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Rechtsprechung

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mitgeteilt von RA Boris Hoeller (HOELLER Rechtsanwälte)

Leitsätze von RA Hoeller

Das Anknüpfen an ein Bedürfnis für eine Lotterie bei der Prüfung eines Genehmigungsantrages greift in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) ein. § 2 Nr. 1 LottVO NRW ist insofern verfassungswidrig und damit nichtig.

Liegen die übrigen Genehmigungsvoraussetzungen vor, so kann ein Anspruch auf Genehmigung der Lotterie gegeben sein. Es bleibt aber offen, ob der Behörde bei der Genehmigungsentscheidung ein Ermes­sensspielraum eingeräumt ist, oder ob das Berufs­freiheitsrecht bei Erfüllung der alle ersichtlichen öf­fentlichen Belange abfangenden Genehmigungsvoraussetzungen zu einem gebundenen Anspruch führt.

Antrag auf Zulassung der Berufung ist beim OVG Münster unter Az.: 5 A 4193/01 anhängig. Zumindest bis zum 23. Juli 2002 ist keine Entscheidung ergangen.

18 K 11762/96 Verkündet am 31. August 2001

Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle

VERWALTUNGSGERICHT DÜSSELDORF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren


  • Kläger 1. - 10.,

g e g e n
  • das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen [ ... ]

  • Beklagten,

wegen Genehmigung einer öffentlichen Lotterie

hat die 18. Kammer aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 31. August 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht *, die Richterin am Verwaltungsgericht *, den Richter am Verwaltungsgericht *, den ehrenamtlichen Richter *, den ehrenamtlichen Richter *
für Recht erkannt:
  1. Soweit die Klage zurückgenommen ist, wird das Verfahren eingestellt.
  2. Im Übrigen wird der Beklagte unter Aufhebung seines Bescheides vom xx. Oktober 1996 verpflichtet, die beantragte Veranstaltung einer Lotterie für Umwelt und Entwicklung ("Deutsche Postcodelotterie") in Nordrhein-Westfalen durch die Klägerin zu 10. für ein Jahr zu genehmigen.
  3. Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte und die Kläger zu 1. bis 9. je zur Hälfte, diese als Gesamtschuldner.
    Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Hohe leistet.

T a t b e s t a n d

Die Kläger erstreben die Erteilung einer Genehmigung für eine Lotterie, die bundesweit als "Neue Bundeslotterie für Umwelt und Entwicklung" ("Deutsche Postcodelotterie") durchgeführt werden soll. Zum Zwecke des Betreibens der Genehmigungsverfahren in den einzelnen Bundesländern hatten sich die Kläger zu 1.-9., gemeinnützige Umweltschutz- und Entwicklungshilfeorganisationen, zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen. Nachdem diese in einem in Niedersachsen durchgeführten Pilotverfahren eine rechtskräftige Verpflichtung zur Erteilung der Zusicherung einer Genehmigung erstritten hatte, errichteten die Kläger zu l.-9. die "Stiftung X"' eine rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts mit Sitz in X genehmigt durch die Bezirksregierung X am xx. November 2000. Die Stiftung hat mit Schriftsatz vom x. Dezember 2000 den Beitritt zum vorliegenden Verfahren erklärt und wird nunmehr als Klägerin zu 10. geführt. Nach § 2 der Stiftungssatzung sind Zwecke der Stiftung die Förderung des Natur- und Umweltschutzes sowie der Entwicklungszusammenarbeit, die durch Veranstaltung einer Lotterie verwirklicht werden sollen. Hierbei soll sich die Stiftung der am xx. Februar 2001 gegründeten Deutsche Postcodelotterie Betriebsgesellschaft mbh (im Folgenden: Betriebsgesellschaft) bedienen, die ausweislich des Gesellschaftsvertrages die Lotterie im Namen und für Rechnung der Stiftung durchführen soll. Das Stammkapital von 25.000,- Euro ist von der Klägerin zu 10. aufzubringen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag vom xx. Februar 2001 Bezug genommen.

Inhaberin der Nutzungsrechte an dem Spiel, dem Konzept und dem gesamten Know-how des Lotteriesystems ist die niederländische "N" (im Folgenden: N) mit Sitz in X. An einer in den Niederlanden von N und einer Stiftung "N". X* P* L*" veranstalteten Lotterie orientiert sich die Spielidee des Vorhabens. Aus dem zwischen der Klägerin zu 10., der Betriebsgesellschaft, der N und der N GmbH, einer Tochtergesellschaft der N, am xx. August 2001 geschlossenen Kooperations- und Lizenzvertrag ergibt sich u.a., dass N der Klägerin zu 10. für die Vertragsdauer das ausschließliche Nutzungsrecht an Spiel, Konzept, Know-how und Software gewährt (§ 1 des Vertrages). Im Gegenzug verpflichten sich die Klägerin zu 10. und die Betriebsgesellschaft, N eine jährliche Lizenzgebühr i.H.v. 2 % des bis zu 300 Mio. Euro betragenden und i.H.v. 0,75 % des 300 Mio. Euro übersteigenden Bruttoerlöses der Lotterie zu zahlen, wobei unter Bruttoerlös die Gesamtsumme der durch die Lotterieteilnehmer eingezahlten Gelder verstanden wird (§ 4 des Vertrages). Zwischen der Betriebsgesellschaft und der N GmbH ist unter dem xx. August 2001 wiederum ein sog. Dienstleistungsvertrag geschlossen worden, wonach die Betriebsgesellschaft die N GmbH beauftragt, die Geschäfte des Unternehmens der Betriebsgesellschaft in deren Namen und für deren Rechnung zu führen, insbesondere die zur Durchführung der Lotterie erforderlichen Tätigkeiten zu ergreifen (§ 1 des Vertrages) . Sie erhält jährlich einen Bruttobetrag von 17 % des Bruttoerlöses der Lotterie, mit dem grundsätzlich alle mit der Durchführung der Lotterie verbundenen Kosten gedeckt werden müssen, auch die an N zu zahlende Lizenzgebühr und eine der N GmbH zustehende Managementgebühr (§ 5 des Vertrages). Ausweislich der Anlage A zu jenem Dienstleistungsvertrag sind 38,33 % des Bruttoerlöses an die Stiftung zur Erfüllung ihrer Zwecke auszuschütten. Diese Summe ist wiederum nach § 2 der Stiftungssatzung zu höchstens 70 % an die begünstigten Einrichtungen und zu mindestens 30 % an andere Organisationen zu verteilen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Vertragswerke bzw. die Satzung verwiesen.

Unter dem xx. Mai 1994 beantragten die Kläger zu 1.-9. beim Beklagten die Genehmigung der geplanten Lotterie. Ausweislich der dem Antrag beigefügten Unterlagen soll die Lotterie bundesweit in der Weise durchgeführt werden, dass Teilnehmer ein Monatslos zu einem Preis von 15,- DM (ab 2002 10,- Euro) erwerben, eine Losnummer erhalten - die in der Regel aus einer Zahlenkombination aus der Postleitzahl ihres Wohnortes und einer weiteren Buchstaben- und Zahlenverbindung besteht - und die gewinnenden Losnummern bei einer monatlichen Ziehung ermittelt werden. Die Kläger verwiesen zugleich auf ihr Anliegen, für die Bereiche Umwelt und Entwicklung neue finanzielle Ressourcen zu erschließen, sowie darauf, dass die Lotterie nach ihrer Konzeption nicht mit den bisherigen Lotterie- Veranstaltungen konkurrieren werde, sondern mit ihrem spezifischen Förderzweck auf einen neuen Teilnehmerkreis abziele. Nach Erteilung der Genehmigung beabsichtigten sie, diese auf eine dann zu gründende Stiftung zu übertragen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Antragsschreiben nebst Anlagen Bezug genommen.

Mit Bescheid vom xx. Oktober 1996 lehnte der Beklagte den Antrag auf Erteilung der Genehmigung ab. Zur Begründung führte er im Wesentlichen an, dass es bereits an einem hinreichenden öffentlichen Bedürfnis i.S.d. § 2 der Lotterieverordnung für die Veranstaltung der beantragtem Lotterie fehle; weil die bestehenden Lotterien ausreichten, den in der Bevölkerung vorhandenen Spieltrieb zu befriedigen. In Deutschland gebe es mehrere bundesweite und regionale Lotterien, die sicherstellten, dass jeder Spielinteressent sein Spielbedürfnis leicht, schnell und in vielfältiger Weise befriedigen könne. Der Finanzbedarf für gemeinnützige Zwecke in den Bereichen Umwelt und Entwicklung begründe ebenfalls kein öffentliches Bedürfnis für die Durchführung der Lotterie. Da die Lotterievorschriften der Ausweitung des Spieltriebs in der Bevölkerung gerade entgegenwirken wollten, könne das öffentliche Bedürfnis auch nicht mit dem Hinweis auf die Erschließung eines neuen Spielerpotentials begründet werden. Darüber hinaus könne die Genehmigung auch aus Ermessensgründen nicht erteilt werden. § 2 der Lotterieverordnung stelle ein repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt dar, das dem Schutz eines überragend wichtigen Gemeinschaftsguts - der Bekämpfung der Spielsucht - diene. Da die neue Lotterie aber nicht das bereits vorhandene Spielbedürfnis befriedigen, sondern neue Bevölkerungskreise als Spieler gewinnen wolle, bestehe die Gefahr einer Ausuferung der Spielleidenschaft, die durch den Straftatbestand des § 286 StGB (jetzt: § 287 StGB) und die Lotterieverordnung gerade unterbunden werden solle. Mit Blick auf das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG müssten auch die Folgewirkungen einer Genehmigung auf weitere Lotterievorhaben bedacht werden. Demgegenüber stehe jenes Gebot der Ablehnung des Antrages nicht entgegen, weil das Vorhaben sich nach Zielsetzung, Lotterie- und Marketing-Konzept erheblich von den bestehenden bundesweiten Lotterien unterscheide.

Die Kläger haben am xx. November 1996 Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vortragen: Der Beklagte setze die beantragte Lotterieveranstaltung unzulässigerweise mit Glücksspielen gleich. Nach Konzeption und Ablauf eigne sich die geplante Lotterie nicht dazu, eine Glücksspielen vergleichbare Spielleidenschaft zu erzeugen. Einer derartigen Gefahr könne im Übrigen durch eine Beschränkung des monatlichen Höchsteinsatzes eines Teilnehmers begegnet werden. Überdies verkenne der Beklagte die Zielsetzung der Lotterie, die in einer Stärkung des Spendenaufkommens für die Bereiche des Umweltschutzes und der Entwicklungshilfe durch Nutzung der publizistischen Möglichkeiten einer solchen Veranstaltung bestehe. Damit stelle sie sich als eine Sammlungen begleitende Veranstaltung dar, mit der nicht die typische Gefahrenlage eines Glücksspiels verbunden sei. Die Auffassung, bei dem Lotterieverbot handele es sich um ein Repressivverbot mit Befreiungsvorbehalt, beruhe auf einer unreflektierten Vermengung von Lotterien und Glücksspielen. Dies gelte umso mehr, als der Beklagte die Frage der Sozialschädlichkeit der geplanten Lotterieveranstaltung nicht konkret geprüft habe. Da sozialschädliche Auswirkungen des Vorhabens aber nicht erkennbar seien, könne das Tatbestandsmerkmal des hinreichenden öffentlichen Bedürfnisses nicht unter Hinweis auf die Befriedigung des Spieltriebes in der Bevölkerung mittels der vorhandenen Lotterien verneint werden. Weil die beantragte Lotterie nicht mit den vorhandenen Angeboten konkurriere, sondern mit ihr die Spendenbereitschaft in der Bevölkerung erhöht werden solle, sei ein hinreichendes öffentliches Bedürfnis für sie gegeben. Schließlich sei das Ermessen des Beklagten auf Null reduziert, weil die glücksspielspezifischen Gefahrentatbestände nicht vorlägen. Der Hinweis des Beklagten auf die Folgewirkungen für sonstige Lotterievorhaben überzeuge mit Blick auf den spezifischen karitativen Zweck der beantragten Lotterie nicht. Hinzu komme, dass er selbst mit der Zulassung der sog. Oddset-Sportwette nicht zur Eindämmung der Glücksspielangebote beigetragen habe.
Nach Durchführung des Pilotverfahrens in Niedersachsen machen die Kläger sich die Argumentation der über die dortige Klage zu befindenden Gerichte zu Eigen. Ferner weisen sie mehrfach daraufhin, sich einer Steuerung und ständigen begleitenden Aufsicht durch den Beklagten unterwerfen zu wollen. Als mildere Mittel gegenüber einer gänzlichen Genehmigungsversagung kämen auch effiziente Regulierungsmöglichkeiten durch Aufnahme von Nebenbestimmungen in den Genehmigungsbescheid in Betracht.
Mit Schriftsatz vom x. September 1997 weisen die Kläger darauf hin, das Lotteriekonzept und die vertraglichen Grundlagen umgearbeitet zu haben. Namentlich sei das Konzept in Allgemeinen Geschäftsbedingungen niedergelegt worden. Mit späteren Schriftsätzen haben die Kläger aktualisierte Fassungen der Vertragswerke und Teilnahmebedingungen vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

Nachdem die Kläger die Klage nach dem Parteibeitritt der Klägerin zu 10. auch für die Kläger zu 1.-9. aufrechterhalten und den Antrag auf Erteilung der Lotteriegenehmigung zunächst nicht auf die Klägerin zu 10. beschränkt hatten, stellen sie nach Zustimmung des Beklagten zum Parteibeitritt nunmehr folgende Klageanträge:

Die Klägerin zu 10. beantragt,

Die Kläger zu 1.-9. beantragen hilfsweise,

Der Beklagte beantragt,

Er hält die Klage der Klägerin zu 10. für unzulässig, insbesondere weil die Klägerin zu 10. bislang den erforderlichen Genehmigungsantrag nicht gestellt habe.

Die Klage sei insgesamt jedenfalls unbegründet. Hierzu trägt der Beklagte unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens ergänzend vor: Dem Klageerfolg stehe bereits entgegen, dass die Kläger entscheidungserhebliche Unterlagen erst im Verlauf des Klageverfahrens vorgelegt und diese mehrfach modifiziert hätten. Die Anspruchsvoraussetzungen seien indes auch nicht gegeben. Es bestehe schon kein hinreichendes öffentliches Bedürfnis für die Veranstaltung der Lotterie. Dabei könne dahinstehen, ob die Bewertung der Gerichte im niedersächsischen Pilotverfahren und des Bayerischen Verwaltungsgerichts München, bei der beantragten Lotterie sei keine den Schutzzweck des § 287 StGB berührende Sozialschädlichkeit erkennbar, zutreffend sei. Denn sie könne jedenfalls nicht dazu führen, ein hinreichendes öffentliches Bedürfnis ohne Weiteres zu bejahen. Dieses lasse sich entgegen der Auffassung der vorgenannten Gerichte auch nicht aus der Zweckrichtung der Lotterie, sondern nur aus der Veranstaltung selbst begründen, weil die Mittelverwendung eine weitere selbstständige Genehmigungsvoraussetzung sei. Würde ein hinreichendes öffentliches Bedürfnis aus der Verwendung der Lotterieerlöse für einen guten Zweck abgeleitet, so müssten zahlreiche weitere Antragsteller eine Lotteriegenehmigung erhalten. Ein derartiges Bedürfnis sei vielmehr nur anzuerkennen, wenn die Veranstaltung selbst notwendig sei, um ein vorhandenes, durch das bestehende Angebot nicht abgedecktes Spielinteresse zu befriedigen. Das sei bei dem Projekt der Kläger indes gerade nicht der Fall, weil diese ihren Angaben zufolge neue Bevölkerungskreise erschließen wollten, die bislang Zwecke des Umweltschutzes und der Entwicklungshilfe vornehmlich durch Spenden gefördert hätten. Bei diesen ein bisher nicht vorhandenes Spielinteresse erst zu wecken, könne nach Sinn und Zweck der Lotterieverordnung kein öffentliches Bedürfnis begründen. Jenem Zweck - der Eindämmung und Kanalisierung des Spieltriebs - stehe das Ziel der Lotterie, den Spieltrieb durch ein Gemeinschaftserlebnis anzuheizen, diametral entgegen. Die Kläger gingen auch fehl mit ihrer Ansicht, Glücksspiele und Lotterien grundsätzlich zu unterscheiden, zumal auch eine Lotterie einen Einstieg ins Glücksspiel bewirken könne. Demgegenüber sei tragender Gesichtspunkt bei der Zulassung der sog. Oddset-Wette gewesen, die Nachfrage nach illegalen Wettangeboten zu verringern und auf legale inländische Angebote umzulenken, nicht aber, bislang uninteressierte Bürger für eine regelmäßige Teilnahme zu gewinnen. Dies sei auch Motiv für die Werbung der staatlichen Veranstalter, die diese zudem sehr restriktiv handhabten. Werbung in aggressiver Form betrieben eher die gewerblichen Spielvermittler. Der Ertrag der geplanten Lotterie komme auch nicht Zwecken zugute, die allgemeiner Billigung sicher seien. Die Kläger strebten eine Veranstaltung zu eigenen Zwecken an mit dem Recht, die eingenommenen Mittel ganz überwiegend an sich selbst ausschütten zu dürfen. Eine effiziente Kontrolle über die Zweckverwendung gebe es im Unterschied zu den staatlichen Veranstaltungen nicht. Es bestehe auch kein angemessenes Verhältnis zwischen Ertrag, Gewinn und Kosten, zumal externe, also beim Kunden im Zusammenhang mit dem Spieleinsatz entstehende Kosten wie Porto- und Bankabbuchungskosten mitberücksichtigt werden müssten. Die angegebene Kostenquote von 18 %, die deutlich über der etwa von "WestLotto" liege, widerspreche außerdem dem Minimierungsgebot. Ferner seien die Kläger nicht zuverlässig i.S.d. § 2 Nr. 4 der Lotterieverordnung, was namentlich aus der Verflechtung der Klägerin zu 10. mit und ihrer Abhängigkeit von holländischen Gesellschaften, aber auch daraus folge, dass sich die Stiftung zumindest teilweise aus den Zweckerträgen finanziere. Schließlich stünden der begehrten Genehmigungserteilung Ermessensgesichtspunkte entgegen. Mit den Zwecken des Lotterierechts sei das auf Erschließung neuer Spielerschichten ausgelegte Vorhaben nicht vereinbar. Auch die Gefahr eines verschärften Konkurrenzkampfes sowie drohende Folgewirkungen für weitere Lotterievorhaben seien zu berücksichtigen.

Im Hinblick auf das im Bundesland Niedersachsen durchgeführte Pilotverfahren hat die Kammer auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom xx. April 1998 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Durch Urteil vom 12. Juni 1998 hat das Verwaltungsgericht Hannover (10 A 163/98) die Bezirksregierung x verpflichtet, den dortigen Klägern (den Klägern zu l.-9. des vorliegenden Verfahrens) die Zusicherung zu erteilen, zu Gunsten der noch zu gründenden Stiftung für Umwelt und Entwicklung die Veranstaltung einer landesweiten Lotterie für die Dauer eines Jahres ab Spielbeginn zu genehmigen. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Bezirksregierung x mit Urteil vom 9. Juni 1999 zurückgewiesen (11 L 5445/98). Durch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Juni 2000 ist die Revision ebenfalls zurückgewiesen worden (1 C 26.99).

Nach Abschluss des Pilotverfahrens hat das Gericht auf Antrag der Kläger das Verfahren durch Beschluss vom xx. September 2000 wieder aufgenommen.

Im Anschluss an die Entscheidungen in Niedersachsen hat die Bezirksregierung X mit Bescheid vom X. Januar 2001 der Klägerin zu 10. die Lotteriegenehmigung befristet auf ein Jahr erteilt. Das Landeseinwohnermeldeamt X und der Senator für Inneres, Kultur und Sport der Freien Hansestadt X haben unter dem x. März bzw. xx. Juli 2001 ebenfalls Genehmigungsbescheide erlassen. Der Freistaat Bayern ist durch Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 25. Januar 2001 (M 29 K 95.6137) verpflichtet worden, die Lotterieveranstaltung für ein Jahr zu genehmigen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist erfolglos geblieben (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 24. Juli 2001 - 22 ZB 01.1160 -).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

  1. Soweit die Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung den Hauptantrag auf die Klägerin zu 10. beschränkt haben, war das Verfahren wegen der mit Stellung jenes Antrages insoweit erfolg­ten (konkludenten) Klagerücknahme gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

  2. Im Übrigen ist die Klage der Klägerin zu 10. mit dem Hauptantrag zulässig (1.) und begründet (2.).

    1. .
      1. Die in dem Parteibeitritt liegende Klageänderung ist statt­haft, weil der Beklagte in der mündlichen Verhandlung seine Ein­willigung erklärt hat (§ 91 Abs. 1 und 2 VWGO).

        Dazu, dass ein Parteibeitritt ebenso wie ein Parteiwechsel als Klageänderung zu behandeln ist: BVerwG, Urteil vom 29. November 1982 - 7 C 34.80 -, BVerwGE66, 266 (267); Kopp/Schenke, VwGO 12. Aufl. 2000, § 91 Pn. 7; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 11. Aufl. 2000, § 91 Pn. 20

        Davon abgesehen, ist die Klageänderung auch sachdienlich. Sach­dienlichkeit ist anzunehmen, wenn auch für die geänderte Klage der Streitstoff im Wesentlichen der Gleiche bleibt und die Klageänderung die endgültige Beilegung des Rechtsstreits fördert und dazu beiträgt, dass ein weiterer sonst zu erwartender Prozess vermieden wird.

        vgl. BVerwG, Urteil. vom 3. Juli 1987 - 4 c 12/84 -, NJW 1988, 1228; Beschluss vom 16. Dezember 1998 - 7 5 252/98 - (Juris- Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl. 2000, § 91 Pn. 19; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 11. Aufl. 2000, § 91 Pn. 31.

        Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Gegenstand des Rechtsstreits war bei Klageerhebung die Frage, ob die geplante "Neue Bundeslotterie für Umwelt und Entwicklung“ genehmigungsfähig i.S.d.. § 2 der Verordnung über die Genehmigung öffentlicher Lotterien und Ausspielungen (Lotterieverordnung) vom 1. Juni 1955 (GV NRW S. 119) - im Folgenden: LottVO - ist. Hieran hat sich durch den Beitritt der Klägerin zu 10. nichts geändert. Das dem Vorhaben zu Grunde liegende Konzept war dem Beklagten bekannt und ist seit­her jedenfalls im Wesentlichen unverändert geblieben. Insbesondere hatten die Kläger zu l.-9. stets klargestellt, die Lotterie nicht selbst veranstalten zu wollen. Entgegen dem Vorbringen des Beklag­ten, es sei nie Gegenstand des Verfahrens gewesen, dass eine Stif­tung als Veranstalterin tätig werden solle, ergibt sich dies be­reits aus den mit dem Antragsschreiben vom xx. Mai 1994 einge­reichten Unterlagen (vgl. "Antrag auf Genehmigung der Veranstal­tung einer öffentlichen Lotterie“, S. 6) . Die dortige Formulie­rung, die Genehmigung werde unmittelbar nach ihrer Erteilung an die dann zu gründende "Stiftung X“ als künf­tige Genehmigungsträgerin übertragen, kann nur in dem Sinne ver­standen werden, dass die Stiftung als Veranstalterin fungieren werde. Darauf wird auch im Weiteren (5. 28 ff. der Antragsunterlagen) hingewiesen. Dass der Beklagte selbst hiervon ausgegangen ist, ergibt sich aus dem ablehnenden Bescheid (dortige Seite 2). In der Folgezeit haben die Kläger zu 1.-9. keinen Zweifel gelas­sen, an jener Absicht festzuhalten. Insofern haben die Kläger nach Errichtung der Stiftung ihr prozessuales Verhalten lediglich den nunmehr eingetretenen Umständen angepasst. Der Parteibeitritt er­möglicht auch die von allen Beteiligten erstrebte Sachentscheidung über die Genehmigungsfähigkeit der Lotterie, die sonst in einem weiteren Klageverfahren zu klären wäre. Denn angesichts der Rechtsauffassung des Beklagten ist nicht davon auszugehen, dass er einen Genehmigungsantrag der Klägerin zu 10. positiv bescheiden würde; dies hat er auch selbst nicht in Aussicht gestellt. Durch ein damit notwendig werdendes weiteres Klageverfahren verzögerte sich die eigentliche Sachentscheidung lediglich, ohne dass sich Streitstoff und rechtliche Voraussetzungen grundlegend änderten. Dass sich aus dem Eintritt der Klägerin zu 10. aus Sicht des Be­klagten neue (Ermessens-)Gesichtspunkte ergeben haben, die eine Ergänzung seiner bisherigen Argumentation erforderlich machten, hindert die Annahme der Sachdienlichkeit nicht, weil der Streitstoff aus den vorgenannten Gründen im Wesentlichen identisch geblieben ist. Da der Beklagte zudem nicht gehindert war, während des laufenden Klageverfahrens Ermessenserwägungen zu ergänzen (vgl. § 114 Satz 2 VwGO) und die Beteiligten auch im Übrigen alle relevanten Tatsachen sowie ihre unterschiedlichen Rechtsansichten dargelegt haben, widerspräche es - selbst bei fehlender Einwilli­gung des Beklagten in die Klageänderung - allen Maßstäben der Prozessökonomie, den Rechtsstreit zu beenden und die Klägerin zu 10. und den Beklagten auf ein neues Klageverfahren mit vergleichbarem Inhalt zu verweisen.

        Zu Gesichtspunkt der Prozessökonomie vgl. auch: BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 1998 - 7 B 252/98 - (Juris). Von einer sachdienlichen Klageänderung geht auch das Bay. VG Mün­chen im Parallelverfahren im Bundesland Bayern aus: Urteil vom 25. Januar 2001 - M 29 K 95.6137 -, S. 10 f. des Urteilsabdrucks.

      2. Entgegen der Auffassung des Beklagten scheitert die Zulässig­keit der Klage auch nicht am fehlenden Antrag der Klägerin zu 10. auf Erteilung der lotterierechtlichen Genehmigung und am deshalb notwendigerweise fehlenden Verwaltungsverfahren ihr gegenüber. Dabei spricht alles dafür, dass § 91 VwGO einen auch für das Verwaltungsverfahren geltenden Grundsatz zum Ausdruck bringt, wonach un­ter den dort genannten - hier gegebenen - Voraussetzungen ein Wechsel der Beteiligten ebenso wie im Prozess möglich ist. Soweit die Rechtsprechung in Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen einen Parteiwechsel zulässt, setzt sie dies stillschweigend voraus. Denn das Verwaltungsverfahren ist in diesen Fällen stets von ausge­schiedenen Klägern durchgeführt worden, nicht von demjenigen, der sodann an deren Stelle tritt. Wie oben ausgeführt, war dem Beklag­ten bereits bei Antragstellung bekannt, dass die übrigen Kläger die Genehmigung für die noch nicht errichtete Stiftung erhalten wollten. Wenn aber stets erkennbar war, wer die Lotterie letztend­lich veranstalten sollte, wäre es reiner, dem Grundsatz der Ver­fahrens- und Prozessökonomie widersprechender Formalismus, die Klage wegen der fehlenden Antragstellung durch die Klägerin zu 10. bzw. der unterlassenen Nachholung des Antrags für unzulässig zu halten. Dies gilt unabhängig davon, ob die Auffassung des Beklag­ten zutrifft, bei der Lotteriegenehmigung handele es sich um einen mitwirkungsbedürftigen, also von der Antragstellung des Begünstig­ten abhängigen Verwaltungsakt.

        Zum Begriff vgl.: Stelkens/Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 5. Aufl. 1998, § 35 Rn. 153 ff.; Henneke, in: Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2000, § 35 Rn. 108.

        Denn nach dem oben Gesagten reicht bereits die Antragstellung durch den später aus dem Verfahren Ausgeschiedenen aus. Im Übrigen ist der (zulässige) Eintritt der Klägerin zu 10. in das Verfahren auch im Sinne einer nachträglichen konkludenten Antragstellung zu verstehen.

      3. Für die Wahrung der Klagefrist (§ 74 VwGO) ist nicht der Zeit­punkt des Eintritts der Klägerin zu 10. in das vorliegende Verfah­ren, sondern der der ursprünglichen Klageerhebung maßgebend. Denn durch diese ist die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet worden (§ 90 VwGO) . Hieran ändert der Parteibeitritt der Klägerin zu 10. nichts, weil dadurch lediglich das bestehende Prozess­rechtsverhältnis in geänderter Form fortgesetzt wird. Der Zweck des § 74 VwGO, Rechtssicherheit und Rechtsfrieden zu Gewähr lei­sten,

        vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl. 2000, § 74 Rn. 1, m.w.N.,

        steht dem mit Blick auf die rechtzeitig erhobene Klage der Kläger zu l.-9. nicht entgegen; einen an die Klägerin zu 10. gerichteten Verwaltungsakt, gegen den diese rechtzeitig hätte Klage erheben müssen, gibt es hingegen mangels Antragstellung nicht.

      4. Die Klägerin zu 10. ist auch klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO) Sie kann geltend machen, in ihren Rechten aus § 2 LottVO verletzt zu werden, wenn ihr die Genehmigung nicht erteilt wird. Nicht aus­zuschließen ist auch eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG.

        Zur Grundrechtsfähigkeit von Stiftungen vgl.: BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 1981 - 2 BvR 384/78 -, BVerfGE, 57, 220 (240); Beschluss vom 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703, 1718/83, 856/84 -, BVerfGE 70, 138 (160).

      5. Die Klage der Klägerin zu 10. ist schließlich mit dem in der mündlichen Verhandlung vom 31. August 2001 gestellten Hauptantrag zulässig, insbesondere ist dieser hinreichend bestimmt und sach­dienlich (vgl. § 86 Abs. 3 VwGO). In der Modifizierung gegenüber dem ursprünglich in der Klageschrift vom xx. November 1996 formu­lierten Antrag liegt weder eine teilweise Klagerücknahme (§ 92 VwGO) noch eine Klageänderung (§ 91 VwGO).

        Die Klägerin zu 10. begehrt mit dem nunmehr gestellten Hauptantrag die Erteilung einer Genehmigung für die Durchführung einer Lotte­rieveranstaltung in Nordrhein-Westfalen. Da das Lotterierecht wie das übrige Glücksspielrecht dem Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und damit Landesrecht zuzuordnen ist,

        vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. März 1970 - 2 BvQ 1/65 -, BVerfGE 28, 119 (146) zum Spielbankenrecht,

        kann sich die Klage gegenständlich nur auf eine in Nordrhein-West­falen geltende Genehmigung beziehen. Wenn auch die ursprünglich auf Erteilung einer Genehmigung für die Veranstaltung einer Bundeslotterie für Umwelt und Entwicklung in Nordrhein-Westfalen, hilfsweise für die Veranstaltung einer landesweiten Lotterie in Nordrhein-Westfalen gerichteten Klageanträge missverständlich formuliert sind, hat die Klägerin zu 10. damit entgegen der Ansicht des Beklagten gegenüber dem jetzigen Hauptantrag nicht ein Mehr oder gar ein "aliud“ beantragt. Denn die Kläger hatten stets ihre Absicht deutlich gemacht, im gesamten Bundesgebiet eine Lotterie zu veranstalten, für deren Durchführung sie die Genehmigung der zuständigen Behörden sämtlicher Bundesländer benötigen. Ebenso hatten sie, nachdem in einigen Bundesländern die Genehmigungen versagt worden waren, klargestellt, das Lotterievorhaben notfalls wenigstens, als landesweite Veranstaltungen in einzelnen Bundeslän­dern umsetzen zu wollen. In diesem Sinne sind die ursprünglichen Klageanträge ebenso wie der nunmehr gestellte Hauptantrag zu ver­stehen. Die Klägerin zu 10. begehrt folglich die Genehmigungserteilung in und für Nordrhein-Westfalen als Voraussetzung für eine ggfs. noch mögliche Veranstaltung einer bundesweiten Lotterie, sonst lediglich für eine landesweit durchzuführende Lotterie. Der von ihr im Termin zur mündlichen Verhandlung auch dahingehend er­läuterte Hauptantrag war mithin sachdienlich. Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die Kammer das weitere von den Klägern in Gang gesetzte Verwaltungsverfahren mit dem Ziel der Erteilung ei­ner landesweiten Genehmigung vor diesem Hintergrund für überflüs­sig hält.

    2. Die Klage der Klägerin zu 10. hat mit dem Hauptantrag auch in der Sache Erfolg.

      Die Ablehnung der begehrten Genehmigung der Lotterie durch Be­scheid des Beklagten vom xx. Oktober 1996 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin zu 10. in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VWGO) . Dieser steht ein Anspruch auf Erteilung der Genehmigung zu.

      Anspruchsgrundlage ist § 2 LottVO i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG. Dabei steht der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen entgegen der Auf­fassung des Beklagten nicht von vornherein entgegen, dass die Klä­gerin zu 10. maßgebliche Unterlagen erst im Laufe des Klageverfahrens vorgelegt bzw. ergänzt hat. Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei einem Verpflichtungsbegehren ist nämlich grundsätz­lich - so auch hier - der Zeitpunkt der Entscheidung des erkennen­den Gerichts ausschlaggebend. Bis dahin ist es den Beteiligten unbenommen, ihr Vorbringen auch in tatsachlicher Hinsicht - bis zur Grenze einer hier nicht einschlägigen Klageänderung - zu ergänzen und zu modifizieren. Da das Gericht die Sache spruchreif zu machen hat (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO), muss es ggfs. sogar auf eine ent­sprechende Ergänzung hinwirken.

      Die Klägerin erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen. Dabei lässt sich die Lotterieverordnung auf eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 70 Verf NRW entsprechende Ermächtigungsgrundlage zurückführen (dazu a). § 2 LottVO ist jedoch insoweit mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar und damit (teilweise) nichtig, als die Vorschrift als Genehmigungsvoraussetzung eine Bedürfnisprüfung verlangt (dazu b) . Ist dieses Genehmigungserfordernis mithin hinfällig, ergibt sich aus der im Übrigen wirksamen Bestim­mung i.V.m. dem Grundrecht der Berufsfreiheit ein Anspruch der Klägerin zu 10. selbst dann, wenn dem Beklagten hierbei ein (Rest-)Ermessen zuzubilligen wäre (dazu c).

      1. Die Lotterieverordnung genügt den Anforderungen, die Art. 70 Verf NRW an eine Rechtsverordnung stellt. Abgesehen von den hier ohne Weiteres erfüllten Voraussetzungen des Art. 70 S. 1 und 3 Verf NRW erfordert Satz 3 der Bestimmung, dass das Gesetz Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmen muss. Hieran fehlt es, wenn die Ermächtigung so unbestimmt ist, dass nicht mehr vorausgesehen werden kann, in welchen Fällen und mit welcher Ten­denz von ihr Gebrauch gemacht wird und welchen Inhalt die auf Grund der Ermächtigung erlassenen Verordnungen haben können. Bei der Prüfung der Frage, ob eine Ermächtigungsnorm diesen Anforde­rungen entspricht, gelten die allgemeinen Auslegungsgrundsätze.

        vgl. zu den gleichen Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG: BVerfG, Beschluss vom 12. November 1958 - 2 BvL 4/56 u.a. -, BverfGE 8, 274 (307); Beschluss vom 11. Januar 1966 - 2 BvR 424/63 -, BVerfGE 19, 354 (361 f.); Beschluss vom 4. Februar 1975 - 2 BvL 5/74 -, BVerfGE 38, 348 (357 f.).

        Aus § 2 des Gesetzes über die Genehmigung öffentlicher Lotterien und Ausspielungen vom 3. Mai 1955 (GV NRW S. 83) ergibt sich mit hinreichender Bestimmtheit, welche gesetzgeberische Entscheidung durch Verordnung umgesetzt werden soll und welchen Inhalt diese haben darf. Danach wird dem Innenminister die Möglichkeit eröff­net, die Verordnung über die Genehmigung öffentlicher Lotterien und Ausspielungen (Lotterieverordnung) vom 6. März 1937 unter Be­rücksichtigung der Zuständigkeitsregelung gemäß § 1 unter neuem Datum und in neuer Paragrafenfolge bekannt zu machen und hierbei diejenigen Änderungen vorzunehmen, die durch den Wandel der staatsrechtlichen Verhältnisse oder die Rechtsentwicklung erfor­derlich geworden sind. Damit hat der Gesetzgeber den Inhalt einer Lotterieverordnung nicht dem Verordnungsgeber überlassen, sondern sich zunächst auf den Inhalt der Lotterieverordnung von 1937 fest­gelegt. Soweit er der Landesregierung erlaubt, hierbei die in § 2 benannten Änderungen vorzunehmen, genügt auch diese Formulierung den Bestimmtheitsanforderungen. Dass bei einer Neubekanntmachung der Lotterieverordnung von 1937 dem Wandel der staatsrechtlichen Verhältnisse Rechnung zu tragen ist, versteht sich von selbst. Die Ermächtigung, bei einer Neubekanntmachung die Rechtsentwicklung seit 1937 zu berücksichtigen, ist ebenfalls hinreichend bestimmt, weil dem Innenminister damit (lediglich) aufgegeben wird, Verände­rungen etwa zu beachtender Rechtsnormen und den Fortgang der Rechtsprechung miteinzubeziehen. Damit ist zugleich das Ausmaß der Ermächtigung umschrieben; ihr Zweck lässt sich dahingehend er­schließen, dass der Gesetzgeber die Veranstaltung von Lotterien dem bereits seit 1937 geltenden Genehmigungsvorbehalt unterstellen wollte.

      2. § 2 LottVO ist als Anspruchsgrundlage nur insoweit anwendbar, als die Norm die Genehmigungstatbestände der Nrn. 2 bis 4 enthält. § 2 Nr. 1 der Verordnung, der die Genehmigung von einem hinrei­chenden öffentlichen Bedürfnis abhängig macht, ist wegen Verstoßes gegen das Grundrecht auf Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG verfassungswidrig und damit nichtig. Die Kammer kann die Nichtig­keit in eigener Zuständigkeit feststellen, weil sich das Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts nicht auf (untergesetzliche) Rechtsverordnungen bezieht.

        BVerfG, Beschluss vom 1. Marz 1978 - 1 BvL 20/77 -, BVerfGE 46, 40 (44); Beschluss vom 14. April D87 - 1 BvL 25/84 -, BverfGE 75, 166 (173).

          aa) Die Veranstaltung von Lotterien fällt in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG. Beruf im Sinne dieses Grundrechts ist jede auf Dauer berechnete und nicht nur vorübergehende, der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dienende Betätigung.

          BVerwG, Urteil vom 4. November 1965 - 1 C 6.63 -, BVerwGE 22, 286 (287); Urteil vom 22. Dezember 1993 - 11 C 46.92 -, BVerwGE 95, 15 (20); Urteil vom 4. Oktober 1994 - 1 C 13.93 -, BVerwGE 97, 12 (22).

          Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin zu 10. Das Bundesver­fassungsgericht und das Bundesverwaltungsgericht haben mehrfach betont, dass Veranstaltungen von Glücksspielen in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG fallen.

          BVerwG, Beschluss vom 19. Juli 2000 - 1 BvR 539/96 -, GewArch 2001, 61 ff. - Spielbank -; BVerwG, Urteil vom 23. August 1994 - 1 C 18.91 -, Buchholz 11, Art. 12 GG Nr. 230, s. 14 (16 f.) -Sportwettunternehmen -; Urteil vom 23. August 1994 - 1 C 19.91 -, Buchholz 11, Art. 12 GG Nr. 231, s. 22 (25 ff.) - Spielbank -; Urteil vom 28. März 2001 - NJW 2001, 2648 (2649) - Veranstaltung von Oddset - Wetten.

          Für die Veranstaltung von Lotterien gilt nichts anderes.

          vgl. dazu auch das Urteil des BVerwG vom 29. Juni 2000 - 1 C 26.99 - im niedersächsischen Pilotverfahren, GewArch 2000, 386 f.

          Sie kann ihrem Wesen nach auch von der Klägerin zu 10., einer in­ländischen juristischen Person, in gleicher Weise wie von natürli­chen Personen ausgeübt werden (Art. 19 Abs. 3 GG) . Weil die Be­rufsfreiheit weiter reicht als die Gewerbefreiheit, unterfällt ihr auch eine Tätigkeit, die - wie hier bei einem gemeinnützigen Un­ternehmen - nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden darf, solange das Unternehmen geschäftsmäßig betrieben wird und kostendeckend arbeiten soll.

          vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Dezember 1993 - 11 C 46.92 -, BVerwGE 95, 15 (20).

          Das ist hier der Fall. Der ökonomische Grundbezug der geplanten Tätigkeit der Klägerin zu 10. ist vorhanden, weil sie beabsich­tigt, mit der Lotterie Erträge zu erwirtschaften, die gemeinnützi­gen Umweltschutz- und Entwicklungsgilfeorganisation zugute kom­men sollen.

          Vgl. dazu im Einzelnen: Jarass, Verfassungsrechtliche Vorgaben für Lotterien und Folgen für das einfache Recht, S. 8 ff.

          Die beabsichtigte Veranstaltung einer Lotterie wird vom Schutzbereich des Grundrechts auf Berufsfreiheit unabhängig davon erfasst, ob sie als sozial schädlich und unerwünscht anzusehen ist oder nicht. Herkömmlich dient die Unterscheidung zwischen sozialadäquaten und unerwünschten Verhaltensweisen der Abgrenzung verfassungs­verbürgter, grundrechtsmäßiger Betätigungen von solchen, die au­ßerhalb grundrechtlich geschützter Freiheitsbereiche stehen.

          Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2000, § 9 Rn. 51 ff., m.w.N.; Ossenbühl, VerwArch 86 (19951, 187 (198); Pieroth/Störmer, GewArch 1998, 177 (180).

          Dieser Kategorisierung entspricht terminologisch die Differenzie­rung rechtlicher Verbote in sog. präventive Verbote mit Erlaubnisvorbehalt und sog. repressive Verbote mit Befreiungsvorbehalt. Während der Normgeber mit dem Präventivverbot nicht die Betätigung eines sozial erwünschten oder neutralen Verhaltens als solche, sondern nur Rechtsverstöße bei der Ausübung verhindern will und ein Rechtsanspruch auf die Erlaubniserteilung besteht, wenn keine Versagungsgründe vorliegen, wird mit dem Repressivverbot ein so­zial unerwünschtes Verhalten prinzipiell verboten und nur in be­sonders gelagerten Ausnahmefällen erlaubt.

          Vgl. Maurer, a.a.O.; Ossenbühl, a.a.O.; Pieroth/Störmer, a.a.O.; vgl. auch: BVerfG, Beschluss vom 18. März 1970 - 2 BvO 1/65 -, BVerfGE 28, 119 (148).

          Indessen wird in der höchstrichterlichen Rechtsprechung der Be­trieb einer Spielbank oder eines Sportwettunternehmens unabhängig von hierauf bezogener Qualifizierung gesetzlicher Verbote als von Art. 12 Abs. 1 GG geschützt angesehen.

          BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 2000 - 1 BvR 539/96 -, GewArch 2001, 61 (62) - Spielbank ; BVerwG, Urteil vom 23. August 1994 - 1 C 18.91 -, Buchholz 11, Art. 12 GG Nr. 230, 5. 14 (18) - Sportwette ; (Urteil vom 23. August 1994 - 1 C 19.91 -, Buchholz 11, Art. 12 GG Nr. 231, S. 22 (30) - Spielbank -; BVerwG, Urteil vom 28. März 2001 - 6 C 2.01 -, NJW 2001, 2648 (2649) - Sportwette -.

          Maßgebend hierfür ist die Überlegung, dass die Reichweite des grundrechtlichen Schurzbereichs nicht von Entscheidungen des ein­fachen Gesetzgebers abhängen kann.

          BVerwG, urteil vom 23. August 1994 - 1 C 18.91 -, Buchholz 11, Art. 12 GG Nr. 230, S. 14 (17); Urteil vom 23. August 1994 - 1 C 19.91 -, Buchholz 11, Art. 12 GG Nr. 231, S. 22 (27); Jarass, S. 13 f.

          Vor diesem Hintergrund erweist sich die Einordnung von Glücks­spielverboten als Repressivverbote oder aber als Präventivverbote als bloße zusammenfassende Umschreibung eines Rechtszustandes, nicht jedoch als normativer, subsumtionsfähiger Rechtsbegriff, mit dem letztlich kein Erkenntnisgewinn gegenüber dem verbunden ist, was sich unmittelbar aus der Verfassung ableiten lässt.

          In diese Richtung auch: Jarass, S. 13 f.; Pieroth/Störmer, GewArch 1998, 177 (181).

          Denn alle Gesichtspunkte, die in Rechtsprechung und Literatur un­ter jenen Oberbegriffen erörtert werden, lassen sich entweder der Schutzbereichs- oder der Schrankenebene des Grundrechts zuordnen. Dagegen fehlt jede Legitimation, aus dem Begriffspaar im Ergebnis weitere Beschränkungen des Freiheitsrechtes gewissermaßen von au­ßen an das Grundrecht heranzutragen.

          Kann die Klägerin zu 10. sich mithin auf Art. 12 Abs. 1 GG beru­fen, so kann an dieser Stelle offen bleiben, ob die Veranstaltung von Lotterien sozial unerwünscht ist und deshalb einem repressiven Verbot mit Befreiungsvorbehalt unterliegt, oder ob § 2 LottVO im Sinne eines Präventivverbots auszulegen ist.

          Schließlich ist die Anwendung des Art. 12 Abs. 1 GG auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Veranstaltung einer Lotterie eine schlechthin gemeinschaftsschädliche oder sonst mit dem Men­schenbild des Grundgesetzes unvereinbare Tätigkeit wäre. Für Spielbanken und Sportwettunternehmen hat das Bundesverwaltungsge­richt entschieden, dass sie nicht prinzipiell gemeinschaftsschädlich sind.

          BVerwG, Urteil vom 23. August 1994 - 1 C 18.91 -, Buchholz 11, Art. 12 GG Nr. 230, S. 14 (17); Urteil vom 23. August 1994 - 1 C 19.91 -, Buchholz 11, Art. 12 GG Nr. 231, S. 22 (27).

          Für Lotterien kann nichts anderes angenommen werden, zumal der Staat selbst sie anbietet.

          bb) In dieses Grundrecht greift § 2 Nr. 1 LottVO ein. Wer eine öf­fentliche Lotterie betreiben will, kann eine Genehmigung nur er­halten, wenn für ihre Veranstaltung ein hinreichendes öffentliches Bedürfnis besteht. Da die Bestimmung den Zugang zu dem Beruf unab­hängig von der Qualifikation des Veranstalters oder sonstigen subjektiven Gesichtspunkten verwehrt, enthält sie eine objektive Berufszulassungsvoraussetzung. Diese Grundrechtsbeschränkung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Allgemei­nen nur zulässig, wenn sie zur Abwehr nachweisbarer oder höchst­wahrscheinlich schwerer Gefahren für ein besonders wichtiges (überragendes) Gemeinschaftsgut zwingend erforderlich ist.

          Vgl. BVerfG, Urteil vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 596/56 -, BVerwGE 7, 377 (405 und 408); Urteil vom 8. Juni 1960 - 1 BvL 53/55 u.a. BVerfGE 11, 168 (183); vgl. ferner die darauf Bezug nehmenden vor Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts: Urteil vom 23. August 1994 - 1 C 18.91 -, Buchholz 11, Art. 12 GG Nr. 230, S. 14 (16 f.) - Sportwettunternehmen -; Urteil vom 23. August 1994 - 1 C 19.91 -, Buchholz 11, Art. 12 GG Nr. 231, S. 22 (28 f.)- Spielbank -; Urteil vom 28. März 2001 - NJW 2001, 2648 (2649) - Veranstaltung von Oddset-Wetten .

          § 2 Nr. 1 LottVO dient schon nicht dem Schutz eines überragend wichtigen Gemeinschaftsgutes, was zugleich die Annahme, bei § 2 LottVO handele es sich um ein repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt, verbietet (dazu aaa) . Selbst wenn ein überragendes Gemeinschaftsgut feststellbar wäre, so wäre die Bedürfnisklausel nicht zur Abwehr schwerer Gefahren für ein solches Gut zwingend erforderlich (dazu bbb) . Schließlich genügte § 2 Nr. 1 LottVO auch dann nicht den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, wenn die Zulassungsbeschränkung mit der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Spielbanken nur davon abhängig wäre, dass mit ihr wichtige Gemeinwohlbelange verfolgt würden (dazu ccc)

          aaa) Das Verbot des § 2 Nr. 1 LortVO, Lotterien bei fehlendem öf­fentlichem Bedürfnis zu veranstalten, kann sich - im Unterschied zu den Veranstaltungsverboten für andere Glücksspiele - nicht auf überragende Gemeinschaftsgüter stützen. Durch die in Spielbanken angebotenen Glücksspiele wie Roulette oder auch durch Sportwetten drohen der Bevölkerung zwar Gefahren für herausragende Gemein­schaftsgüter, die das Vermögen des Spielers und seiner Angehörigen sowie in Fallen des Versmogensverlustes mittelbar die Leistungsfähigkeit dei öffentlichen Haushalte und bei Spielsucht die Gesund­heit des Spielers betreffen. Dieser verdient Schutz vor wirtschaftlicher Ausbeutung seines Spieltriebs und den ruinösen Folgen einer hemmungslosen Spielleidenschaft. Dementsprechend verfolgen Spielbanken- und Sportwettenverbote den Zweck, die Spielleidenschaft in geordnete Bahnen zu kanalisieren und zu dämpfen.

          Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 1994 - 1 C 18.91 -, Buchholz 11, Art. 12 GG Nr. 230, S. 14 (19 f.); Urteil vom 23. August 1994 - 1 C 19.91 -, Buchholz 11, Art. 12 GG Nr. 231, S. 22 (29 f.); Urteil vom 28. März 2001 - NJW 2001, 2648 (2650); Voßkuhle, VerwArch 87 (1996), 395 ( 400 f.); Dietlein/Thiel, NWVB1. 2001, 170 (173).

          Der Lotterievorbehalt des § 2 LottVO lässt sich aber mit diesen Zielsetzungen nicht rechtfertigen. Der Rechtsordnung ist nämlich eine undifferenzierte Missbilligung jeglicher Spieltätigkeit fremd, namentlich einer solchen, bei der typischerweise nur klei­nere Geldbeträge zum Einsatz kommen. Es gibt auch keinen dahingehenden Wertekonsens in der Gesellschaft. Vielmehr wird - auch re­gelmäßiges - Lottospielen im Gegensatz zum häufigen Besuch einer Spielbank in der Bevölkerung als sozialadäquat angesehen. Eine Gleichsetzung der von (sonstigen) Glücksspielen ausgehenden Gefah­ren für Rechtsgüter mit den durch das Lotterieverbot zu schützen­den Belangen verbietet sich namentlich deshalb, weil das Gefähr­dungspotential einer Lotterie mit üblicherweise niedrigen Höchsteinsätzen ungleich geringer ist: Wer regelmäßig Lotterielose er­wirbt, gefährdet sein Vermögen gewöhnlich nicht. Dies gilt schon deswegen, weil ein Spieler dazu eine Vielzahl von Lotterielosen erwerben (und ggfs. ausfüllen) müsste. Lottospieler fallen im Re­gelfall auch keiner "Spielsucht“ anheim, insbesondere weil die Spielsituation eine völlig andere ist als etwa bei der Teilnahme am Roulette, bei der die stete Aufeinanderfolge von Spielen mit sofortiger Gewinnausschüttung sowie die Möglichkeit, Verluste durch Erhöhung von Einsätzen auszugleichen, verbunden mit Einsatzmöglichkeiten in praktisch unbegrenzter Höhe und der spezifischen psychologischen Situation einer Spielbank mit zahlreichen Mitspie­lern, die Spielleidenschaft besonders "anheizt“. Hier besteht viel eher die Gefahr, dass der Spieler in eine für ihn nicht mehr kontrollierbare Spielsituation gerät. Hingegen bleibt dem Spieler vor der Teilnahme an einer Lotterie reichlich Zeit zum Überlegen, ob überhaupt und mit welchem Einsatz er sich beteiligen möchte.

          So auch: Ossenbühl, VerwArch 86 (1995) , 187 (194).

          Abhängigkeiten werden dabei im Regelfall nicht erzeugt. Fälle von Spielsucht und wirtschaftlichem Ruin sind dementsprechend bei Spielbankbesuchern, soweit ersichtlich aber nicht bei Lottospielern bekannt geworden.

          So auch: Jarass, S. 26.

          Auch der Beklagte hat sie bezeichnenderweise nicht benannt.

          Die theoretische Möglichkeit einer Ausuferung der Spielleiden- schaft durch Teilnahme an einer Vielzahl von Lotterien - mag sie auch im nur die Regel bestätigenden Ausnahmefall aufgetreten sein - rechtfertigt die prinzipielle Gleichbehandlung jeglicher Formen von Glücksspielen hinsichtlich der mit ihnen verbundenen Gefahren nicht.

          Dahingehend aber Tettinger, S. 27; Voßkuhle, VerwArch 87 (1996), 395 (412).

          Denn solche (theoretische) Missbrauchsgefahr droht potentiell je­dem Rechtsgut. Sie rechtfertigt keinen Grundrechtseingriff, wo es - wie hier - an fassbaren Erkenntnissen fehlt, dass sie sich in einer erheblichen Zahl von Fällen realisiert. Nicht zuletzt aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten ist der Staat gehindert, Bür­gern unter Eingriff in Freiheitsrechte Schutz vor unerheblichen, hauptsächlich theoretischen Risiken aufzudrängen, denen sie durch eigenverantwortliches Handeln ohne weiteres selbst ausweichen kön­nen.

          Für eine hinsichtlich des Gefahrenpotentials unterschiedliche Be­handlung von Lotterien und anderen Glücksspielen spricht überdies das Verhalten des Beklagten selbst. Dass auch er - im Einklang mit dem Wertebewusstsein in der Bevölkerung - ersichtlich die von Lot­terien ausgehenden Risiken gering einschätzt, wird schon durch seine Zulassungspraxis belegt. Mit der Zulassung zahlreicher (staatlicher) Lotterien in den letzten Jahrzehnten, zuletzt mit der sog. Oddset-Sportwette, sowie mit der von den Veranstaltern in den Medien, auch im Internet, und durch Postwurfsendungen betriebenen und von ihm geduldeten umfangreichen und nachhaltigen Wer­bung hat er dokumentiert, dass er an der im vorliegenden Verfahren angeführten Einschätzung der Sozialschädlichkeit von Lotterien,die lediglich notgedrungen hingenommen würden, selbst nicht ernst­lich festhält. Seine Behauptung im vorliegenden Verfahren, nicht die staatlichen Lotterien, sondern vorwiegend die am Markt tätigen Spielvermittler betrieben in aggressiver Weise Werbung, ist nach­weislich falsch. Nahezu täglich wird in Fernsehen und Rundfunk gerade auf die staatlichen Klassenlotterien aufmerksam gemacht. Im Internet wirbt etwa die X Lotterie unter "http://www.cyberlotto.de“ wie folgt: "Ran an die Millionen! Bei CyberLotto.de können Sie in ganz NRW mit Lotto und Oddset klasse Kasse machen.“ Die Kläger haben auf ähnliche Werbeaussagen der X Lotterie hingewiesen, wie beispielweise: "Du bringst Dich um die Chance Deines Lebens, wenn Du nicht spielst“. Über diese für sich schon aussagekräftigen Werbetexte hinaus wird für sog. Jackpotausschüttungen mit besonders hohen Gewinnerwartungen in sämtlichen Medien in noch verstärkter Weise Werbung betrieben, um die Umsätze zu steigern.
          Sähe der Beklagte die mit der Veranstaltung von Lotterien verbun­denen Gefahren tatsächlich als gravierend an, hätte es nahe gele­gen, nur die geringstmögliche Anzahl zu erlauben, gerade so viele, wie es die Befriedigung des Spieltriebs zwingend erfordert. Dass dies - im Unterschied zu Spielbanken, für die auch nicht in ver­gleichbar aggressiver Weise Werbung betrieben wird - nicht erfolgt ist, zeigt die große Anzahl bestehender und den Ländern als Ein­nahmequelle durchaus willkommener Lotterien, die das Spielbedürf­nis ersichtlich weit mehr als unbedingt erforderlich abdecken. Dass die Werbung für diese - wie der Beklagte Glauben zu machen sucht - in erster Linie die Nachfrage nach illegalen Angeboten verhindern soll, ist vor diesem Hintergrund unglaubwürdig und fern liegend.
          Angesichts dessen setzt der Beklagte sich mit seinem Einwand, auch vergleichsweise ungefährliche Lotterien stellten eine Möglichkeit zur Heranführung und zum Einstieg in das Glücksspiel dar und könnten eine Gewöhnung an das regelmäßige Leisten von Einsätzen bewir­ken, in Widerspruch zu seinem eigenen Verhalten in der Vergangenheit. Die von ihm herausgestellten Risiken bestehen angesichts der Vielzahl vorhandener Lotterien schon jetzt. Gleichwohl ist nicht bekannt geworden, dass es durch die Teilnahme an vergleichsweise harmlosen Lotterien zum Einstieg in andere Glücksspielformen und einer Vermögens- bzw. Gesundheitsgefährdung gekommen ist. Wenn es sich möglicherweise in Einzelfällen anders verhalten sollte, lässt sich daraus nicht auf eine generelle Gefährlichkeit von Lotterien schließen.

          Es kann auch nicht angenommen werden - wie es in den Schriftsätzen des Beklagten verschiedentlich angeklungen ist -, besondere Gefah­ren gingen gerade von Lotterien privater Veranstalter aus. Sieht man im Lotteriewesen überhaupt (erhebliche) Risiken für Vermögen und Gesundheit der Spieler, so bestehen diese zunächst unabhängig von der Herkunft des Veranstalters. Soweit der Beklagte Umgehungen rechtlicher Vorgaben, Verfolgung eigener wirtschaftlicher Interes­sen, nicht zweckentsprechende Verwendung der Lotterieerlöse, überzogene Gewinnversprechungen oder dergleichen durch private Veran­stalter befürchtet, kann jenen Gefahren durch die ihm zur Verfü­gung stehenden Steuerungsinstrumente (Aufnahme von Nebenbestimmun­gen in den Genehmigungsbescheid und nachfolgend die Lotterieauf­sicht) effektiv begegnet werden.

          Einer differenzierten Betrachtung der verschiedenen Glücksspielarten lässt sich schließlich nicht entgegenhalten, der Bundesgesetz­geber habe durch die Straftatbestände der §§ 284 und 287 StGB das sozialethische Unwerturteil aller Glücksspiele bestätigt. Sozial schädlich und deshalb strafbar ist nämlich nicht die Veranstaltung von Glücksspielen schlechthin, sondern lediglich von Glücksspielen ohne Erlaubnis.

          So auch: Eser/Heine, in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl. 2001, § 284 Rn. 18; von Buhneff, in: Leipziger Kommentar zum StGB, 11.Aufl. 1998, § 284 Rn. 22, § 287 Rn. 21; Hund, NStZ 1993, 571; Ossenbrühl, VerwArch 86 (1995), 187 (200).

          Die Bestimmungen dienen dem Schutz der Allgemeinheit vor den nega­tiven Folgen und Gefahren des der staatlichen Kontrolle entzogenen Glücksspiels.

          Von Bubnoff, in: Leipziger Kommentar zum StGB, 11. Aufl. 1998, vor § 284 Pn. 6, 7.

          Worin diese bestehen, wird nicht einheitlich beurteilt. Teilweise werden die Gefahren für den Spieler in den Vordergrund gestellt, der vor der Ausuferung der natürlichen Spielleidenschaft geschützt werden soll; andere sehen (teilweise zusätzlich) im unerlaubten Glücksspielbetrieb Gefahren von Betrug und Manipulation zum Scha­den des Vermögens des Spielers; schließlich wird vertreten, dass die staatliche Kontrolle die Risiken der kommerziellen Ausbeutung des Spieltriebes begrenze.

          Zum Meinungsstand vgl. von Bubnoff, in: Leipziger Kommentar zum StGB, 11. Aufl. 1998, vor § 284 Rn. 7 ferner Tettinger, S. 9 f.

          Soweit der Schutz vor Selbstgefährdung des Spielers hervorgehoben wird,

          vgl. dazu auch: Dietlein/Thiel, NWVBl. 2001, 170 (173) - Sportwette -,

          ist dieser Gesichtspunkt aus den oben genannten Gründen bei der Veranstaltung einer Lotterie nur von theoretischer Bedeutung oder betrifft allenfalls den nicht generalisierungsfähigen Einzelfall. Während dieser also als Strafgrund nur für § 284 StGB herangezogen werden kann, steht bei § 287 StGB nicht das Verhalten des Spie­lers, sondern das des Lotterieveranstalters im Vordergrund: Die behördliche Kontrolle soll den Lotteriespieler vor überzogenen Gewinnangeboten, vor Manipulation bei der Gewinnverteilung und ähn­licher Übervorteilung durch den Veranstalter schützen.

          Dahingehend auch: von Bubnoff, in: Leipziger Kommentar zum StGB, 11. Aufl. 1998, vor § 284 Pn. 11; Ossenbühl, VerwArch 86 (1995), 187 (191).

          Kriminalisiert wird damit nicht die Lotterieveranstaltung an sich, sondern die vom Staat nicht kontrollierte und deshalb potentiell gefährliche Lotterie. Der Einwand, dass eine solche Eingrenzung des Schutzzwecks die Aufrechterhaltung der Strafnorm nicht recht­fertige, weil ein an sich nicht sozial schädliches Verhalten, dem es nur an der Erlaubnis fehle, mit einer Ordnungswidrigkeit geahn­det werden könne,

          Tettinger, S. 13, m.w.N.,

          greift nicht durch. Ein dahingehendes Strukturprinzip enthält die Rechtsordnung nicht; vielmehr fällt das gesetzgeberische (Un-)Werturteil im Strafrecht vielfach erst auf der Rechtswidrigkeitsebene. Immerhin gibt es eine Reihe von Vorschriften, die ein an sich sozialadäquates Verhalten bei fehlender behördlicher Ge­nehmigung unter Strafe stellen, beispielsweise das Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG) , weil der Gesetzgeber gerade nur das un­genehmigte Verhalten als gefährlich einstuft.

          Weitere Beispiele bei Lenckner, in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl. 2001, Vorbem. §§ 32 ff. Pn. 61.

          Ähnlich verhält es sich, soweit Einverständnis bzw. Einwilligung des Rechtsgutinhabers die Tatbestandsmäßigkeit bzw. die Rechtswid­rigkeit einer Strafnorm ausschließen. Dies gilt insbesondere für den ärztlichen Heileingriff, der nach ständiger Rechtsprechung so­gar als tatbestandsmäßige (bei Einwilligung aber gerechtfertigte) Körperverletzung behandelt wird, obgleich ihn niemand ernstlich als sozialethisch verwerflich ansehen würde.

          vgl. hierzu im Einzelnen: Lenckner, in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl. 2001, Vorbem. §§ 32 ff. Rn. 29 ff; Eser, ebd., § 223 Pn. 27 Lt.

          Abgesehen davon erscheint es von Ansatz her nicht gerechtfertigt, bei der Auslegung der landesrechtlichen Bestimmung des § 2 Nr. 1 LottVO ausschlaggebend auf den Schutzzweck bundesgesetzlicher Strafvorschriften abzustellen. Denn wenn dem Landesgesetzgeber die Regelung der einzelnen Glücksspielerlaubnisse zusteht, muss der Bundesgesetzgeber sich darauf beschränken, unerlaubte Glückspiele und Lotterien strafrechtlich zu sanktionieren. Eine Kompetenz des Bundes zu einem pauschalen Unwerturteil gibt es nicht. Die Frage, wann die Rechtsordnung ein Glücksspiel akzeptiert, und damit die Ausgestaltung der Erlaubnisregelungen, bestimmt allein der Landesgesetzgeber.

          Ein aus ordnungs- und strafrechtlichen Verboten vom Beklagten abgeleitetes "geschlossenes System“ des Glücksspielrechts insgesamt gibt es somit nicht. Vielmehr ist eine Differenzierung zwischen verschiedenen Arten von "Glücksspielen“ aus den genannten Gründen nicht nur zulässig, sondern verfassungsrechtlich sogar geboten.

          Dient § 2 Nr. 1 LottVO mithin keinem überragend wichtigen Gemeinschaftsgut im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und knüpft der Straftatbestand des § 287 StGB nicht an eine Sozialschädlichkeit von Lotterien, sondern an die fehlende behördliche Genehmigung an, so lässt sich die These des Beklagten, bei der Erlaubnisnorm handele es sich um ein sog. repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt, was immer aus ihr folgen sollte, nicht aufrechterhalten.

          Sozial unerwünscht mag zwar die Veranstaltung von Glücksspielen im engeren Sinne (also etwa das Betreiben von Spielbanken oder Sportwetten) sein; dem entspricht die rechtliche Einordnung von die Veranstaltung von Spielbanken oder Sportwetten betreffenden Er­laubnistatbeständen als Repressivverboten in der höchstrichterli­chen Rechtsprechung.

          BverfG, Beschluss vom 18. März 1970 - 2 BvO 1/65 -, BVerfGE 28, 119 (148) - Spielbank -; BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 2000 - 1 BvR 539/96 -, GewArch 2001, 61 (62) - Spielbank -; BVerwG, Urteil vom 23. August 1994 - 1 C 18.91 .- Buchholz 11, Art. 12 GG Nr. 230, S. 14 (18) - Sportwette -; Urteil vom 23. August 1994 - 1 C 19.91 -, Buchholz 11, Art. 12 GG Nr. 231, S. 22 (30) - Spielbank -; BVerwG, Urteil vom 28. März 2001 - 6 c 2.01 -, NJW 2001, 2648 (2650) - Sportwette -.

          Nach den vorstehenden Ausführungen ist aber die Durchführung von Lotterien im Allgemeinen als sozialadäquat anzusehen.

          Etwas anderes hat auch das Bundesverwaltungsgericht im niedersäch­sischen Pilotverfahren nicht entschieden.

          Urteil vom 29. Juni 2000 - 1 c 26.99 -, GewArch 2000, 386 ff.

          Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich lediglich, dass die in Anwendung nichtrevisiblen Landesrechts vertretene Auffassung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht, die dortige Erlaubnisvorschrift stelle ein Repressivverbot mit Befreiungsvorbehalt dar, was aber nicht außerhalb des Grundrechtsschutzes stehe, Bundesrecht nicht verletzt, ohne dass das Bundesverwaltungsgericht dem ausdrücklich gefolgt wäre. Vielmehr legen die Ausführungen des Ge­richts eher eine Tendenz zur gegenteiligen Ansicht nahe, wenn es heißt: "Unter diesen Umständen kommt es nicht darauf an, ob be­reits die Annahme eines Repressivverbots für Lotterien allgemein oder doch für bestimmte Lotterien durchgreifenden Bedenken begeg­nen kann, die auch aus einer mit dem Ziel der Eindämmung des Spieltriebs nur schwer zu vereinbarenden aggressiven und ausufernden Geschäftspolitik bestimmter Veranstalter abgeleitet werden könnten, wie sie im Lotteriewesen vielfach zu beobachten ist und von den Aufsichtsbehörden offenbar unbeanstandet bleibt.“ Eine abschließende Festlegung ist damit jedenfalls im Sinne der ersten Auslegungsalternative nicht verbunden.

          Aus den vorgenannten Gründen teilt die Kammer die Auffassung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts,

          Urteil vom 9. Juni 1999 - 11 L 5445/98 -, GewArch 2000, 116,

          im Pilotverfahren nicht, das von der Zuordnung des - mit § 2 LottVO nahezu wortgleichen - dortigen Erlaubnistatbestandes als Repressivverbot, also von der Sozialschädlichkeit des Lotteriewesens ausgeht. Würde die Vorschrift als repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt eingestuft, was auf eine Zurücknahme des Grundrechtsschutzes hinausliefe, so hätte dies - hält man diese Katego­risierung überhaupt für leistungsfähig - eine restriktive Ausle­gung der Genehmigungsvoraussetzungen, namentlich des § 2 Nr. 1 LottVO, zur Folge, die sich an der grundsätzlichen Sozialschäd­lichkeit einer Lotterie und damit an dem Ziel, die Zahl der Lotterien auf das unerlässliche Maß zu beschränken, orientieren müsste. Dann wäre die Annahme eines hinreichenden öffentlichen Bedürfnis­ses bereits bei Vorliegen einer gemeinnützigen Gewinnverwendungs­absicht aber widersprüchlich.

          So aber: VG Hannover, Urteil vom 12. Juni 1998 - 10 A 163/98 -, S. 12 UA; OVG Nds. Urteil vom 9. Juni 1999 - 11 L 5445/98 -, GewArch 2000, 116 (117); BayVG München, Urteil vom 25. Januar 2001 - M 29 K 95.6137 -, S. 18 UA; BayvGH, Beschluss vom 24. Juli 2001 - 22 ZB 01.1160 -, s. 5 f. des Beschlussabdrucks.

          Sollten die vom Beklagten bezeichneten Gefahren nämlich tatsäch­lich bestehen, wäre ihnen auf diese Weise keinesfalls zu begegnen. Da jedoch kein Grund vorliegt, die Zahl der Lotterien gering zu halten, weil sie nicht prinzipiell sozial unerwünscht sind, ist die Bedürfnisprüfung aus den oben angeführten verfassungsrechtli­chen Gründen gänzlich hinfällig. Konsequenterweise wäre - will man an der Zuordnung zu einem der beiden Institute überhaupt festhal­ten - § 2 LottVO als sog. Präventivverbot mit Erlaubnisvorbehalt anzusehen. Damit wird die Veranstaltung von Lotterien lediglich deshalb dem Genehmigungsvorbehalt der Verwaltung unterstellt, um dieser Gelegenheit zu geben, die Einhaltung der rechtlichen Voraussetzungen zu prüfen und zu sichern. Das sind die Übrigen sich aus der Vorschrift ergebenden Zulassungserfordernisse (vgl. § 2 Nrn. 2 bis 4 LottVO)

          bbb) Selbst wenn sich § 2 LottVO auf ein überragendes Gemein­schaftsgut stützen könnte, wäre die Zugangsbeschränkung in Nr. 1 nicht zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlich schwerer Gefahren für dieses Gut zwingend erforderlich. Nach der Rechtspre­chung des Bundesverfassungsgerichts,

          Urteil vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 596/56 -, BVerfG 7, 377 (408),

          sind an den Nachweis der Notwendigkeit einer objektiven Zulassungsbeschränkung besonders strenge Anforderungen im vorgenannten Sinne zu stellen. Diesen genügt die Bedürfnisklausel nicht. Es be­stehen nämlich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sie zur Abwehr schwerer Gefahren für die Allgemeinheit zwingend erfor­derlich wäre, weil bei ihrem Wegfall eine Gefährdung des Vermögens und/oder der Gesundheit potentieller Lotterieteilnehmer zu be­fürchten wäre.

          Es kann nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegan­gen werden, dass durch das Entfallen der Bedürfnisprüfung, das zu einem Ansteigen von Lotterieangeboten führen kann, Vermögen und Gesundheit von Lottospielern mehr gefährdet würden als wenn es bei der Bedarfsprüfung bliebe. Dies könnte nur dann angenommen werden, wenn in der Vergangenheit nur eine geringe Anzahl von Lotterien auf Grund einer restriktiven Handhabung der Bedürfnisklausel ge­nehmigt worden wäre und es durch Wegfall jener Note zu einem Über­angebot an Lotterien käme, das die Spielleidenschaft in nicht mehr hinzunehmender Weise "anheizen“ könnte. Dass dies indessen gerade nicht der Genehmigungspraxis des Beklagten entsprochen hat, wurde bereits dargelegt. Bereits jetzt könnte eine etwa vorhandene Spielleidenschaft bei den zahlreichen vorhandenen Lotterien ggfs. auch in exzessiver Weise befriedigt werden, schlimmstenfalls bis hin zur Gefährdung von Gesundheit und Vermögen. Der Bestand der vorhandenen Angebote würde durch den Wegfall der Bedürfnisprüfung naturgemäß nicht berührt. Träten zu den bestehenden Veranstaltun­gen neue hinzu, kann schwerlich angenommen werden, gerade diese würden zu einer Ausuferung des Spieltriebs führen oder zum Einstieg ins Glücksspiel verleiten. Es ist eher zu vermuten, dass es zu einer Verlagerung von aus der Sicht des Spielers weniger at­traktiven zu anderen Veranstaltungen - möglicherweise zu Lasten der staatlichen Lotterien - kommt. Letzteres ist im vorliegenden rechtlichen Zusammenhang indes irrelevant.

          Angesichts der von den Lotterieveranstaltern schon heute betriebe­nen und vom Beklagten hingenommenen aggressiven Werbung kann auch nicht ernstlich davon ausgegangen werden, vermehrte Werbung durch neu zugelassene Veranstalter könne die Spielleidenschaft in der Bevölkerung in bedenklicher Weise herausfordern oder fördern. Könnte wegen der Befürchtung eines verschärften Konkurrenzkampfes das Hinzutreten neuer Veranstalter verhindert werden, wirkte sich dies als Konkurrenzschutz für die bestehenden Lotterieveranstaltungen aus. Der Konkurrenzschutz, der niemals Zweck einer Zulassungsregelung sein darf, muss indes auch als Nebenwirkung vermie­den werden, wo er nicht wirklich unvermeidlich ist.

          BVerfG, Urteil vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 596/56 -, BVerwGE 7, 377 (408); Beschluss vom 8. Juni 1960 - 1 BvL 53/55 u.a. -, BVerwGE 11, 168 (188 f.)

          Unvermeidlich ist er aus den vorstehenden Erwägungen nicht.

          Außerdem können - wie bereits angesprochen - gewisse die Spiellust anregende Elemente wie beispielsweise überzogene Lotterie- und Gewinnangebote durch entsprechende Genehmigungsbestimmungen hintan­gehalten werden, ohne dass es der Erlaubnisversagung insgesamt be­dürfte. Auch im Übrigen hat es die Genehmigungsbehörde in der Hand, durch Kontrolle des Spielplans Auswüchse oder Manipulationen zu verhindern.

          Zu jenem Gesichtspunkt auch: Ossenbrühl, VerwArch 86 (1995), 187 (201).

          Darüber hinaus stellt die Lotterieaufsicht ein effizientes Mittel zur Kontrolle der Einhaltung erteilter Nebenbestimmungen dar. Ge­rade weil Lottogenehmigungen üblicherweise befristet erteilt werden und der Klageantrag auch lediglich auf Erteilung einer Ge­nehmigung für ein Jahr gerichtet ist, kann ein Umgehen von Aufla­gen oder Bedingungen weitestgehend ausgeschlossen werden, weil an­dernfalls eine Erlaubnisverlängerung ausscheidet.

          Schließlich ist nicht anzunehmen, dass bei Wegfall der Bedürfnisprüfung und Genehmigung des vorliegenden Lotterievorhabens die vom Beklagten bezeichneten Gefahren einträten. Denn die geplante Lotterie ist weder nach Spielplan noch nach Spieleinsatz oder Gewinnerwartung geeignet, einem von den bestehenden Angeboten etwa noch nicht abgedeckten Spieltrieb in sozial inadäquater Weise Vor­schub zu leisten. Ausweislich der aktualisierten Allgemeinen Teil­nahmebedingungen vom x. Juli 2001 ist der monatliche Einsatz eines Spielers auf 10,- Euro, also einen verhältnismäßig geringfügigen Betrag festgelegt, der grundsätzlich vom Bank- oder Girokonto ab­gebucht wird. Seine individuelle Losnummer erhält der Teilnehmer durch das in den Teilnahmebedingungen beschriebene Postleitzahlen system. Über dieses in den Niederlanden praktizierte System ist dort ein gewisser - auch für Deutschland erwarteter - Nachbar­schaftseffekt erzielt worden, weil sich die gewinnende Losnummer auf eine Straße oder einen Bezirk erstreckt. Dadurch soll zwar ein Anreiz zum gemeinsamen Spiel mit Familienmitgliedern oder Nachbarn geschaffen werden; dieser ist aber bereits angesichts der Gering­fügigkeit der einzusetzenden Beträge und der sich von Gewinnen an­derer Lotterien nicht deutlich abhebenden Preise (Hauptpreis von monatlich 50.000,- Euro) nicht geeignet, eine sozial unverträgli­che Spielleidenschaft zu erzeugen oder gar zum Einstieg ins Glücksspiel zu verleiten. Dies gilt umso mehr, als der Spendenge­danke nach Angaben der Klägerin zu 10. in den Vordergrund des Spiels gestellt werden soll. Dem Risiko eines unbegrenzten Erwerbs von Losen durch einen Teilnehmer - soweit es überhaupt besteht - könnte überdies durch die von der Klägerin zu 10. angebotene Be­schrankung des Höchsteinsatzes pro Spieler begegnet werden.

          ccc) Die objektive Berufszulassungsbeschränkung des § 2 Nr. 1 LottVO ist mit Art. 12 Abs. 1 GG selbst dann unvereinbar, wenn man für ihre Zulässigkeit nur forderte, dass mit ihr wichtige Gemeinwohlbelange verfolgt werden. Diese herabgestuften Anforderungen hat das Bundesverfassungsgericht unlängst in einer Entscheidung zum Spielbankwesen verlangt.

          Beschluss vom 19. Juli 2000 - 1 BvR 539/96 -, GewArch 2001, 61 (62).

          Aus den Besonderheiten des Spielbankbetriebs, der eine an sich un­erwünschte Tätigkeit sei, die der Staat indes zur Eindämmung des illegalen Glücksspiels und zum Schutz der natürlichen Spielleidenschaft vor strafbarer Ausbeutung erlaube, und der verfassungs­rechtlich unbedenklichen Begrenzung der Spielbanken hat das Ge­richt abgeleitet, dass der Zugang zu jenem Beruf bereits zur Ver­folgung wichtiger Gemeinwohlbelange beschränkt werden dürfe. Diese lägen in der Abwehr von Gefahren, die der Bevölkerung und den Spielteilnehmern durch das öffentliche Glücksspiel drohten. Auch derartige Beschränkungen erforderten aber die strikte Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.

          Es kann offen bleiben, ob ,die in dieser Entscheidung aufgestellten Grundsätze für die Veranstaltung öffentlicher Lotterien mit Rück­sicht auf die vorstehenden Ausführungen Geltung beanspruchen kön­nen und ob sich die Bedürfnisregelung des § 2 Nr. 1 LottVO auf (lediglich) wichtige Gemeinwohlbelange stützen kann. Denn auch dann wäre die Norm aus den unter bbb) angeführten Gründen zur Ge­fahrenabwehr weder geeignet noch erforderlich.

      3. Ist nach alledem § 2 Nr. 1 LottVO verfassungswidrig und damit nichtig, steht der Klägerin zu 10. aus der im Übrigen wirksamen Regelung des § 2 LottVO ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigung zu. Dabei ist die Norm im Übrigen anzuwenden, weil die Genehmigungsanforderungen der Nrn. 2 bis 4 verfassungsrechtlich unbedenklich sind und gegenüber der nichtigen Bestimmung eine selbstständige Bedeutung haben (aa) . Die Voraussetzungen jener Be­stimmung sind erfüllt (bb) . Ob dem Beklagten noch ein Restermessen bei Genehmigungserteilung zusteht, kann dahinstehen, weil jeden­falls ein Fall der Ermessensreduzierung auf Null gegeben ist (cc)

          aa) Die übrigen Genehmigungsvoraussetzungen des § 2 LottVO bleiben anwendbar. Aus der Nichtigkeit einzelner Vorschriften folgt die Nichtigkeit der gesamten Rechtsverordnung nur dann, wenn die übri­gen mit der Rechtsordnung zu vereinbarenden Bestimmungen keine selbstständige Bedeutung haben oder wenn sie mit der nichtigen Vorschrift eine untrennbare Einheit bilden.

          vgl. zur (Teil-)Nichtigkeit von Gesetzen: BVerwG, Beschluss vom 12. November 1958 - 2 BvL 4/56 u.a. - BVerfG 8, 274 (301); Beschluss vom 31. Mai 1990 - 2 BvL 12, 13/88, 2 BvR 1436/87 -, BVerwGE 82, 159 (189) m.w.N.

          Die sonstigen Vorschriften der Lotterieverordnung, einschließlich der übrigen Genehmigungsvoraussetzungen des § 2, stehen mit höher­rangigem Recht in Einklang. Namentlich sind Verstöße gegen Grund­rechte insoweit weder vorgetragen noch erkennbar. Soweit § 2 LottVO Einschränkungen der Berufsfreiheit enthält, sind diese zum Schutz der Bevölkerung vor eigennützigen, unzuverlässigen, ggfs. betrügerischen Veranstaltern unerlässlich. Die Rechtmäßigkeit je­ner Bestimmungen wird von der Nichtigkeit des § 2 Nr. 1 LottVO auch nicht berührt, weil sie sinnvoll für sich bestehen können. Insbesondere haben die Regelungen der Nrn. 2 bis 4 LottVO selbst­ständige Bedeutung bei der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit eines Lotterievorhabens. Sie verlieren ihren Sinn infolge der Nichtig­keit des Bedürfnisvorbehalts nicht.

          bb) Die Voraussetzungen des § 2 Nrn. 2 bis 4 LottVO liegen vor.

          Danach darf eine Lotterie oder Ausspielung nur genehmigt werden, wenn

            2. ihr Ertrag Zwecken zugute kommt, die allgemeiner Billigung si­cher sind,
            3. der Ertrag, die Gewinne und die Unkosten in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen und
            4. der Veranstalter genügend Gewähr für die ordnungsmäßige Durch­führung der Lotterie oder Ausspielung sowie für die zweckentspre­chende Verwendung ihres Ertrages bietet.

          aaa) Bei der von der Klägerin zu 10. geplanten Veranstaltung han­delt es sich um eine Lotterie i.S.d. § 2 LottVO. Hierunter ist ein Unternehmen zu verstehen, bei den einer Mehrzahl von Personen die Möglichkeit eröffnet wird, nach einem bestimmten Plan gegen einen bestimmten Einsatz ein vom Eintritt eines zufälligen Ereignisses abhängiges Recht auf einen bestimmten Geldgewinn zu erwerben.

          Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 1957 --1 5 121.56 -, BVerwGE 4, 294 ~296( ; OVG NRW, Urteil vom 16. Mai 1956 - IV A 190/54 -, OVGE 11, 79 (80); OVG Rh.-Pf., Urteil vom 24. Oktober 1990 - 2 A 10034/90.OVG -, GewArch 1991, 99 (100); BayVGH, Urteil vom 30. August 2000 - 22 B 00.1833 -, GewArch 2000, 65 (66); Voßkuhle, VerwArchiv Bd. 87 (1996), 395 (401); dieser Lotteriebegriff liegt auch den Verwaltungsvorschriften zur Lotterieverordnung in Nordrhein-Westfalen (Runderlass des Innenmi­nisters vom 12. Juni 1990, MinBl. NRW 1990, 890) zu Grunde: vgl. Nr. 3 LottVOVV.

          Diese Voraussetzungen sind gegeben. Ausweislich der aktualisierten Allgemeinen Teilnahmebedingungen für das Projekt in der Fassung vom x. Juli 2001 wird die Veranstaltung in der bereits oben be­schriebenen Weise durchgeführt, nämlich dergestalt, dass jede Per­son, die an der Lotterie teilnehmen will, einen Betrag von 10,- Euro für ein Monatslos bezahlen muss und mitteilt, unter welcher Postleitzahl sie mitspielen möchte. Zu dieser Postleitzahl wird durch Zufallsgenerator eine Buchstaben- und Zahlenkombination hinzugefügt, die die individuelle Losnummer darstellt. Mit der Einzahlung der Einlage wird jedem Teilnehmer ermöglicht, nach dem Zufallsprinzip einen Geldgewinn zu erhalten: Zur Bestimmung der gewinnenden Losnummern finden in jedem Monat eine Hauptziehung, Wochenziehungen, eine Jackpotziehung und Sachpreisziehungen statt, wobei der Hauptgewinn 50.000,-- Euro beträgt und monatlich minde­stens 25 %, im Jahresdurchschnitt 27 % des Bruttoumsatzes als Ge­winne ausgeschüttet werden. In den Teilnahmebedingungen werden weitere Einzelheiten über die Modalitäten der Teilnahme, die Spielweise, die Ausschüttung der Gewinne und das Verfahren bei der Ziehung geregelt.

          bbb) Die Lotterie soll auch öffentlich veranstaltet werden (vgl. § 2 i.V.m. § 1 LottVO), weil sich die Teilnahme nicht auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt, sondern jeder natürlichen Person ab Vollendung des 18. Lebensjahres offen steht (Teil B. Nr. 1 der Teilnahmebedingungen)

          Zum Begriff der öffentlichen Lotterie vgl.: BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 1957 - 1 B 121.56 -, BVerwGE 4, 294 (297).

          ccc) Ihr Ertrag kommt auch Zwecken zugute, die allgemeiner Billi­gung sicher sind (§ 2 Nr. 2 LottVO).

          Unter Ertrag ist, wie der Vergleich mit Nr. 3 der Vorschrift zeigt, der Reinerlös der Lotterieeinnahmen nach Abzug aller Unko­sten und Gewinnausschüttungen zu verstehen. Allgemeiner Billigung sicher sind Zwecke, die allgemeinen Interessen dienen.

          vgl. BayVG München, Urteil vom 25. Januar 2001 - M 29 K 95.6137 -, S. 13 UA; BayVGH, Beschluss vom 24. Juli 2001 - 22 ZB 01.1160 -, S. 7 des Beschlussabdrucks; ferner: BayvGH, Urteil vom 20. Oktober 1980 - 22 B 80 A.704 -, GewArch 1981, 89 (91); Urteil vom 11. Februar 1983 - 5 B 81 A.2400 -, Bay\JB1. 1983, 467 (468); Tettinger, S. 55.

          Das sind soziale, kulturelle und sonstige gemeinnützige Zwecke (vgl. dazu auch Nr. 4.2 LottVOVV.

          Solchen Zwecken kommt der Nettoerlös der geplanten Lotterie zu­gute. Nach § 2 der Satzung der Klägerin zu 10. in der genehmigten Fassung vom xx. November 2000 sind Stiftungszwecke die Förderung des Natur- und Umweltschutzes sowie der Entwicklungszusammenarbeit einschließlich der Mittelbeschaffung für die Verwirklichung dieser Zwecke durch andere Körperschaften. Im Bereich des Natur- und Um­weltschutzes sollen danach u.a. Maßnahmen und Projekte oder Orga­nisationen und Einrichtungen unterstützt werden, die den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen von Menschen, Tieren und Pflanzen fördern, sich für die Verbesserung dieser Lebensgrundlagen einset­zen und deren Zerstörung entgegenwirken und die die Lebensbedin­gungen der Menschen in den sog. Entwicklungshilfeländern verbes­sern. Die Billigung des Umweltschutzes durch die Allgemeinheit kommt in Art. 20 a GG zum Ausdruck,

          so auch: Tettinger, S. 56,

          und die Entwicklungshilfe liegt ebenfalls im öffentlichen Inter­esse. Ausweislich der genannten Satzungsbestimmung sollen die Sat­zungszwecke durch Veranstaltung einer Lotterie und Verteilung des Reinerlöses der Lotterie an gemeinnützige Einrichtungen verwirk­licht werden. Soweit im ablehnenden Bescheid angeklungen ist, die geplante Verwendung eines Teils der Zweckerträge im Ausland sei problematisch, steht dieser Einschätzung entgegen, dass die Vor­schrift nach ihrem Wortlaut nicht verlangt, der Lotterieerlös müsse gemeinnützigen Zwecken im Inland zugute kommen. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte, dass der Verordnungsgeber der Norm die­sen einschränkenden Regelungsinhalt beigeben wollte. Sinn und Zweck der Regelung gebieten eine solche Eingrenzung ebenfalls nicht, weil sie nur) sicherstellen soll, dass eine Lotterie nicht zur Verfolgung eigennütziger wirtschaftlicher Interessen betrieben werden soll. Dass der Beklagte die - im Bescheid nur beiläufig ge­äußerte - Auffassung im Klageverfahren nicht weiter vertieft hat, lässt überdies die Annahme zu, er wolle hieran nicht mehr festhal­ten.

          Ernstliche Zweifel, dass der Reinertrag der Lotterieeinnahmen den vorgenannten gemeinnützigen Zwecken tatsächlich zugute kommen wird, bestehen entgegen der Auffassung des Beklagten nicht. Aus­weislich der Anlage A zum Dienstleistungsvertrag zwischen der Betriebsgesellschaft und der N GmbH vom x. August 2001 sind - vorbehaltlich einer abweichenden Entschei­dung durch die Genehmigungsbehörde - 38,33 % des Bruttoerlöses, d.h. der Gesamtsumme der durch die Lotterieteilnehmer eingezahlten Gelder, an die Stiftung zur Erfüllung ihrer Zwecke auszuschütten. In § 2 der Stiftungssatzung ist geregelt, dass höchstens 70 % die­ses Reinerlöses den begünstigten Einrichtungen (damit sind gegen­wärtig die Kläger zu 1.-9. gemeint) und mindestens 30 % an andere Umwelt- und Entwicklungshilfeorganisationen zu verteilen sind. über die Verteilung entscheiden nicht die Kläger zu 1.-9., sondern der Stiftungsrat (§ 10 Nr. 6 und 7 der Stiftungssatzung); der Stiftungsvorstand führt die Mittelverteilung durch (§ 8 Abs. 2 Nr. 4 der Satzung) . Da die Klägerin zu 10. der Stiftungsaufsicht unterliegt und der Beklagte es überdies in der Hand hat, den tat­sächlichen Mittelzufluss an die o.a. gemeinnützigen Organisationen zunächst durch entsprechende Genehmigungsbestimmungen, sodann durch die Lotterieaufsicht sicherzustellen, ist eine (offenbar be­fürchtete) Umgehung der Satzungsvorgaben durch die Klägerin zu 10. bzw. die Betriebsgesellschaft auszuschließen, wollen sie nicht den Lizenzverlust riskieren. Insbesondere ist der Beklagte nicht ge­hindert, der Klägerin zu 10. aufzugeben, die Mittelverwendung nachzuweisen und die Genehmigung befristet und mit einem Genehmi­gungsvorbehalt zu versehen, wie es in den bisherigen Genehmigungs­bescheiden in anderen Bundesländern auch erfolgt ist. Die Kläger haben derartige Regulierungsmöglichkeiten selbst mehrfach ange­regt. Von daher sind die vom Beklagten geltend gemachten Bedenken nicht nachvollziehbar.

          Kommt der Ertrag der geplanten Veranstaltung aus den vorstehenden Gründen den in § 2 Nr. 2 LottVO genannten Zwecken zugute, kann da­hinstehen, ob die Normvoraussetzungen bereits deshalb erfüllt sind, weil die Stiftung steuerbegünstigte Zwecke im Sinne der Abgabenordnung verfolgt.

          ddd) Der Ertrag, die Gewinne und die Unkosten stehen in einem an­gemessenen Verhältnis zueinander (§ 2 Nr. 3 LottVO)

          Da der Verordnungsgeber auf die Festlegung fixer Beträge und ins­besondere eines maximalen Kostenanteils verzichtet hat, kommt es auf eine einzelfallbezogene Bewertung an. Die Kammer hält aller­dings die Vorgaben der der Genehmigungspraxis des Beklagten zu Grunde liegenden (normkonkretisierenden) Verwaltungsvorschriften für vertretbar, wonach Reinertrag und Gewinnsumme mindestens ein Viertel des Spielkapitals ausmachen müssen (Nr. 4.31 und 4.32 LottVOVV) . Diesen Anforderungen genügt das Vorhaben. In der Anlage A zum oben erwähnten Dienstleistungsvertrag ist vereinbart, dass der Bruttoerlös der Lotterie wie folgt verwendet wird: Lotterie­steuer 16,67 %, Preise 27 %, Kosten der Durchführung der Lotterie 18 %, Ausschüttung an die Stiftung zur Erfüllung ihrer Zwecke 38,33 %. Die Wahrung des Verhältnisses der Beträge zueinander, ggfs. auch eine aus Sicht des Beklagten notwendige Modifizierung, kann durch entsprechende Nebenbestimmungen im Genehmigungsbescheid und die Lotterieaufsicht ohne weiteres Gewähr leistet werden, weil bei einem Verstoß Widerruf oder Nichtverlängerung der Erlaubnis droht.

          Auch sonst ist kein Grund ersichtlich, aus dem eine Angemessenheit i.S.d. § 2 Nr. 3 LottVO zu verneinen wäre. Insbesondere sind die mit dem Lotterievorhaben verbundenen Kosten im Verhältnis zu den auszuschüttenden Gewinnen und dem Reinertrag entgegen der Auffas­sung des Beklagten mit 18 % nicht unangemessen hoch veranschlagt, zumal der gemeinnützigen Zwecken zugute kommende Netteerlös mit 38,33 % deutlich über den Anforderungen von Nr. 4.31 LottVOVV von 25 % liegt. Überdies handelt es sich bei der angegebenen Kostenquote um einen Höchstbetrag, der - wie sich von selbst versteht -vom Umsatz des Unternehmens abhängt. Die vom Beklagten angeführten Befürchtungen, dieser Betrag werde möglicherweise (deutlich) über­schritten, greifen nicht durch. Dies gilt schon mit Blick auf die Vertragsgestaltungen zwischen der Betriebsgesellschaft und der N GmbH. Nach § 5 Nr. 1 Abs. 1 des zwischen diesen geschlossenen Dienstleistungsvertrages erhält die Geschäftsführungsgesellschaft jährlich einen Bruttobetrag von 17 % des Bruttoerlöses der Lotterie. Mit diesem Betrag sind nach Abs. 2 sämtliche Kosten der Durchführung der Lotterie zu decken; darin enthalten sind auch die 2%ige Lizenzgebühr an N und die 2%ige Managementgebühr an die N GmbH. Nicht erfasst sind lediglich die Kosten der Klägerin zu 10. Ihr steht der verbleibende l%- ige Kostenanteil zur Deckung eigener Ko­sten zu. Dies ist der zwischen der Klägerin zu 10., der Betriebsgesellschaft, N und der N GmbH geschlossenen Vereinbarung vom xx. August 2001 zu entnehmen, die dies für die Jahr 2002 bis 2004 regelt. Der Einwand des Beklagten, die Kosten der Stiftung seien im Pauschbetrag von 18 % nicht ent­halten, ist somit unzutreffend.

          Ob sog. externe Kosten auf Teilnehmerebene als Kosten i.S.v. § 2 Nr. 3 LottVO gelten und ob diese dem angegebenen Kostenanteil hin­zuzurechnen sind, mag auf sich beruhen. Der Beklagte selbst macht in diesem Zusammenhang nämlich lediglich Porto- und Abbuchungsko­sten geltend. Abgesehen davon, dass er dem Vorbringen der Klägerin zu 10., neben den Bankabbuchungsgebühren fielen allenfalls einma­lige Portokosten an, nicht weiter entgegengetreten ist, ist ange­sichts der Geringfügigkeit jener Beträge ein deutliches Über­schreiten der vorgesehenen Kostenquote höchst unwahrscheinlich. Schon gar nicht kann von einem Überschreiten des vom Beklagten selbst als Maximalquote angesehenen Betrages von 25 % ausgegangen werden. Jedenfalls hat der Beklagte keine dies belegende Kosten­aufstellung vorgelegt.

          Die Kostenquote von 18 % widerspricht auch nicht dem den verordnungsrechtlichen Vorgaben immanenten Minimierungsgebot, das in Nr. 4.33 LottVOVV seinen Niederschlag gefunden hat. Danach müssen die Unkosten der Lotterie zur Erzielung eines möglichst hohen Reinertrages auf das niedrigste Maß beschränkt werden.
          Zwar erweckt § 5 des Dienstleistungsvertrages den Eindruck, die Xgesellschaft erhalte immer - unabhängig vom tat­sächlichen Umsatzverlauf - 17 % der eingespielten Gelder. Die Klä­gerin zu 10. ist aber dem Vorbringen des Beklagten, es handele sich deshalb um eine (unzulässige) fixe Kostenpauschale, mit nach­vollziehbaren Erwägungen entgegengetreten, deren Richtigkeit sich auch aus den Vertragsgestaltungen ergibt. Nach Angaben der Kläge­rin zu 10. soll mit der Veranschlagung jenes Prozentbetrages nur zum Ausdruck gebracht werden, dass dieser als Obergrenze zur Deckung sämtlicher Lotteriekosten feststeht. Sollte der nach Abzug der Lizenz- und Managementgebühren sowie des Kostenanteils für die Stiftung verbleibende Kostenanteil von 13 % nicht verbraucht wer­den, kommt der höhere Gewinn nach Darstellung der Klägerin zu 10. nicht der N GmbH, sondern der Stiftung zugute, die ihn an gemeinnützige Einrichtungen weiterzugeben hat. Eine entsprechende Erklärung hat die Klägerin zu 10. in der münd­lichen Verhandlung vom 31. August 2001 zu Protokoll gegeben. Dass diese Angaben zutreffen, folgt zudem (jedenfalls mittelbar) aus § 2 Abs. 3 der Stiftungssatzung, wonach der (gesamte) Reinerlös der Lotterie an gemeinnützige Einrichtungen zu verteilen ist, aus § 3 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages der Betriebsgesellschaft, demzufolge die Mittel der Gesellschaft nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden dürfen, sowie aus § 6 Nr. 1 des schon mehrfach erwähnten Dienstleistungsvertrages, ausweislich dessen die an die Stiftung auszuzahlenden Zweckerträge grundsätzlich un­mittelbar nach Auszahlung der Preise fällig und zahlbar sind. So­weit nach jener Klausel ausnahmsweise eine Stundung der Auszahlung durch die Stiftung zulässig ist, erfolgt dies zu Gunsten der - gemeinnützigen -Betriebsgesellschaft bis höchstens zum Schluss des Geschäftsjahres. Spätestens danach steht der gestundete Be­trag, der in Höhe des jeweils geltenden Diskontsatzes zu verzinsen ist, der Stiftung und damit den gemeinnützigen Zwecken ungeschmä­lert zur Verfugung.

          Zu diesem Gesichtspunkt vgl. bereits VG Hannover, Urteil vom 12. Juni 1998 - 10 A 163/98 -, S. 13 f. UA.

          Dem Beklagten bleibt unbenommen, in den Genehmigungsbescheid eine Nebenbestimmung aufzunehmen, die eine Weiterleitung nicht ver­brauchter Gelder an die Stiftung bei Unterschreiten der veran­schlagten Kostenquote sicherstellt. Die Kläger haben sich im Ter­min zur mündlichen Verhandlung ausdrücklich mit einer entsprechen­den Auflage einverstanden erklärt. Dass die Transparenz der Ein­nahmen und Ausgaben der Lotterie zu Gewähr leisten ist, bedarf keiner Erläuterung.

          Ist mithin die vorgesehene Kostenquote nicht unangemessen, kommt es auf den Einwand des Beklagten, die Kostenstruktur bei staatli­chen Lotterien sei günstiger als bei dem Lotterievorhaben der Klä­gerin zu 10., nicht weiter an, namentlich nicht auf mögliche Ursa­chen hierfür, die nach dem klägerischen Vorbringen insbesondere in einer großzügige Unterstützung Dritter, etwa der Rundfunk- und Fernsehanstalten, bestehen. Dahinstehen kann auch, ob bei den staatlicherseits betriebenen Unternehmen insgesamt günstigere Re­lationen zwischen den in § 2 Nr. 3 LottVO genannten Parametern be­stehen - was der Beklagte bezeichnenderweise nicht behauptet hat -und ob die Angaben der Klägerin zu 10. zutreffen, andere eta­blierte Lotterieveranstaltungen überschritten die Kostengrenze von 18 %.

          eee) Die Klägerin zu 10. als Veranstalterin bietet auch genügend Gewähr für die ordnungsmäßige Durchführung der Lotterie sowie für die zweckentsprechende Verwendung ihres Ertrages (§ 2 Nr. 4 LottVO).

          Sie ist ungeachtet der Vertragsbeziehungen mit niederländischen Gesellschaften Veranstalterin der geplanten Lotterie. Dafür ist zunächst ausschlaggebend, dass sie nach außen, also potentiellen Lotterieteilnehmern gegenüber, als solche auftritt. Dies ist durch § 2 Abs. 3 Nr. 1 der Stiftungssatzung Gewähr leistet, wonach sie eine Lotterie zur Erfüllung ihrer Zwecke, der Förderung des Natur ­und Umweltschutzes sowie der Entwicklungszusammenarbeit, Veran­stalter. Soweit sie sich nach derselben Bestimmung hierzu der Betriebsgesellschaft bedient, tritt diese nicht als Veranstalterin in Erscheinung, weil sie die Lotterie im Namen und für Rechnung der Stiftung durchführt (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages) . Das Gleiche gilt für die Tochtergesellschaft der niederländischen N, die N GmbH, die zwar von der Betriebsgesellschaft mit der Führung des Geschäftsbetriebes und damit mit sämtlichen Tätigkeiten, die zur Durchführung der Lotterie erforderlich sind, beauftragt ist (§ 1 Nr. 1 des Dienstleistungsvertrages), ihre Tätigkeit aber im Interesse, im Namen und für Rechnung der Betriebsgesellschaft ausübt (§ 1 Nr. 3) . Damit hat die Klägerin zu 10. zwar (im "Innenverhältnis“) mit der Durchführung der Lotterie verbundene Aufgaben delegiert, im Außenverhältnis ist aber gesichert, dass als Lotterieveranstaltern eine gemeinnützige Stiftung und nicht eine solche juristi­sche Person auftritt, mit der die Öffentlichkeit möglicherweise eine Gewinnerzielungsabsicht verbindet.

          Auch im "Innenverhältnis“ ist ein maßgeblicher Einfluss der Klägerin zu 10. auf die Lotterieveranstaltung gesichert: Sie ist Grün­den und Alleingesellschafterin der Betriebsgesellschaft. Der Ge­genstand jenes Unternehmens besteht allein in der Förderung des Natur- und Umweltschutzes sowie der Entwicklungszusammenarbeit einschließlich der Mittelbeschaffung für die Verwirklichung dieser steuerbegünstigten Zwecke durch andere Körperschaften (§ 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages) . Die Gesellschaft verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke (§ 3 Abs. 1 des Vertra­ges) . Ihre Mittel dürfen überdies nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden; die Gesellschafter dürfen keine Gewinnan­teile und auch keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln der Körper­schaft erhalten (§ 3 Abs. 4 des Vertrages) . Der Aufsichtsrat der Gesellschaft besteht aus drei Mitgliedern, die von der Stiftung entsandt werden; der Vorsitzende des Aufsichtsrates ist eines der Vorstandsmitglieder der Stiftung, und die beiden anderen Mitglie­der sind die durch Beschluss des Stiftungsrates bestimmten Perso­nen (§ 8 Abs. 1 und 2 des Vertrages) . Der Aufsichtsrat erteilt Weisungen an die Geschäftsführung, soweit dadurch die Richtlinien für den Lotteriebetrieb bestimmt werden (§ 9 Abs. 1 Nr. 7 des Ver­trages) . Aus dieser Verflechtung zwischen Stiftung und Betriebsgesellschaft ergibt sich, dass gerade auch Stiftungsmitglieder das Lotteriegeschehen maßgeblich bestimmen können. Die Einflussmöglichkeiten der Betriebsgesellschaft sind rechtlich unbedenklich, weil sie keine eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgt.

          So auch: Hannover, Urteil vom 12. Juni 1998 - 10 A 163/98 -, S. 16 f. UA.; Nds. ovc, Urteil vom 9. Juni 1999 - 11 L 5445/98 -, S. 14 UA, GewArch 2000, 116 ff. (insoweit n.v.)

          Die N GmbH wiederum ist bei der Ausübung ihrer Tätigkeiten von den grundsätzlichen und speziellen Weisungen der Betriebsgesellschaft abhängig (§ 1 Nr. 3 des Dienstleistungsvertrages) . Einfluss auf die Verwendung der Zweckerträge hat sie nicht. Darüber entscheidet, wie bereits dargelegt, der Stiftungsrat. Die praktische Umsetzung dieser Regelungen ist durch entspre­chende Bestimmungen im Genehmigungsbescheid absicherbar.

          Dass die N GmbH auf Grund der ihr nach §§ 5 und 7 des vorgenannten Vertrages zustehenden Managementgebühr ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Erfolg der Lotterie hat, ist vor diesem Hintergrund ohne Belang.

          Schließlich kann N selbst das Lotteriegeschehen nicht be­einflussen: Ihre Aufgabe beschränkt sich auf die Gewährung des Nutzungsrechts an dem von ihr entwickelten Spiel, an dem Konzept, dem Know-how und der Software (§ 1 Nr. 1 des Kooperations- und Li­zenzvertrages).

          Dagegen, dass die Klägerin zu 10. genügend Gewähr für die ord­nungsgemäße Durchführung der Lotterie und die zweckentsprechende Verwendung ihrer Erträge bietet, bestehen nach den vorstehenden Ausführungen keine Zweifel. Von daher erübrigt sich ein weiteres Eingehen auf die Mehrzahl der im vorliegenden Zusammenhang vom Be­klagten vorgebrachten Argumente. Im Übrigen ist die Auffassung des Beklagten, die Stiftung finanziere sich aus den Zweckerträgen, un­zutreffend, wie sich aus dem auf S. 38 und 41 Gesagten ergibt. Die Kritik des Beklagten am Fehlen eines Kontrollorgans und -instrumentes bei der Mittelverteilung ist wegen der schon dargestellten Steuerungsmöglichkeiten bei der Genehmigungserteilung und Lotte­rieaufsicht sowie durch die Stiftungsaufsicht nicht berechtigt. Davon abgesehen durften Manipulationen hierbei schon wegen des von den Klägern zu 1.-9. betonten Interesses, ihre Anerkennung in der Bevölkerung als renommierte gemeinnützige Organisationen nicht zu gefährden, unwahrscheinlich sein.

          cc) Die Erteilung der begehrten Lotteriegenehmigung stellt die einzig ermessensfehlerfreie Entscheidung dar.

          Die Kammer lässt offen, ob angesichts des Wortlauts des § 2 LottVO ("darf nur genehmigt werden, wenn“) der Behörde noch ein Ermes­sensspielraum eingeräumt ist, oder ob die Ausführungen zur Berufs­freiheit unter II.2.b. bei Erfüllung der alle ersichtlichen öf­fentlichen Belange abfangenden Genehmigungsvoraussetzungen durch die Klägerin zu 10. zu einem gebundenen Anspruch führen. Denn da die geplante Veranstaltung einer Lotterie in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG fällt und die Klägerin zu 10. die Voraussetzun­gen des (zulässige) Grundrechtsschranken enthaltenden § 2 Nrn. 2 bis 4 LottVO erfüllt, kann die Vorschrift verfassungskonform nur dahingehend ausgelegt werden, dass der Behörde allenfalls noch ein "Restermessen“ verbleibt, weil diejenigen Erwägungen, die zur Ver­sagung der Genehmigung führen können, grundsätzlich abschließend im Rahmen der Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen sind. Dieses ihm allenfalls zuzubilligende Restermessen dürfte sich nur auf tatbestandlich nicht formulierte, untypische Gesichtspunkte beziehen, die dem Freiheitsrecht aber befugtermaßen entgegengehalten werden könnten. Solche Aspekte sind nicht erkennbar und vom Beklagten auch nicht benannt.
          Da die Veranstaltung von Lotterien entgegen der Auffassung der Be­klagten nicht als sozial schädlich anzusehen ist, kann der Ge­sichtspunkt einer notwendigen zahlenmäßigen Begrenzung von Lotte­rien zum Zwecke der Kanalisierung und Eindämmung jener Spiele bei der Ermessensbetätigung nicht herangezogen werden. Dieses Krite­rium ist zudem deshalb untauglich, weil im Hinblick auf die Viel­zahl vorhandener Lotterien nicht ernstlich davon ausgegangen wer­den kann, ausgerechnet die durch die Klägerin zu 10. geplante wei­tere Veranstaltung werde eine unerwünschte Ausuferung der Spiellei­denschaft zur Folge haben vgl. dazu bereits oben, S. 24 f. und 31 ff.
          Ob das klägerische Vorhaben auf die Erschließung neuer Spielerschichten ausgerichtet ist oder nicht, ist ebenfalls kein bei der Ermessensausübung berücksichtigungsfähiger Aspekt. Denn wenn die Veranstaltung von Lotterien sozialadäquat oder zumindest neutral ist, bestehen keine Bedenken, dass mit ihr auch neue Spieler ge­wonnen werden sollen, solange die gemeinnützige Zweckbindung nicht in Frage gestellt wird. Aus den Ausführungen unter II.2.b. folgt, dass es rechtlich unbedenklich ist und auch dem Werteverständnis der Bevölkerung nicht widerspricht, wenn die geplante Lotterie auch solche Personen zum Mitspielen veranlasst, die bislang nicht oder selten an Lotterien teilgenommen haben, sich jedoch mit den Zielsetzungen gemeinnütziger Umweltschutz- oder Entwicklungshil­feorganisationen wie denen der Kläger zu 1.-9. identifizieren und diesen gerade auch wegen der Möglichkeit einer eigenen Gewinn­chance eine "Spende“ in Form eines Loses zukommen lassen. Die Annahme, dies könne typischerweise einen Einstieg ins Glücksspiel bedeuten, ist fern liegend.
          Die vom Beklagten angeführte Gefahr eines verschärften Konkurrenz­kampfes zwischen den Lotterien, die mit der Zulassung neuer Veran­staltungen verbunden wäre, ist gleichfalls kein tauglicher Ermessensgesichtspunkt. Solche Gefahren gibt es bei vielen Berufen, ohne dass dort Beschränkungen des Zugangs zu ihnen für erforder­lich gehalten würden. Die Bevölkerung hat sich außerdem, wie dar­gelegt, bereits tagtäglich mit umfangreicher Werbung für die be­stehenden Lotterien auseinander zu setzen, ohne dass dadurch Fälle pathologischer Spielsucht bekannt geworden wären. Überdies wurde bereits darauf hingewiesen, dass unter jenem Blickwinkel eine Ge­nehmigungsversagung nicht legitimiert werden kann, weil das zu ei­nem verfassungsrechtlich unzulässigen Konkurrenzschutz für die be­stehenden Lotterieveranstaltungen führte.

          Ob weitere Grundrechtsbeschränkungen verfassungsrechtlich zulässig wären, die etwa das Auswahlverfahren betreffen, obliegt zunächst der Einschätzungsprärogative durch den Normgeber. Solange solche nicht Eingang in die Lotterieverordnung gefunden haben, dürfen sie nicht zum Gegenstand einer Genehmigungsversagung auf Ermessensebene gemacht werden.

          Da der Beklagte mithin jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Ermessensreduzierung auf Null zur Erteilung der begehrten Lotteriegenehmigung verpflichtet ist, konnte die Kammer diese Verpflich­tung in dem von der Klägerin zu 10. mit dem Hauptantrag begehrten Umfang aussprechen. Dem steht nicht entgegen, dass dem Beklagten bei der Genehmigungserteilung noch ein (Auswahl-) Ermessen hin­sichtlich der von ihm zu treffenden Nebenbestimmungen zusteht. Sie sind - abgesehen von der im Klageantrag enthaltenen Befristung - nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, so dass die Kammer nicht gehalten war, die Sache insoweit spruchreif zu machen bzw. lediglich eine Bescheidungsverpflichtung auszusprechen.

  3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g :

Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung beantragt werden. Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungs­gericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster.

Die Berufung ist nur zuzulassen,

  1. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
  2. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
  3. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
  4. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Se­nats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
  5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensman­gel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen.

Bei der Antragstellung muss sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule als Bevollmächtigten vertreten las­sen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen (§ 67 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 VwGO) . Auf die besonderen Regelungen in § 67 Abs. 1 Sätze 4 bis 7 VwGO wird hingewiesen.

Die Antragsschrift soll möglichst vierfach eingereicht werden.

Unterschriften

B e s c h l u s s

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 16.000.000,-- DM festgesetzt.

G r ü n d e :

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. Danach ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Hierbei ist als Ausgangspunkt auf das Spielkapital ab­zustellen, das von den Klägern für ein Jahr nach Beginn des Spielbetriebs in Nordrhein-Westfalen - diese Dauer entspricht dem Klageantrag veranschlagt wird. Nach den im Schriftsatz vom xx. August 2001 angegebenen Schätzungen ist von einer Summe von rund 60 Mo. DM auszugehen, die bereits der Gebührenfestsetzung im Bescheid des Beklagten zu Grunde lag. Der wirtschaftliche Vorteil der Klägerin zu 10. entspricht ihrem Umsatzanteil von 38,33 %, also ca. 23 Mio. DM. Da in dieser Summe die an die Kläger zu l.-9. auszuschüttenden Gelder enthalten sind, hat die Kammer davon abge­sehen, bei der Festsetzung des Streitwertes deren wirtschaftliches Interesse zusätzlich zu berücksichtigen. Weiter hält die Kammer es für gerechtfertigt, den Streitwert im Hinblick auf die gemeinnützige Verwendung des Umsatzanteils um etwa ein Drittel zu reduzie­ren. Daraus ergibt sich der festgesetzte Betrag von 16 Mio. DM.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbe­amten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.

Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Mo­nat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 100,- DM nicht übersteigt.

Die Beschwerdeschrift soll möglichst vierfach eingereicht werden.

Unterschriften