse abgeschlossenen Gehalts- oder Lohntarifverträgen gezahlt. Diese Entgeltstrukturen bei öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind aus einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten gerichtsbekannt.

    2. Der Klägerin steht als übliche Vergütung eine Bezahlung ihrer Tätigkeit nach dem einschlägigen Gehaltstarifvertrag zu, der mit der Beklagten abgeschlossen worden ist. Die Klägerin hat ihre Tätigkeit im Streitzeitraum nicht als freie Mitarbeiterin, sondern als Angestellte in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten erbracht. Mithin steht ihr auch nur der hierfür übliche oder vereinbarte Lohn zu.

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