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mitgeteilt von RA Boris Hoeller ( HOELLER Rechtsanwälte )

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§§ 3, 4 Nr.11, 8 Abs.1, Abs.3 Nr.1 UWG n.F. i.V.m. § 284 Abs. 1 und 4 StGB, 922 ZPO

HansOLG Hamburg, Urteil vom 12. August 2004 - Az.: 5 U 23/04 - 'Laola'

5 U 23/04
416 0 116/03
Verkündet am 12.08.2004



HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

  • *

    Klägerin, Berufungsklägerin,

g e g e n
  • *
    *

    Beklagte, Berufungsbeklagte


hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch die Richter
für R E C H T erkannt

    Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 28.11.2003 abgeändert.

    Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, von der Klägerin zu fordern, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in Nordrhein-Westfalen das Vermitteln des Abschlusses von Oddset-Wetten an außerhalb Nordrhein-Westfalens ansässige Wettunternehmer vorzunehmen und zu bewerben, die über eine wirksame, in einem anderen Bundesland oder vor Inkrafttreten des Einigungsvertrages in der ehemaligen DDR erteilte behördliche Erlaubnis zum Veranstalten von Oddset-Wetten verfügen, insbesondere an die Sportwetten GmbH G. aus dem Freistaat Thüringen.

    Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
    Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Die Revision gegen das Urteil wird nicht zugelassen.

G r ü n d e

  1. Die Klägerin ist ein Unternehmen, dessen Gegenstand die Organisation von Spiel­ge­meinschaften und die Vermittlung von Spielverträgen im Namen von Spielge­mein­schaften umfasst (vgl. Anlage K2). Sie hat ihren Unternehmenssitz in Nordrhein-West­falen und unterhält u.a. dort Wettannahmestellen. Die Klägerin ist (nahezu) ausschließ­lich im Bereich sog. „Oddset-Wetten“ – d.h. Sportwetten zu festen Quoten - tätig und vermittelt ihre Wettangebote an die Sportwetten GmbH G. (Handelsregister­auszug in Anlage K6).

    Die Beklagte ist das für die Freie und Hansestadt Hamburg tätige Glücksspielunter­nehmen. Sie ist Mitgesellschafter des sog. Lottoblocks. Hierbei handelt es sich um einen Zusammenschluss von staatlichen Lotto-Toto-Gesellschaften aus 16 Bundeslän­dern in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. Anlage K47).

    Die Sportwetten G. GmbH ist im Besitz einer noch zu DDR-Zeiten erteilten Geneh­migung zur Veranstaltung von Sportwetten. Insbesondere hieraus leitet die Klägerin ihre Befugnis ab, ohne eigene behördliche Erlaubnis zur Veranstaltung bzw. Vermitt­lung von Glücksspielen solche Handlungen ohne Rechtsverstoß vornehmen zu dürfen.

    Demgegenüber sieht die Beklagte das Handeln der Klägerin unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen die strafrechtliche Verbotsnorm aus § 284 StGB als wettbe­werbswidrig an. Sie steht auf dem Standpunkt, die der Sportwetten GmbH G. erteilte Erlaubnis sei schon ungeeignet, als Rechtsgrundlage für das Handeln eines Dritten außerhalb des Bundeslandes Thüringen zu bilden.

    Mit Schreiben vom 20.05.03 (Anlage K11) mahnten die Beklagten-Vertreter unter dem Betreff Lottoblock ./. L.S. GmbH die Klägerin unter Bezugnahme auf ihre anwaltliche Vertretung und Beratung der Westdeutschen Lotterie GmbH & Co. oHG wegen der Veranstaltung bzw. Bewerbung nicht zugelassener Glücksspiele ab und forderten diese zugleich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Diese gab die Klägerin nicht ab. Im Anschluss an die Abmahnung entwickelte sich zwischen den Partei-Vertretern ein Schriftwechsel vom 05./06.06.3 (Anlagen K12 und K13), bei dem es auch um die Frage der von den Beklagten-Vertretern vertretenen Partei(en) ging.

    Die Klägerin wendet sich mit ihrer am 19.06.03 erhobenen Klage nicht gegen die West­deutschen Lotterie GmbH & Co. oHG, sondern gegen die Beklagte, die ebenfalls dem sog. „Lottoblock“ angehört.

    Sie hat in erster Instanz beantragt,

      festzustellen, dass die Klägerin berechtigt ist, im geschäft­lichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in Nordrhein-West­falen das Vermitteln des Abschlusses von Oddset-Wetten an außerhalb Nordrhein-Westfalens ansässige Wettunternehmer vorzunehmen und zu bewerben, die über eine wirksame, in einem anderen Bundesland oder vor Inkrafttreten des Eini­gungsvertrages in der ehemaligen DDR erteilte behördliche Erlaubnis zum Veranstalten von Oddset-Wetten verfügen, ins­besondere an die Sportwetten GmbH G. aus dem Freistaat Thüringen,
    hilfsweise,
      festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, von der Klägerin zu fordern, es zu unterlassen, im geschäftlichen Ver­kehr zu Wettbewerbszwecken in Nordrhein-Westfalen das Vermitteln des Abschlusses von Oddset-Wetten an außerhalb Nordrhein-Westfalens ansässige Wettunternehmer vorzuneh­men und zu bewerben, die über eine wirksame, in einem an­deren Bundesland oder vor Inkrafttreten des Einigungsver­tra­ges in der ehemaligen DDR erteilte behördliche Erlaubnis zum Veranstalten von Oddset-Wetten verfügen, insbesondere an die Sportwetten GmbH G. aus dem Freistaat Thüringen,

    Die Beklagte hat beantragt,

      die Klage abzuweisen.

    Die Parteien setzen sich im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits auf der Grundlage ihrer gegensätzlichen Rechtsauffassungen eingehend mit unterschiedlichen – für die rechtliche Beurteilung der Zulässigkeit von Glücksspielen relevanten - Rechtsfragen auseinander. Sie haben hierzu eine Vielzahl von – zum Teil divergierenden – Ent­scheidungen von Straf-, Zivil- und Verwaltungsgerichten aus allen Instanzen und verschiedenen Bundesländern sowie gutachterliche und sonstige Erörterungen der rechtswissenschaftlichen Literatur vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird insbeson­dere auf die Anlagen K14 bis K72 sowie B5 bis B25 und CBH4 bis CBH8 Bezug ge­nommen.

    Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 28.11.2003 abgewiesen. Es hat zur Be­gründung ausgeführt, die Beklagte sei auf der Grundlage der streitgegenständlichen Abmahnung für den verfolgten Klageanspruch nicht passivlegitimiert.

    Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin. Die Klägerin verfolgt in zweiter Instanz ihr Klagebegehren unter Vertiefung ihres erstin­stanzlichen Sachvortrags weiter. Sie erhebt den vor dem Landgericht gestellten Hilfs­antrag nunmehr zum Hauptantrag. Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil auf der Grundlage des bereits erstinstanzlich gestellten Klagabweisungsantrags.

    Die Parteien machen in zweiter Instanz weitere umfangreiche Ausführungen insbeson­dere zur Rechtslage in straf-, verwaltungs- und zivilrechtlicher Hinsicht. Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das erstinstanzliche Urteil sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

  2. Die zulässige Berufung ist auch begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten die Unterlassung der beanstandeten Behauptung verlangen. Die mit Schriftsatz vom 20.05.03 durch die Beklagte ausgesprochene wettbewerbsrechtliche Abmahnung war zu Unrecht erfolgt. Der Beklagten stand und steht der geltend gemachte Unter­lassungsanspruch gegen die Klägerin aus § 1 UWG a.F. i.V.m. § 284 StGB bzw. § 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1 Satz 1, 3 Nr. 1 UWG n.F. i.V.m. § 284 StGB nicht zu. Denn das von der Beklagten beanstandete Verhalten der Klägerin („..Abschluss oder die Vermittlung von Sportwetten vorzunehmen oder zu bewerben, sofern diese nicht von einem Ver­anstalter stammen, der in Nordrhein-Westfalen über eine Erlaubnis gem. § 284 StGB verfügt.“) stellt sich nicht als wettbewerbswidrig dar, weil die Klägerin trotz widerstrei­tender Gerichtsentscheidungen und unabhängig von einer unter Umständen ab­weichenden straf- bzw. verwaltungsrechtlichen Beurteilung jedenfalls für ihr Handeln als Teilnehmerin am Wettbewerb davon ausgehen durfte, dass die der Sportwetten GmbH G. am 14.09.1990 erteilte Erlaubnis bundesweite Geltung hatte.

    1. Gegenstand des Klagebegehrens ist (und war) die Erhebung einer negativen Feststellungsklage. Dies hat die Klägerin in der Senatssitzung betont und ihr zunächst nur als Hilfsantrag formuliertes Begehren nunmehr als Hauptantrag gestellt. Hierdurch hat der ursprünglich umrissene Streitgegenstand keine Veränderung erfahren.

      1. Allerdings enthielt der zunächst gestellte Hauptantrag ein positiv formuliertes Feststellungsbegehren in Bezug auf eine vorhandene Berechtigung. Dass der Klägerin ein berechtigtes Interesse i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO für die Feststellung der Recht­mäßig­keit ihres Handelns gegenüber jedermann bzw. im Verhältnis zu der Beklagten zur Seite stand bzw. sie ein solches für sich in Anspruch nehmen wollte, erscheint fern­liegend. Denn bei der Beklagten handelt es sich nur um ein Mitglied der „Dach­or­ga­nisation“ der staatlichen Wettanbieter, die der Klägerin ihre Geschäftstätigkeit zwar streitig machen, ihr andererseits aber eine hierfür ggfls. erforderliche Genehmigung weder erteilen (dann wäre die Leistungsklage vorrangig) noch deren Verzichtbarkeit feststellen können. Deshalb hätte eine positive Feststellungsanklage von vornherein nicht Grundlage eines zielführendes Anspruchsbegehren sein können.

      2. Die Klägerin hatte dementsprechend bereits durch die fett gedruckte Überschrift ihrer Klage vom 12.06.2003 selbst von vornherein deutlich hervorgehoben, dass sich ihr Begehren tatsächlich (nur) auf eine Negative Feststellungsklage richten sollte. Dieses Begehren hatte erkennbar die Abwehr der vorgerichtlichen Abmahnung vom 20.05.03 zum Ziel, mit der der Klägerin das Recht abgesprochen worden war, in der bisherigen Art und Weise weiter geschäftlich tätig zu werden. Die Klägerin hatte hierzu bereits in erster Instanz – klarstellend – einen entsprechend formulierten Hilfsantrag gestellt und diesen in zweiter Instanz zutreffend zum Hauptantrag erhoben. In zivil­prozessualer Hinsicht hatte die Klägerin bei sachgerechter Auslegung ihr Klagebe­gehren von Anfang nur auf der Grundlage ihres jetzigen Hauptantrags verfolgt. Das zu­nächst weitergehend formulierte positive Feststellungsbegehren ist letztlich Ausdruck der Tatsache, dass zwischen den Parteien im vorliegenden Rechtsstreit – wie auch in verschiedenen anderen Rechtsstreitigkeiten bundesweit – in den tatsächlichen Aus­wir­kungen letztlich „stellvertretend“ auch gegenüber den anderen Mitgliedern des Deutschen Lottoblocks um die Rechtmäßigkeit des Verhaltens der Klägerin gestritten wird. Dieser Umstand lässt jedoch trotz der anderslautenden Formulierung des ur­sprünglichen Hauptantrags das bereits bei der Einreichung der Klage konkretisierte Rechtsschutzziel unberührt. Deshalb stellt sich die Anspruchsverfolgung auf der Grundlage des nunmehr veränderten Hauptantrags (des ehemaligen Hilfsantrags) aus Sicht des Senats lediglich als kostenunschädliche Konkretisierung des Klagebe­geh­rens dar.

    2. Die Beklagte ist entgegen der Auffassung des Landgerichts für die Verfolgung dieses Anspruchs auch passivlegitimiert.

      1. Allerdings ist die an die Klägerin gerichtete Abmahnung der Prozessbevoll­mäch­tigten der Be­klagten vom 20.05.03 (Anlage K11) tatsächlich ausdrücklich und aus­schließlich zunächst nur im Namen der Westdeut­sche Lotterie GmbH & Co. OHG in xxxx erklärt worden. Zumindest aus dieser Ab­mahnung ist nicht ersichtlich, dass sich die hiesige Beklagte eines derarti­gen An­spruchs berühmt. Jedoch hatte die Klägerin im Hinblick auf die Betreff-Zeile der Abmahn­ung („Lottoblock ./. L.S.“) mit Schreiben vom 05.06.03 ausdrücklich nachge­fragt, welches die vertre­tene Partei sei (Anlage K12). Daraufhin hatten die Beklagten­vertreter mit wei­terem Schreiben vom 06.06.03 Vollmachten aller Gesellschaften des Deut­schen Lotto- und To­toblocks übersandt. Hierzu gehört auch die Beklagte.

      2. Streitentscheidend für die Passiv­legitimation ist deshalb die Frage, ob die Ab­mahnung damit zugleich im Namen aller Gesell­schaften des Deutschen Lotto- und Totoblocks abgegeben worden ist. Diese Frage hat das Landgericht nach Auffassung des Senats zu Unrecht verneint. Zwar wird in dem Abmahnschrei­ben an anderer Stelle ausdrücklich mehrfach von „unserer Mandantin“ gesprochen, was gegen das Auftreten im Namen mehrerer Unternehmen sprechen könnte. Gleiches gilt weiterhin für die Tat­sache, dass die Vertragsstrafe in der vorformulierten Unterlassungserklärung aus­drücklich an die Westdeutsche Lotteriegesellschaft gezahlt werden sollte. Hiergegen spricht auch die bei­gefügte Gebührenrechnung, in der nur eine 10/10 – Gebühr, aber keine Erhöhungsgebühr nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO angesetzt ist. Hierbei handelt es sich allerdings eher um nachrangige Indiztatsachen, die außer Acht lassen, wie sich der Sachverhalt aus der maßgeblichen Sicht des Empfängerhorizonts darstellte. Da­nach hatte die Klägerin in ihrer Rückfrage den Be­klagten-Vertretern als Alternative aus­drücklich aufgegeben, entweder Vertretungsvollmachten der an­deren Mit­glieder des Deutschen Lottoblocks vorzulegen oder mitzuteilen, dass sie nur die Westdeutsche Lot­terie GmbH & Co. OHG vertreten. Nachdem die Prozessbevollmächtigten der Be­klagten in ihrem Schreiben 06.06.04 als Antwort auf das Schreiben vom 05.06.03 diese Vertretungsvoll­machten vorgelegt und die zweite Alternative kommentarlos übergan­gen hatten, konnte und musste die Klägerin ohne weiteres davon ausgehen, dass die Beklagten-Vertreter zu­gleich auch für die anderen Mitglieder des Deutschen Lottoblocks auftreten wollten. Andernfalls hätte es ih­nen oblegen klarzustellen, dass sie trotz der umfassenden Vollmachtserteilung und der Betreffformulie­rung die Abmah­nung gleichwohl nur im Namen eines Mitglieds dieser Gemeinschaft verfolgen wollten. Denn sogar die sodann vorgelegte Vollmacht aller Lottoblock-Gesell­schaften (Anlage K47) wiederholt ausdrücklich die Betreff-Zeile des Abmahnschreibens „Lottoblock ./. L.S. GmbH u.a. „ mit dem Zusatz „wegen Wettbewerbsverstoߓ. Spä­testens mit der kommentarlosen Übersendung dieser Vollmacht musste die Klägerin annehmen, die Beklagten-Vertreter hätten die Abmahnung im Namen aller genannten Lottoblock-Mitglieder ab­gegeben bzw. wollten diese in deren Namen hiermit wieder­ho­len. Dementsprechend kann die Passivlegitimation der Beklagten jedenfalls bei lebens­naher Auslegung der abgegebenen Erklärungen keinem begründeten Zweifel unterlie­gen. Der Klägerin ist in ihrer Auffassung zuzustimmen, dass eine ursprüngliche Wider­sprüchlichkeit der Abmahnung (vom 20.05.03) durch das nachfolgende Schreiben vom 06.06.03 ausgeräumt worden ist. Gerade wenn das Vertretungsverhältnis so offen­sichtlich und eindeutig gewesen wäre, wie dies die Beklagten-Vertreter darzustellen versuchen, hätte keinerlei Veranlassung bestanden, der Klägerin eine Vollmacht aller Mitglieder des Deutschen Lottoblocks zu übersenden. Soweit dies trotz des eindeuti­gen Wortlauts des Schreibens der Klägerin vom 05.06.034 nur versehentlich erfolgt sein sollte, muss sich die Beklagte dieses Verhalten ihrer Prozessvertreter gleichwohl zurechnen lassen, zumal auch in der Folgezeit selbst bis zur Zustellung der Klage, die erst am 30.06.03 vorgenommen worden ist, eine Richtigstellung nicht veranlasst wor­den ist.

    3. Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht zwischen den Parteien auch ein Wettbe­werbsverhältnis. Dies gilt auch dann, wenn sich die Parteien nicht auf dem lo­kalen Markt in Nordrhein-Westfalen begegnen. Denn die Klägerin begehrt gerade die Feststellung, dass die Beklagte ihr auch die Vermittlung an Veranstalter außerhalb von NRW nicht untersagen darf. Selbst wenn man davon auszugehen hat, dass die Be­klagte sie als (vornehmlich) in NRW tätiges Unternehmen abgemahnt hat, ergibt sich damit das Wettbewerbsverhältnis der Parteien, das zumindest durch die Abmahnung vom 20.05.03 (Anlage K11) hergestellt worden ist.

    4. Das von der Beklagten mit Schreiben vom 20.05.2003 beanstandete Verhalten der Klägerin war nicht wettbewerbswidrig. Dementsprechend entbehrte die gleichwohl ausgesprochene Abmahnung einer hinreichenden rechtlichen Grundlage.

      1. Als Anspruchsgrundlage für die Abmahnung kamen ursprünglich nur § 1 UWG a.F., jetzt §§ 3, 4 Nr.11, 8 Abs.1, Abs.3 Nr.1 UWG i.V.m. § 284 StGB in Betracht. Nach bisheriger ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung verstieß die Veranstaltung von Glückspielen ohne Erlaubnis grundsätzlich zugleich gegen § 1 UWG a.F. ( BGH NJW 02, 2175, 2176 - Sportwetten). Dies hat der BGH jüngst wieder in seiner Entscheidung „Schöner Wetten“ vom 01.04.04 bestätigt (BGH WRP 04, 899 – Schöner Wetten). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Rechtslage nach Inkrafttreten des neuen UWG anders zu beurteilen ist. Denn der Rechtsbruchtatbestand des § 4 Nr.11 UWG ist auf der Grundlage der neuesten Rechtsprechung konzipiert worden (Köhler, Das neue UWG, NJW 04, 2121, 2124). Nach § 4 Nr.11 UWG handelt unlauter, wer „einer ge­setz­lichen Vorschrift zuwider handelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Markt­teilnehmer das Marktverhalten zu regeln“. Unter die damit angesprochenen gesetz­lichen Vorschriften fallen auch solche, die den Zutritt zu einem Markt von der Erteilung einer öffentlich-rechtlichen Erlaubnis abhängig machen, und damit die Sicherstellung einer bestimmten Qualität oder Sicherheit der gebotenen Waren oder Dienstleistungen bezweckt ist (Köhler a.a.O. m.w.N.) Eine solche Vorschrift ist auch § 284 StGB, der durch die Schaffung eines Erlaubnisvorbehalts für die Veranstaltung von Glückspielen den Verbraucher u.a. vor unseriösen Veranstaltern schützen soll.

        Ein Verstoß gegen § 284 StGB stellt sich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung –- hierauf wird noch einzugehen sein - aber nicht notwendigerweise auch wettbe­werbs­rechtlich als unlauter dar. Dies zeigt die vorliegende Fallkonstellation

      2. Mit der Veranstaltung bzw. Vermittlung von sog. Oddset-Wetten unterliegt die Klägerin allerdings dem Regelungsbereich dieser Strafnorm. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesfinanzhofs und des I. Zi­vilsenats des Bundesgerichtshofs ist entgegen den Entscheidungen einiger Amtsge­richte und eines Urteils des Landgericht Bochum (Anlagen K14, K15, K38) anerkannt, dass Sportwetten als Glückspiele im Sinne des § 284 StGB anzusehen sind, weil das Zufallselement überwiegt (Nachweise z.B. bei BGH NJW 02, 2175 - Sportwetten). Auch diesbezüglich hat der I. Zivilsenat in der schon genannten Entscheidung „Schö­ner Wetten“ seine bisherige Rechtsprechung erneut bestätigt. In einer Entscheidung vom 28.11.2002 hat sich auch der 4. Strafsenat des BGH mit der Frage befasst. Das Urteil hebt zwar den Freispruch des LG Bochum auf und verweist zurück, enthält je­doch deutliche Aussagen dazu, dass auch Sportwetten Glückspiele seien (BGH NStZ 03, 372; Anlage K40). Dem schließt sich der Senat an. Für den vorliegenden Fall kann die Frage jedoch sogar dahinstehen, da die Klägerin – wie noch auszuführen sein wird - selbst bei einem Verstoß gegen § 284 StGB dennoch nicht wettbewerbswidrig han­delt.

      3. Die Klägerin schließt Sportwetten nicht selbst ab, sondern vermittelt diese auf Grund einer bestehenden vertraglichen Beziehung an die Sportwetten GmbH G.. Damit ist (in erster Linie) dieses Unternehmen als Veranstalterin der Sportwetten an­zusehen, so dass es für die rechtliche Bewertung auf die diesem Unternehmen erteilte Erlaubnis ankommt.

        aa. Die Klägerin leitet ihre Befugnisse zum Vermitteln bzw. Veranstalten von Sport­wetten von einer der Sportwetten GmbH G. noch zu Zeiten der DDR am 14.09.90 erteilten Erlaubnis des Magistrats der Stadt G. (Anlage CBH1a) ab. Die Erlaubnis ist erteilt für den „Abschluss von Sportwetten - Buchmacher“ und sieht in ihrem Geneh­migungsumfang vor, dass derartige Sportwetten auch von dritten Agenturen „im Auf­trag der Sportwetten GmbH G.“ angenommen werden. Diese Situation ist mit der vermittelnden Geschäftstätigkeit der Klägerin vergleichbar. Dementsprechend käme die der Sportwetten GmbH G. erteilte Erlaubnis – ihre fortdauernde und bundesweite Geltung unterstellt – als Rechtgrundlage für das Handeln der Klägerin in Betracht. Eine Beschränkung auf den Bereich „Pferdewetten“ kann der Senat der Erlaubnis auch unter Berücksichtigung des Zusatzes „Buchmacher“ jedenfalls nicht mit der erfor­der­lichen Eindeutigkeit entnehmen. Die Beklagte hat auch nichts dazu dargelegt, dass dieser Begriff insoweit zweifelsfrei belegt ist.

        bb. Soweit die Beklagte mit ihrem Schriftsatz vom 19.07.04 darauf hinweist, dass Adressat dieses Bescheides ein Herr Dr. N. ist, hat der Senat keine Veranlassung, näher auf diesen Einwand und die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen einzugehen. Im Verlauf des gesamten Rechtsstreits war bisher zwischen den Parteien unstreitig, dass eine die Sportwetten GmbH G. – mit welcher Reich­weite auch immer - legitimierende Erlaubnis vorliegt. Bereits die von beiden Parteien in Bezug genommenen Entscheidungen sowohl des VG Gera als auch des OVG Thüringen (Anlagen K16 und K17) haben sich in den Jahren 1997 und 1999 mit diesem Einwand der Beklagten auseinander gesetzt und ihn zu Recht verworfen. Die maßgeblichen und zutreffenden Erwägungen hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 27.07.04 nochmals dargelegt. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Dieser Rechts­stand­punkt erscheint auch deshalb ohne weiteres plausibel, weil andernfalls der Zusatz in der Erlaubnis „zur Annahme von Sportwetten im Auftrag der Sportwetten GmbH G.“ ersichtlich unverständlich wäre. Soweit die Beklagte nunmehr erstmalig die Legiti­mation der Sportwetten GmbH G. auf dieser Grundlage in Zweifel zieht, kann dieser Vortrag im übrigen auch auf der Grundlage der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 530 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zum Gegenstand der Entscheidung gemacht werden, weil er der Zurück­weisung wegen Verspätung unterliegt. Dementsprechend besteht auch keine Veran­lassung zur Berichtigung des Senatsprotokolls vom 30.06.04.

        cc. Selbst wenn die Klägerin ihrerseits nicht lediglich als Vermittlerin tätig wird, son­dern im Rechtssinne auch Veranstalterin ist bzw. wie eine solche behandelt wird, än­dert dies an der Rechtslage zum Erfordernis einer Erlaubniserteilung nichts.

        aaa. Die Klägerin wird zwar auch nach Auffassung der Beklagten den rechtlichen An­forderungen des „Lottospielgemeinschaft“-Beschlusses des BGH (NJW-RR 99, 1266; Anlage K3) ge­recht, indem sie dem Spieler einen eigenen unmittelbaren Gewinnan­spruch gegen den Erstveranstalter einräumt. Besteht dieser Anspruch allerdings nur unvollständig, ist er insbesondere nicht selbständig gegen den Verpflichteten durch­setzbar, wird der gewerbliche Spielvermittler in Rechtsprechung und Literatur zum Teil – entgegen der von ihm erklärten Rollenverteilung - gleichwohl als Veranstalter des Glücksspiels angesehen. Dies ist nach Darstellung der Beklagten in Ansehung der Klä­gerin der Fall, u.a. deshalb, weil der Spieler gar nicht erfährt, bei welchem Veranstalter das Glücks­spiel durchgeführt wird und auch die anderen Mitspieler – mit denen er eine GbR bildet und de­nen der Gewinnanspruch zur gesamten Hand zusteht – nicht kennt.

        bbb. Auch diese streitige Sach- und Rechtslage bleibt letztlich für die Entscheidung des Rechtsstreits ohne Einfluss. Denn in jedem Fall leitet die Klägerin ihre Befugnisse zur Vermittlung/Veranstaltung von Sportwetten nicht aus einer ihr selbst erteilten Er­laubnis, sondern ausschließlich von den Befugnissen eines Dritten – der Sportwetten GmbH G. – ab, so dass letztlich nur diese Beurteilungsgrundlage ist. Auch für das Handeln eines Vermittlers, der in erster Linie aus Gründen des Rechtsschutzes ge­gen­über den Spielern wie ein Veranstalter behandelt wird, ist nicht notwendigerweise eine ihm selbst erteilte Erlaubnis erforderlich, über die die Klägerin auch unstreitig nicht ver­fügt.

        dd. Gleiches gilt für die weitergehenden Fragen, ob die Klägerin etwa bereits als Be­treiber der Wettannahmestelle und Vermittler der Wettverträge als Veranstalter i.S.d. § 284 Abs.1 1. und 2.Alt. StGB angesehen werden kann oder ob die Tätigkeiten der Klägerin unter die Tatbestandsalternativen „Bereitstellen von Einrichtungen“ (§ 284 Abs.1 3.Alt. StGB) oder des „Werbens“ (§ 284 Abs.4 StGB) fallen, schließlich ob sie sich eventuell als Gehilfen der Sportwetten GmbH G. als Veranstalterin strafbar ge­macht haben könnte. Auch hierbei ist Beurteilungsgegenstand jeweils die der Sport­wetten GmbH G. erteilte Erlaubnis.

      4. Trotz alledem kann der Senat davon absehen, im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits darüber zu entscheiden, ob die der Sportwetten GmbH G. am 14.09.90 erteilte Erlaubnis – insbesondere in verwaltungs- und verfassungsrechtlicher Hinsicht – rechtswirksam ist und deshalb den Angriffen der Beklagten standhält. Denn eine nähe­re Untersuchung ist verzichtbar, wenn man davon ausgehen kann, dass weder die Sportwetten GmbH G. noch die Klägerin Sportwetten ohne Erlaubnis i.S.d. § 284 StGB veranstalten bzw. vermitteln - weil die Erlaubnis entweder ihr konkretes Handeln rechtfertigt - oder – wenn letzteres nicht der Fall ist, die Erlaubnis mithin unwirksam ist - das Verhalten der Klägerin sich jedenfalls nicht als wettbewerbswidrig darstellt. Denn dann scheidet – unbeschadet einer Strafbarkeit aus § 284 StGB – jedenfalls § 1 UWG a.F. i.V.m. § 284 StGB bzw. § 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1 Satz 1, 3 Nr. 1 UWG n.F. i.V.m. § 284 StGB aus, auf den die Beklagte ihre Abmahnung stützt. So verhält es sich im vorliegenden Fall.

        aa. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung „Sportwetten-Genehmigung“ vom 11.10.2001 erneut und gerade in Bezug auf Sportwetten ausdrücklich festgestellt, dass eine rechtswidrige und sogar mit Strafe bedrohte Handlungsweise nicht in jedem Falle zugleich sittenwidrig i.S.d. § 1 UWG a.F. ist. Auch bei einem Verstoß gegen wertbezogene Normen wie § 284 StGB kann das Verhalten des Gewerbetreibenden nach den Umständen des Einzelfalls als nicht wettbewerbswidrig zu werten sein (BGH WRP 02, 323, 325 – Sportwetten-Genehmigung, Anlage K7). Diesen Rechtsstand­punkt teilt der Senat. Er ist vor allem deshalb sachgerecht, weil das Tatbe­stands­merk­mal der „Sittenwidrigkeit“ bzw. „Unlauterkeit“ das konkret angegriffene Handeln einer Wertentscheidung unterwirft, die nur unter Berücksichtigung der Besonderheiten der entscheidungsrelevanten Situation getroffen werden kann.

        bb. Die Sportwetten GmbH G. – und mit ihr die Klägerin - genießt aufgrund der verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen der VG Gera und des OVG Thüringen (An­lagen K16 + K17) in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht weiterhin Vertrauensschutz dahin, dass sie Sportwetten bundesweit anbieten und sich auch von außerhalb des Freistaats Thüringen ansässigen Vertragspartnern vermitteln lassen darf. Selbst wenn man – mit der Beklagten - der Meinung sein sollte, die der Sportwetten GmbH G. am 14.09.1990 erteilte Erlaubnis entfalte ihre Wirksamkeit ausschließlich im Freistaat Thüringen und gelte für die dort von der Erlaubnisinhaberin selbst eröffneten Annah­mestellen, handelte die Klägerin vor diesem Hintergrund nicht wettbewerbswidrig.

        (1) Denn die für den Gerichtsstand der Erlaubnisinhaberin sachlich zuständigen Ver­waltungsgerichte (VG Gera und OVG Thürigen) haben in mehreren Entscheidungen eine bundesweite Wirksamkeit der Erlaubnis ausdrücklich anerkannt. Damit stellt sich die Lage aus der Sicht der Klägerin derzeit so dar, dass ihre Vertragspartnerin, die Sportwetten GmbH G., die Erlaubnis des zuständigen Landes mit einem oberge­richtlich gebilligten Inhalt in den Händen hält. Selbst wenn man in Betracht zieht, dass in der Zwischenzeit eine große Zahl anderer Gerichte abweichend entschieden haben, vermag der Senat vor diesem Hintergrund nicht zu erkennen, weshalb sich die Klägerin wettbewerbsrechtlich unlauter – und nur darauf kommt es (anders als in den straf- bzw. verwaltungsrechtlichen Verfahren) im vorliegenden Rechtsstreit an - verhalten soll, wenn sie sich an der ihrem Vertragspartner erteilten Erlaubnis orientiert, auf diese ver­traut und ihre Tätigkeit so lange fortsetzt, bis die an vielfältigen Stellen und hoch streitig ausgetragene juristische Auseinandersetzung um die Rechtmäßigkeit von „Sport­wetten“ mit höchstrichterlichen Urteilen abschließend geklärt ist. Der beste Beleg für die Komplexität der rechtlichen Fragen ist das vorliegende Verfahren, in dem eine kaum noch übersehbare Zahl unterschiedlichster Judikate der Verwaltungs-, Straf- und Zivilgerichtsbarkeit aus den letzten Jahren vorgelegt worden ist. Jedenfalls wettbe­werbsrechtlich kann die Beklagte von der Klägerin als relativ kleiner Gewerbe­trei­benden unter Lauterkeitsgesichtspunkten nicht beanspruchen, dass sie im Endeffekt klüger sein soll, als die mit diesen Fragen beschäftigten Juristen, die untereinander ebenfalls nicht einig sind.

        (2) Bei dieser Beurteilung stützt sich der Senat in erster Linie auf die Grundsätze, die der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung „Sportwetten-Genehmigung“ vom 11.10.2001 aufgestellt hat (BGH WRP 02, 323 – Sportwetten-Genehmigung). Mit die­ser Entscheidung hatte der BGH das Urteil des OLG Köln vom 21.05.99 gegen einen anderen Sportwettenveranstalter mit einer Erlaubnis vom 11.04.1990 aus der Zeit der DDR aufgehoben. Das OLG Köln hatte auf Antrag der Westdeutschen Klassenlotterie dem dortigen Beklagten die Bewerbung seiner Sportwetten, die bundesweit u.a. in der BILD-Zeitung erfolgte, nach § 1 UWG a.F. i.V.m § 284 StGB untersagt, weil die dem Beklagten erteilte Genehmigung vom 11.04.1990 selbst nach DDR-Recht nicht wirk­sam gewesen sei. Es hätte eine zusätzliche Genehmigung für Sportwetten vom Mini­sterium des Innern der DDR eingeholt werden müssen (Anlage B18). Der BGH hat maßgeblich unter Bezugnahme auf den Fall Sportwetten GmbH G., an die die hie­sige Klägerin Sportwetten vermittelt, festgestellt, dass Fachgerichte – damals lagen die Eilentscheidungen des VG Gera und des OVG Thüringen (Anlagen K16 und K17) zu­gunsten der Klägerin bereits vor - die DDR-Erlaubnisse für Sportwetten als wirksam und für bundesweit gültig beurteilt hätten und ein Gewerbetreibender nicht wettbe­werbswidrig handele, wenn er sich hierauf verlasse.

        (3) Entsprechendes muss nach Auffassung des Senats auch für Vermittler gelten, die an einen derartigen Vertragspartner Sportwetten weiterleiten. Sofern die Klägerin selbst rechtlich als Veranstalterin der von ihr vermittelten Sportwetten zu behandeln ist, gilt dies erst recht. Nach der Rechtsprechung des Hanseatischen Oberlandesgerichts und anderer Instanzgerichte ist in ähnlicher Weise ein wettbewerbsrechtlicher Ver­trauensschutz schon dann anerkannt, mithin ein unlauteres Verhalten verneint worden, wenn ein Wettbewerber bei zweifelhafter Gesetzeslage seinem Verhalten eine Aus­le­gung zugrunde legt, die auch von der zuständigen Behörde gebilligt wird (HansOLG MD 03,314 - Aurorix; LG Köln GRUR-RR 04,187 - Pfandcoupon). Diese Grundsätze haben um so mehr zu gelten, wenn die zuständigen Verwaltungsgerichte in zwei In­stanzen – und sei es auch nur in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes – diese Auffassung bestätigt haben. Von dem Wettbewerber kann nicht abverlangt werden, dass er diese Entscheidungen unberücksichtigt lässt und sich statt dessen auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage der Rechtmäßigkeit seines Verhaltens de­tailliert juristisch mit der von den Parteien vorgelegten unüberschaubaren Zahl sich widersprechender Entscheidungen anderer Gerichte auseinander setzt, bei denen zum Teil noch nicht einmal auf den ersten Blick ersichtlich ist, aus welchen Gründen gerade diese berufen sein sollen, über die Rechtmäßigkeit eines verwaltungsrechtlichen Vor­gangs zu entscheiden, der seine Grundlage im Freistaat Thüringen hat.

        (4) Seit der Entscheidung „Sportwetten-Genehmigung“ des BGH ist die Rechtslage entgegen der Meinung der Beklagten keineswegs zu Ungunsten der Sportwetten GmbH G. in einer Weise „geklärt“ worden, dass sich der Klägerin geradezu auf­drängen musste, dass sie die Entscheidungen des VG Gera und OVG Thüringen nicht mehr zur Grundlage ihres Handelns machen konnte. Vielmehr hat inzwischen das VG Gera auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 30.08.00 im Hauptsacheverfahren erneut ausgesprochen – wenn auch ohne nähere Begründung -, dass die Erlaubnis der Sportwetten GmbH G. „grundsätzlich bundesweite Gültigkeit“ habe (UA8, Anlage K18). Auch mit den übrigen Einwendungen der Beklagten gegen die Genehmigung vom 14.09.1990 hatten sich das VG Gera und das OVG Thüringen als zuständige Fachgerichte schon im Eilverfahren beschäftigt und sie nicht für stichhaltig angesehen.

        Zwar hat das VG Dessau in einem anderen Hauptsacheverfahren einer in Sachsen er­teilten DDR-Sportwettengenehmigung vom 11.04.90 (offenbar diejenige, die auch den BGH beschäftigt hat) die Wirksamkeit nach Art. 19 Einigungsvertrag für Sachsen-An­halt versagt, dabei aber entscheidend auf den Wortlaut gerade dieser Genehmigung abgestellt, der nicht mit demjenigen der Genehmigung der Kl. vom 14.09.90 identisch ist (Anlage B7). Alle übrigen Gerichtsentscheidungen von Verwaltungsgerichten seit dem BGH-Urteil „Sportwetten-Genehmigung“ sind nur vorläufige Entscheidungen im Eilverfahren (Anlagen B5, B6, B8 bis B17), die nicht ausschließlich zu Ungunsten der Sportwetten GmbH G. ausgegangen sind, so dass eine eindeutige Klärung der Rechtslage bis heute aussteht. So hat das VG Stuttgart in einer Eil-Entscheidung vom 15.10.03 nach § 80 Abs.5 VWGO in einem Verfahren wegen Schließung eines an die Sportwetten GmbH G. vermittelnden Wettbüros in Baden-Württemberg den Streit­stand um die DDR-Genehmigungen für Sportwetten ausführlich dargestellt und als noch nicht geklärt beurteilt (Anlage K69). Es hat daher die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Schließung der Annahmestelle wieder hergestellt.

        Im Bereich der Zivilgerichtsbarkeit ist auf die Entscheidung des OLG Hamm vom 05.12.02 zu verweisen. Das OLG Hamm geht in dieser, von der Sportwetten GmbH G. gegen einen Wettbewerber erstrittenen Entscheidung gleichfalls – allerdings ohne nähere Begründung – von der bundesweiten Geltung der Erlaubnis vom 14.09.90 aus. Das LG Köln hat in einem Wettbewerbsprozess gegen die Beklagte des BGH-Verfahrens „Sportwetten-Genehmigung“ mit Beschluss vom 23.05.03 festgestellt, dass sich die Lage seit der BGH-Entscheidung nicht geändert habe, die Beklagte also weiterhin auf die Zulässigkeit ihrer Tätigkeit vertrauen dürfe (Anlage K64). Das LG Karlsruhe hat in einer Entscheidung vom 05.11.03 (MD 04, 556) zugunsten der Sport­wetten GmbH G. festgestellt, dass die St. Toto-Lotto GmbH B.-W. nicht äußern dürfe, die Sportwetten GmbH G. dürfe in Baden-Württemberg nicht werben. Denn die Rechtslage bezüglich der Reichweite von DDR-Sport­wetten­genehmigungen sei noch nicht abschließend geklärt ( S.558 ).

        Schließlich kann sich die Sportwetten GmbH G. – und mit ihr die Klägerin - auf das Gutachten des anerkannten Staatsrechtlers Fritz Ossenbühl aus April 2002 berufen, der zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Sportwetten GmbH G. nach Art.12, Art 5 GG berechtigt sei, aufgrund der ihr erteilten DDR-Erlaubnis in ganz Deutschland je­denfalls zu werben und mit Kunden aus ganz Deutschland Wetten abzuschließen (An­lage K 46).

        (5) Vor diesem Hintergrund stellt sich das Handeln der Klägerin, das sich auf die der Sportwetten GmbH G. am 14.09.90 erteilten Erlaubnis gründet, selbst dann nicht als wettbewerblich unlauter dar, wenn sich in straf- bzw. verwaltungsrechtlicher Hinsicht letztlich die Rechtsauffassung der Beklagten durchsetzen sollte. Denn zwischen der Zuwiderhandlung gegen eine Norm i.S.v. § 4 Nr. 11 i.V.m. § 3 UWG n.F. und einem Wettbewerbsverstoß besteht aus den genannten Gründen kein „Automatismus“ für die Annahme der Unlauterkeit, selbst wenn man zu Grunde legt, dass die in § 4 UWG genannten 11 Fallgruppen in der Regel besondere Ausprägungen unlauteren Verhal­tens sind („insbesondere“).

    5. Stellt sich das von der Beklagten vorprozessual angegriffene wettbewerbliche Verhalten der Klägerin nicht als unlauter dar, so erweist sich die am 20.05.03 aus­ge­sprochene Abmahnung als rechtswidrig mit der Folge, dass sich die Klägerin hiergegen mit einer negativen Feststellungsklage zur Wehr setzen konnte. Denn der Unter­lassungsanspruch, dessen sich die Beklagte berühmte, bestand nicht und es war aus Sicht der Klägerin zu befürchten, dass sich die Beklagte auch weiterhin dieses ver­meintlichen Anspruchs berühmen wollte.

      1. Die genannten Grundsätze des Vertrauensschutzes gelten nach Auffassung des Senats auch nicht nur – wie dies in der Senatssitzung als Möglichkeit angeklungen war – im Rahmen der Abwehr einer gerichtlichen Inanspruchnahme durch Dritte. Ein sol­cher Fall lag zwar der BGH-Entscheidung „Sportwetten-Genehmigung“ zu Grunde. Für die Frage der Einschätzung der Rechtmäßigkeit des eigenen Verhaltens können je­doch keine abweichenden Kriterien gelten. Deshalb war die Klägerin nicht gehindert, sich auf dieser Grundlage auch im Wege des Gegenangriffs gegen eine aus ihrer Sicht unrechtmäßige Abmahnung der Beklagten zu wehren.

      2. Der Senat hat in diesem Zusammenhang erwogen, ob der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht in verallgemeinerter Form, sondern nur be­schränkt auf ihre von der Sportwetten GmbH G. abgeleitete Erlaubnis zugesprochen werden kann. Denn die Beurteilung der Unlauterkeit eines Wettbewerbshandelns be­darf der Bewertung des Einzelfalls, bei der – wie dargelegt – insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes die jeweiligen Umstände der konkreten Er­laubniserteilung von Bedeutung sind. Andererseits hatte die Beklagte selbst die Kläge­rin mit Schreiben vom 20.05.2003 in allgemeiner Form und ausdrücklich ohne Be­schränkung auf die Wirksamkeit der der Sportwetten GmbH G. erteilten Erlaubnis zu Unrecht wettbewerbsrechtlich abgemahnt. Vor diesem Hintergrund muss es der Kläge­rin rechtlich möglich sein, sich in ebenso allgemeiner Form mit einer negativen Fest­stellungsklage zur Wehr zu setzen. Eine Beschränkung auf den auf die Sportwetten GmbH G. zurück reichenden Sachverhalt wäre ungeeignet, das Wettbewerbswidrige der verallgemeinerten Abmahnung der Beklagten zutreffend zu erfassen.

      3. Demgegenüber kann die Beklagte einen vergleichbaren „Vertrauensschutz“ im Hinblick auf die ungeklärte Rechtslage nicht auch für sich in Anspruch nehmen und hiermit ihre unrechtmäßige Abmahnung rechtfertigen. Zum einen ist sie – bzw. eine Vertragspartnerin – nicht Begünstigte einer unmittelbar ihren Rechtskreis betreffenden Verwaltungsentscheidung. Im übrigen weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass es in einer wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzung dem „Angreifer“ obliegt, die Rechtslage in eigener Verantwortung sorgfältig zu prüfen. Etwaige Zweifel an der Ver­bindlichkeit bzw. Durchsetzbarkeit des von ihm vertretenen Rechtsstandpunktes hat er zum Anlass zu nehmen, von der Abmahnung eines Mitbewerbers Abstand zu nehmen, falls er eine gerichtliche Auseinandersetzung nicht riskieren will. Dieses Ergebnis ist auch sachgerecht. Denn der Beklagten ist es in einer unübersichtlichen Rechtslage zuzumuten, ohne unmittelbare Rechtsnachteile von einem Angriff abzusehen. Demge­genüber stellt es sich für die Klägerin als unmittelbar geschäftsschädigend dar, wenn man ihr abverlangte, sich gegen den unberechtigten Angriff eines Dritten nicht im We­ge des Gegenangriffs zur Wehr setzen zu dürfen.

    6. Die weitere Frage, ob sich das von der Beklagten vorprozessual angegriffene Verhalten der Klägerin zudem als irreführend i.S.v. § 3 UWG a.F. bzw. § 5 UWG n.F. darstellt, bedarf keiner weiteren Erörterung. Denn die Beanstandung der Beklagten be­zieht sich insoweit auf den Begriff der „Spielgemeinschaft“ im Zusammenhang mit Oddset-Wetten. Eine darauf bezogene Abwehr ist aber gerade nicht Gegenstand der erhobenen negativen Feststellungsklage und dementsprechend nicht Streitgegen­stand. Gleiches gilt für mögliche weitere Irreführungstatbestände, auf die sich die Be­klagte im Verlauf dieses Rechtsstreits berufen hat.

    7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Verurteilung auf der Grund­lage des ursprünglichen Hilfsantrags, den die Klägerin erst in zweiter Instanz zum Hauptantrag erhoben hat, stellt sich nicht als teilweise Klagerücknahme, sondern als kostenneutrale Konkretisierung dar und rechtfertigt keine anteilige Belastung der Klä­gerin mit Prozesskosten. Zur Begründung wird auf die Ausführungen unter Ziffer 1 Be­zug genommen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Rechtsstreit bietet dem Senat keine Veranlassung, gem. § 543 Abs. 2 ZPO die Re­vision zuzulassen. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung, sondern be­schränkt sich auf die Anwendung feststehender Rechtsgrundsätze auf den konkreten Einzelfall. Einer Entscheidung des Revisionsgerichts bedarf es auch nicht zur Fort­bil­dung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

Unterschriften