4 W 97/02 OLG Hamm 16 0 20/02 LG Bielefeld |
|
Oberlandesgericht Hamm
Beschluss
In Sachen
- *
Klägerin
- *
Beklagte,
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der angefochtene Beschluss teilweise abgeändert.
Die Klägerin trägt 1/10, die Beklagte 9/10 der Kosten des Rechtsstreits.
Die weitergehende Beschwerde der Klägerin und die Anschlußbeschwerde der Beklagten werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin 1/10 und die Beklagte 9/10.
Der Beschwerdewert entspricht den Kosten des 1. Rechtszuges
G r ü n d e
Die gemäß §§ 91 a Abs. 2, 567 Abs. 1 und 2, 569 ZPO zulässige Beschwerde der Klägerin ist in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang begründet; im übrigen ist sie ebenso wie die gemäß § 567 Abs. 3 ZPO zulässige Anschlussbeschwerde der Beklagten unbegründet.
Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sachund Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 91 a Abs. 1 ZPO).
Diese trägt die Klägerin zu 1/10, die Beklagte zu 9/10. Entgegen der Ansicht der Beklagten hat es nicht schon deshalb an dem Rechtsschutzbedürfnis für die negative Feststellungsklage der Klägerin gefehlt, weil nach der Abmahnung der Beklagten vom 15. Januar 2002 keine sog. Gegenabmahnung der Klägerin erfolgt ist.
Das erforderliche Feststellungsinteresse wird durch die in der Abmahnung liegende Rechtsberühmung begründet und zwar mit sofortiger Wirkung (vgl. Teplitzky, Wettbewerberechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Auflage, Kap. 41 Rdnr 68: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Auflage, Einl. Rdnr. 561). Das erforderliche rechtliche Interesse ist dem Abgemahnten schon dann zuzubilligen, wenn die Rechtsberühmung dem Abmahnenden die wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen des Abgemahnten berührt und an der Ernsthaftigkeit des Verlangens des Abmahnenden keine Zweifel bestehen können (vgl. BGH GRUR 1995, 697 if, 699 - FUNNY PAPER). Beide Umstände sind hier gegeben, wobei der erstere Umstand auf der Hand liegt.
Aber auch hinsichtlich des zweiten bestehen keine Bedenken. Das Feststellungsinteresse ist nicht dadurch entfallen, dass die Beklagte der Klägerin im Hinblick auf die in der Abmahnung vom 15. Januar 2002 gesetzte Frist vorn 29. Januar 2002 vereinbarungsgemäß eine Fristverlängerung bis zum 04. Februar 2002 eingeräumt hatte und die Klägerin ohne eine weitere Stellungnahme am 05. Februar 2002 ihre negative Feststellungsklage vom 04. Februar anhängig machte. Denn aus dem Verhalten der Beklagten ergibt sich gerade nicht, dass sie von ihrem Verlangen Abstand genommen hätte, Auch aus der Gesprächsnotiz des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vorn 29. Januar 2002 (s. Anlage B 4 zum Schriftsatz vom 11. März 2002) folgt nichts anderes. Dort ist nämlich lediglich von einem möglichen teilweisen Nachgeben der Klägerin die Rede, nicht aber davon, dass die Beklagte Ihre Ansprüche nicht mehr verfolgen wollte.
Der Frage, ob und ggfls. in welchen Fällen eine sog. Gegenabmahnung geboten sein könnte (vgl. dazu Teplitzky, a.a.O., Kap. 41 Rdnr. 73 f), ist vorliegend schon deshalb nicht weiter nachzugehen, da sich diese nur dann stellt, wenn es um Probleme der Kostenüberbürdung nach § 93 ZPO geht. Eine solche Fallgestaltung liegt hier nicht vor.
Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis hat aber insoweit nicht bestanden, als die Klägerin erstmals mit ihrem Schriftsatz vom 25. März 2002 die Feststellung begehrt hat, dass der Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz nicht zustehe. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte die Beklagte bereits die entsprechende Leistungsklage erhoben und unwiderruflich auf eine einseitige Klagerücknahme verzichtet.
Insoweit hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, wobei der Senat den Anteil dieses Antrags an dem Gesamtbegehren mit 1/10 bemißt.
Im übrigen wäre die Klägerin in der Sache selbst nach dem bisherigen Sach und Streitstand mit Ihrem Begehren durchgedrungen, da die Beklagte sich zu Unrecht der mit der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche berühmt hat.
Der Beklagten stand weder aufgrund Ihrer am 03. März 2000 angemeldeten und am 05. September 2000 eingetragenen Wortmarke "PubliKom" nach § 14 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 2 MarkenG noch im Hinblick auf ihr entsprechendes Firmenschlagwort nach § 15 Abs. 4, Abs. 2 MarkenG ein Anspruch gegen die Klägerin zu, ihr die Verwendung der Bezeichnung public-com oder public.com oder - in diesem Zusammenhang - Public Communication, gleich in welcher Schreibweise, insbesondere auch als Domainname www.public-com.de oder als E-Mail Adresse @public-com.de im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit Dienstleistungen der Werbung und Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation" zu untersagen.
Dabei braucht der Senat nicht der Frage nachzugehen, ob das Unterlassungsbegehren der Beklagten zu weitgehend gewesen ist, da ein Unterlassungsanspruch daran scheitert, dass die nach §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, und 15 Abs. 2 MarkenG erforderliche Verwechslungsgefahr nicht gegeben ist. Vor diesem Hintergrund kommt es auch nicht darauf an, ob die Klägerin entgegen ihrem ursprünglichen Vorbringen ihren Domainnamen statt seit dem 27. Dezember 2000 bereits ab Februar 2000 benutzt hat und ob dem Domainnamen allein überhaupt Kennzeichenschutz nach § 5 Abs. 2 MarkenG zukommt (vgl. Fezer, Markenrecht, 3. Auflage, § 3 MarkenG Rdnr. 315 f.), da nur bei einem entsprechenden Kennzeichenschutz ein Vorrang nach § 6 MarkenG gegenüber der Marke der Beklagten möglich wäre.
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen, der Ähnlichkeit der von ihnen gekennzeichneten Dienstleistungen und der Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens, so dass ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen ausgeglichen werden kann und umgekehrt (ständige Rechtsprechung).
Die Marke der Beklagten ist als schwach kennzeichnungsbedürftig zu beurteilen. Das folgt aus der engen Anlehnung an das allgemein verwendete Wort "Publikum", Der Verfremdungsgrad bei diesem Begriff ist so gering, dass ihm nicht einmal durchschnittliche Prägekraft zugebilligt werden kann. Wegen dieser bereits originären Schwäche der Kennzeichnungskraft der Marke kommt es nicht darauf an, ob sie im Verkehr noch dadurch geschwächt worden ist, dass Drittzeichen im Bereich gleicher oder eng benachbarter Dienstleistungen in Erscheinung getreten sind, und zwar in einem Umfang, der geeignet erscheint, die erforderliche Gewöhnung des Verkehrs an die Existenz weiterer Kennzeichnungen im Ähnlichkeitsprinzip zu bewirken (vgl. BGH GRUR 2001, 1161 ff, 1162. - CompuNet/ComNet),
Zur Ermittlung der Dienstleistungsähnlichkeit ist bei der Beurteilung der Dienstleistungen nicht auf die Verkehrevorstellung über die betriebliche Herkunft der Dienstleistungen abzustellen, sondern in erster Linie auf die Vorstellung des Verkehrs über Art und Zweck der Dienstleistung, d. h. den Nutzen für den Empfänger der Dienstleistung (vgl. BGH GRUR 2001, 164 - Wintergarten). Danach ist die Ähnlichkeit zwischen den von der Marke der Beklagten erfaßten und den von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten als gering anzusehen, da sie sich allenfalls in kleinen Teilbereichen überschneiden.
Das Verzeichnis der Dienstleistungen, für die die Marke der Beklagten eingetragen ist, umfaßt "35: Marketing, Marktforschung und Marktanalyse, Public Relations und Öffentlichkeitsarbeit; Veranstaltung und Durchführung von Events, Messen und Ausstellungen (soweit in Klasse 35 enthalten); 38: Dienstleistungen einer Presseagentur; Dienstleistungen eines Nachrichtenbüros und der lnformationsvemittlung (soweit in Klasse 38 enthalten); 42: Meinungsforschung und Medienanalysen; Media- und Multimediagestaltung; gesellschafts- und wirtschaftswissenschaftliche Gutachten und Analysen." Dagegen liegt der Schwerpunkt der Tätigkeiten der Klägerin auf dem Gebiet der Gestaltung von Briefen unterschiedlicher Verwendungsart, Anzeigen, Visitenkarten etc., so dass für den Empfänger von Dienstleistungen allenfalls eine Überschneidung bei der konkreten Ausgestaltung von Teilen des Marketingbereiches gegeben sein kann.
Bei der Zeichenähnlichkeit besteht lediglich eine geringe Obereinstimmung im schriftbildlichen Bereich, im klanglichen und begrifflichen dagegen nicht. Im klanglichen Bereich ist zunächst festzustellen, dass im Hinblick auf die Schreibweise der Wortmarke der Beklagten die angesprochenen Verkehrskreise sie ähnlich wie "Publikum" aussprechen, wie es auch von der Beklagten mit der bewußten Anlehnung an dieses Wort gewollt ist. "Public-com" wird dagegen in der Regel englisch ausgesprochen, wie es durch die Schreibweise vorgezeichnet ist. Schon dieser deutliche Unterschied allein schließt die Gefahr der Verwechslung aus. Hinzu kommt, dass "PubliKom" in einem Wort gesprochen wird, wogegen "public-com" wegen der beiden "c" getrennt in zwei Wörtern ausgesprochen wird,
Im Bereich des Schriftbildes ergibt sich allenfalls eine geringe Übereinstimmung wegen des auffälligen "K" in der Marke der Beklagten. Von einer begrifflichen Ähnlichkeit kann nicht ausgegangen werden. Bei der Marke der Beklagten steht die Anlehnung an den Begriff "Publikum" so im Vordergrund, dass dieser mit ihr verbunden. wird. Eine ähnliche Vorstellung löst "public-com" nicht aus, sondern dieser Begriff weist auf eine Abkürzung von "public communication" hin, also auf "öffentliche Kommunikation". Die schwache Kennzeichnungskraft der Marke der Beklagten, die geringe Dienstleistungsähnlichkeit und die allein im Schriftbild vorhandene geringe Zeichenähnlichkeit schließen die Verwechslungsgefahr aus.
Besteht aber zwischen der Marke der Beklagten und dem Domainnarnen der Klägerin keine Verwechslungsgefahr, so gilt das auch für den Firmenbestandteil "Public Communication" und die E-Mail-Adresse der Klägerin.
Mangels eines Unterlassungsanspruchs scheiden auch ein Löschungs- und Auskunftsanspruch aus.
Für einen Unterlassungsanspruch aus dem Firmenschlagwort "PubliKom" nach § 15 Abs. 4 u. 2 MarkenG gilt bezüglich der Kennzeichnungskraft und der Zeichenähnlichkeit das, was bei dem Anspruch aus der Marke der Beklagten ausgeführt worden ist. Bei den Geschäftsbereichen der Parteien besteht allenfalls eine geringe Nähe, da die Tätigkeiten der Beklagten durch Kommunikations- und Medienberatung, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Verlags- und Redaktionsservice sowie Event- und Veranstaltungsorganisation gekennzeichnet werden. Damit ist aber auch hier nur eine geringe Nähe in dem bereits dargelegten Bereich konkreter Gestaltung im Marketingsektor denkbar.
Somit ist auch hier ein Unterlassungsanspruch ebenso wenig gegeben wie ein Löschungs- und Auskunftsanspruch.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.