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mitgeteilt von RA Boris Hoeller ( HOELLER Rechtsanwälte )

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BGB § 12; MarkenG §§ 14,15, 23 Nr. 3; UWG § 1

1.  Bei einem gegen die Verwendung einer Internet-Domain gerichteten Unterlassungs­anspruch ist grundsätzlich auch auf den Inhalt der so adressierten Website abzustellen.

2.  Ist die Internet-Domain aus einer fremden Marke bzw. Firmenkurzbezeichnung und einer kritisch-beschreibenden Angabe gebildet (hier: awd-aussteiger.de), liegt in deren Ver­wendung kein marken- bzw. namensmäßiger Gebrauch, wenn der Verkehr den Domain­namen insgesamt nicht dem Dritt-Unternehmen zuordnet. Eine Markenverletzung ist je­denfalls nicht gegeben, wenn auf der so adressierten Website ein Informationsforum un­terhalten wird, das sich negativ-kritisch mit dem Dritt-Unternehmen befasst.

3.  Die Verwendung dieser Domain kann nur unter besonderen Umständen eine unlautere Behinderung (§ 1 UWG) darstellen, bei einer Website mit einem unternehmenskritischen Forum fehlt es insoweit am Handeln zu Wettbewerbszwecken.

HansOLG Hamburg, Urteil vom 13. November 2003 - Az.: 3 U 117/03 - 'awd-aussteiger.de'

3 U 117/03
416 0 213/02
Verkündet am 18. Dezember 2003



HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

  • *

    Antragstellerin, Berufungsbeklagte,

g e g e n
  • *

    Antragsgegnerin, Berufungsklägerin,


hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter G*, S*, Dr. L* nach der am 13. November 2003 geschlossenen mündlichen Verhandlung
für R E C H T erkannt

    Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des Land­gerichts Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 28. Februar 2003 abgeän­dert.

    Die einstweilige Verfügung des Landgerichts vom 17. Dezember 2002 wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Verfü­gungsantrag in der in der Berufungsverhandlung klargestellten Fassung wird zurückgewiesen.

    Die Antragstellerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

G r ü n d e

  1. Die Antragstellerin ist nach ihren Angaben einer der führenden deutschen Finanz­dienstleister mit Sitz in H., sie führt die Firmen-Kurzbezeichnung "AWD", unter der sie nach ihren Angaben im Geschäftsverkehr bekannt ist, und unterhält unter "www.awd.de" eine Website (Anlage ASt 1). Sie ist Sponsorin und Namensgeberin der "AWD-Arena" (des früheren Niedersachsenstadions) und Inhaberin der Marke "AWD" (Klagemarke; Anlagen ASt 2-3).

    Die Antragsgegnerin ist Inhaberin der Domain "www.awd-aussteiger.de", auf der Web­site äußern sich Kritiker der Antragstellerin mit selbst verfassten Beiträgen in dem dort errichteten Forum (Anlagen ASt 4, 8).

    Die Antragstellerin beanstandet das als Verstoß gegen ihre Kennzeichenrechte und nimmt die Antragsgegnerin deswegen im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unter­lassung in Anspruch.

    Das Landgericht hat mit dem Urteil vom 28. Februar 2003 seine einstweilige Be­schluss­verfü­gung vom 17. Dezember 2002 bestätigt, mit der der Antrags­gegnerin unter Andro­hung bestimmter Ord­nungsmittel verboten worden ist,

    die Bezeichnung "AWD" bzw. "awd" und/oder die Bezeichnung "awd-aus­steiger.de" im geschäftlichen Verkehr zu benutzen oder benutzen zu lassen, insbesondere als Internet-Adresse reserviert zu halten.

    Gegen das landgerichtliche Urteil richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin. Die Antrag­stellerin verteidigt das angefochtene Urteil mit der Maßgabe, dass vom Verbot ausschließlich die Bezeichnung "awd-aussteiger.de" erfasst sein soll.

  2. Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache Erfolg. Der Verfügungs­antrag in der von der Antragstellerin in der Berufungsverhandlung noch verteidigten Fassung ist nicht begründet. Unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils ist dem­ge­mäß die Beschlussverfügung des Landgerichts unter Zurückweisung des in zweiter In­stanz gestellten Verfügungs­antrages aufzuheben.

      1. Der Gegenstand des Verfügungsantrages in der in der Berufungsverhandlung klar­gestellten Fassung ist das Benutzen der Bezeichnung "awd-aussteiger.de" im ge­schäft­lichen Verkehr, insbesondere das Re­servierthalten als Internetadresse.

        Damit ist der Gegenstand des Unterlassungsantrages jedenfalls auch die Verwendung der Internet-Adresse "awd-aussteiger.de" für die Website der Antragsgegnerin, auf der sie ein Forum zum Erfahrungsaustausch über das Dienstleistungsangebot der Antrag­stelle­rin für AWD-Kunden, ehemalige Kunden und Mitarbeiter sowie sonstige Kritiker der Antragstellerin errichtet hat, und zwar die Verwendung der Bezeichnung "awd-aus­steiger.de" als Do­main-Name (vgl. hierzu unter II.) und die Benutzung der Be­zeichnung "awd-aussteiger.de" in der Werbung für ihren Internetauftritt mit dem AWD-Kritik-Forum in anderen Medien (vgl. hierzu unter III.).

        Da der Verbotsausspruch der Beschlussverfügung - entgegen den Grundsätzen des Senats - offen lässt, für welche Dienstleistungen und Inhalte auf den Internetseiten unter der Bezeichnung "awd-aussteiger.de" das Verbot gelten soll, handelt es sich mangels irgendeiner Einschränkung insoweit um ein Schlechthin-Verbot (vgl. hierzu unter IV.).

      2. Nach der Klarstellung in der Berufungsverhandlung geht es demgemäß nicht mehr um die Verwendung der Bezeichnungen "AWD" bzw. "awd" in Alleinstellung, insoweit hat die Antragstellerin ihren Verfügungsantrag nicht weiter verfolgt.

      3.  Entgegen den Ausführungen des Landgerichts war in erster Instanz nicht auch Streitgegenstand die Benutzung der Bezeichnung "AWD" als kennzeichnender "Be­standteil" einer Internetadresse (d. h. abgesehen von der konkreten Bezeichnung "awd-aussteiger.de"), ebenso nicht die Verwendung der Bezeichnung "AWD" als Meta­tag, sei es in Alleinstellung oder gar von solchen Metatags, in denen jeweils "AWD" als Bestandteil enthalten ist. Das ergibt sich bereits aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Antragsfassung. Dem steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin in ihrem schrift­sätzlichen Vorbringen die "AWD"-Metatags (Anlage ASt 9) erwähnt hat.

        In zweiter Instanz ist das unverändert so geblieben, der in der Berufungsverhandlung protokollierte Vergleich sollte die Metatags zwar mit einbeziehen, von dem Vergleich ist aber die Antragsgegnerin wirksam zurückgetreten (Bl. 110).

    1. II. Der Teil des Verfügungsantrages, der die Verwendung der Internet-Adresse "awd-aus­steiger.de" für die derzeitige Website der Antragsgegnerin mit dem AWD-kritischen, oben unter I. beschriebenen Forum zum Gegenstand hat, und zwar als Domain-Namen der Antragsgegnerin, ist nach Auffassung des Senats unbegründet.

      1. Es kann allerdings unterstellt werden, dass die Anwendbarkeit des § 14 MarkenG als Anspruchsgrundlage vorliegend nicht am Fehlen einer Handlung im geschäftlichen Verkehr scheitert.

        Kennzeichenschutz nach dem MarkenG besteht generell nur gegenüber "im geschäftli­chen Verkehr" vorgenommenen Handlungen. Die Handlung muss einem beliebigen ei­genen oder fremden Geschäftszweck dienen, wobei Gewinnabsicht, Entgeltlichkeit oder ein Wettbewerbsverhältnis nicht begriffsnotwendig sind (Ingerl/Rohnke, Marken­gesetz, § 14 MarkenG Rz. 34-35 m. w. N.).

        Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit, dass die Antragsgegnerin mit der unter der beanstandeten Domain eingerichteten Website ein Forum zum kritischen Aus­tausch über das Unternehmen der Antragstellerin eröffnet hat. Mit dieser Art von Dienstleistung richtet sich die Antragsgegnerin ebenso an die Öffentlichkeit wie mit der beanstandeten Domain. Das steht der Annahme einer nur privaten oder internen, dem Markenrecht grundsätzlich entzogenen Tätigkeit entgegen.

        Auf der anderen Seite ist anerkannt, dass z. B. Vereins- und Verbandstätigkeiten mit ausschließlich ideeller Zielsetzung sowie bei z. B. rein verbraucheraufklärenden Aktivi­täten markenrechtlichen Ansprüchen nicht ausgesetzt sind, wenn nicht (auch) ge­schäft­liche Interessen verfolgt werden (Ingerl/Rohnke, a. a. O., § 14 MarkenG Rz. 36 m. w. N.). In diese Richtung mag das Forum der Antragsgegnerin jedenfalls ansatz­weise zeigen, auch wenn die Zielsetzung der eingerichteten Website der An­trags­gegne­rin sehr begrenzt ist, weil das Diskussionsthema nur das Unternehmen und die (ehema­ligen) Mitarbeiter und Kunden der Antragstellerin betrifft.

        Allerdings handelt derjenige, der einen Internet-Domain-Namen anmeldet, um sie so­dann an Dritte zu lizenzieren oder zu veräußern, nicht nur als Privatperson (In­gerl/Rohnke, a. a. O., § 14 MarkenG Rz. 37 m. w. N.). Dass das die Antragsgegnerin schon bei der Anmeldung angestrebt hätte, kann mangels konkreter Anhaltspunkte nicht angenommen werden. Die Antragsgegnerin hat den nicht belegten Vorwurf der Gegen­seite, ihr gehe es nur darum, sich die Domain für viel Geld von der Antrag­stellerin ab­kaufen zu lassen, bestritten.

      2.   Der Unterlassungsanspruch ist nach Auffassung des Senats nicht aus § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3-5 MarkenG begründet, und zwar nach Auffassung des Senats we­gen der fehlenden Anspruchsvoraussetzung des markenmäßigen Gebrauchs.

        1.  Marken sind -  wie der erkennende Senat bereits mehrfach entschieden hat - durch die Vorschriften des MarkenG nur gegen eine (rechtswidrige) markenmäßige Be­nutzung geschützt (HansOLG Hamburg, MagazinDienst 2000, 597, NJW-RR 1999, 1060; vgl. ebenso KG GRUR 1997, 295 m. w. N.). Das folgt aus dem Wortlaut des § 14 Abs. 2 MarkenG sowie aus dem Sinnzusammenhang der gesetzli­chen Rege­lungen und ent­spricht der überwiegenden Meinung in Rechtspre­chung und Literatur (vgl. hierzu: In­gerl/Rohnke, a. a. O., § 14 MarkenG Rz. 50 m. w. N.).

          Hieran ist im Grundsatz festzuhalten; inwieweit ein Bedürf­nis bestehen könnte, be­stimmte Mar­kenbeeinträchtigungen ohne Vorliegen eines mar­kenmäßigen Gebrauchs insbeson­dere im Rahmen des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG unter Schutz zu stellen, kann dahin­stehen. Für den vorliegenden Fall besteht hierfür jedenfalls keine Notwendigkeit, wie noch auszuführen sein wird.

        2.   Eine solche markenmäßige Benutzung kann entgegen der Ansicht der Antrag­stelle­rin bei der Verwendung der beanstandeten Domain nicht etwa allein schon des­wegen angenommen werden, weil sie eine Internet-Adresse darstellt und in ihr der mit der Kla­gemarke "AWD" übereinstimmende Bestandteil "awd" enthalten ist.

          Internet-Domain-Namen haben neben der eigentlichen Adressenfunktion in der Regel Sekundärfunktionen. Bestehen sie erkennbar nur aus Firmenbezeichnungen, Marken­wör­tern oder entsprechenden Abkürzungen, so stellt ihre Wiedergabe z. B. in schriftli­cher Form einen kennzeichenmäßigen Gebrauch im herkömmlichen Sinne dar, da sie der Verkehr ohne weiteres als Bezeichnung des über die Internet-Adresse erreich­ba­ren Unternehmens verstehen wird. Enthalten sie dagegen (auch) beschreibende Anga­ben, so kön­nen sie eine nur inhaltsbeschreibende Funktion nach Art eines inhalts­be­schrei­benden Werktitels haben (Ingerl/Rohnke, a. a. O., § 14 MarkenG Rz. 65 m. w. N.).

          In jedem Fall sind für das Vorliegen markenmäßigen Gebrauchs die Art und der Inhalt des konkreten Domainamens in seiner Gesamtheit und die dadurch hervorgerufene Verkehrsauffassung maßgeblich. Für diese Prüfung wäre es deswegen vorliegend - wie auch sonst nach den Grundsätzen des Markenrechts - verfehlt, etwa zergliedernd nur auf den Bestandteil "awd" des Domain-Namens der Antrags­gegnerin abzustellen.

        3.   Bei der demgemäß vorzunehmenden Würdigung des Gesamteindrucks der bean­standeten Bezeichnung ist maßgebend, dass zwar die Klagemarke ("AWD") – überein­stimmend mit dem Firmenkürzel der Antragstellerin - als eine Marke erkennbar in dem Domainnamen enthalten ist und insoweit auf das Unternehmen bzw. das Ange­bot der Antragstellerin verweist. Der Bestandteil "AWD" ist aber mit dem glatt beschrei­benden Wort "Aussteiger" zu einer Gesamtbezeichnung nach Art einer Bestimmungs­angabe verbunden. Wegen ihres eindeutigen Inhalts stellt die Verwendung der Internet-Domain bezüglich der streitgegenständlichen Website der Antragsgegnerin keinen marken­mäßigen Gebrauch der Klagemarke dar.

          Die Bedeutung der Gesamtbezeichnung "awd-aussteiger.de" ist für einen Domain-Na­men inhaltlich ein­deutig, man erwartet unter dieser Bezeichnung thematisch eine Web­site mit Informationen und sonstigem Textmaterial für bzw. von Personen (Mitarbeiter und/oder Kunden), die sich vom Unternehmen "AWD", mithin von dem der Antrag­stelle­rin, trennen wollen oder die es bereits verlassen haben.

          Werden Bestimmungsangaben, die eindeutig auf ein nicht aus dem eigenen Unterneh­men stammendes Produkt hinweisen, verwendet, so fehlt es bei einer so gebildeten Be­zeichnung nach zutreffender herrschender Meinung am kennzeichenmäßigen Ge­brauch, dabei wird für die Eindeu­tigkeit von der Rechtsprechung zu Recht ein stren­ger Maßstab gefordert (Ingerl/Rohnke, a. a. O., § 23 MarkenG Rz. 50 m. w. N.).

          Das ist vorliegend nach Auffassung des Senats der Fall. Wegen der schon in dem Do­main-Na­men durch "Aussteiger" ausgedrückten, eindeutig kritischen Haltung gegen­über der Antragstellerin wird der Verkehr selbstverständlich nicht annehmen, dass unter die­sem Domain-Namen, der wie eine Aktion gegen die Antragstellerin wirkt und demgemäß für ihr Unternehmen nur Ne­gatives erwarten lässt, etwa eine Website der Antragstellerin - oder einer mit der Antragstellerin in Verbindung stehenden Dritten - angeboten werden soll. Das würde der Lebenserfahrung widersprechen.

          Wer dem Angebot der Antragstellerin gegenüber positiv und interessiert eingestellt ist, wird ein solches nicht unter Eingabe des angegriffenen Domain-Namens suchen. Die Annahme der Antrags­gegnerin, dass gleichwohl ein Interesse an der so bezeichneten Website der Antrags­gegnerin besteht, steht dem selbstverständlich nicht entgegen.

        4.  Das Argument des Landgerichts, es bestehe durch die Verwendung der Domain der Antragsgegnerin die Gefahr, dass die Domain mit der Klagemarke "gedanklich in Ver­bindung gebracht" werde, greift nicht durch.

          Bei diesem in § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG genannten Tatbestandsmerkmal handelt es sich um ein Element der Verwechslungsgefahr. Hierzu gehören jedenfalls die früheren Tat­bestände der sog. mittelbaren Verwechslungsgefahr und der Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne. Alle Formen der Verwechslungsgefahr setzen ihrerseits eine mar­kenmäßige Verwendung voraus, begründen sie aber nicht.

          Die Domain der Antragsgegnerin wird vom Verkehr schon wegen der inhalt­lich-negativen Aussage weder dem Unternehmen der Antragstellerin di­rekt noch einem anderen Unternehmen "im Lager" der Antragstellerin zugeordnet. Demgemäß kann der Umstand, dass der Domain-Name der Antragsgegnerin selbstver­ständlich Assoziatio­nen in Bezug auf das Firmenkürzel der Antragstellerin und damit auf die Klagemarke herstellt, für die Annahme einer kennzeichenmäßigen Benutzung nicht ausreichen (vgl. so schon EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma).

        5.  Der Unterlassungsanspruch wäre in Anwendung des § 23 Nr. 3 MarkenG nach Auffas­sung des Senats auch dann nicht begründet, wenn man - beide Annahmen ent­gegen den obigen Ausfüh­rungen einmal unterstellt - annähme, dass mit der Domain der Antragsgegnerin ein markenmäßiger Gebrauch vorläge oder dass das MarkenG auch auf Fälle des nicht markenmäßigen Gebrauchs anzuwenden sei.

          Die unautorisierte Nennung eines fremden Kennzeichens als Bestimmungsangabe für ein eigenes Produktangebot ist nicht generell eine Markenverletzung, sondern ist in § 23 Nr. 3 MarkenG in Umsetzung von Art. 6 lit. c MRRL als Schutzschranke mit Unter­lauterkeitsvorbehalt geregelt. In so einem Fall dient das Zeichen zwar zur Unterschei­dung von Waren oder Dienstleistungen, jedoch nicht als Bezeichnung für ein dem Zei­chenverwender zurechenbares eigenes Produktangebot, sondern offen als Kenn­zeichen eines fremden Dritten; es geht um die Benennung des richtigen Produkts mit der richti­gen Marke (Ingerl/Rohnke, a. a. O., § 14 MarkenG Rz. 85, 86, 88, § 23 MarkenG Rz. 49, jeweils m. w. N.).

          Um so eine Benutzung ginge es dann im vorliegenden Fall. Wie oben ausgeführt, wird mit dem Domain-Namen ausgedrückt, dass auf der so bezeichneten Website kritische Äuße­rungen über das Unternehmen der Antragstellerin dargestellt werden.

          (aa)  Nach Auffassung des Senats wäre der von der Antrags­gegnerin gewählte Domain-Name für das Thema der Website "notwendig" im Sinne des § 23 Nr. 3 MarkenG.

          Die Vorschrift des § 23 Nr. 3 MarkenG soll Bestimmungsangaben ermöglichen, die nicht aus beschreibenden Angaben im Sinne des § 23 Nr. 2 MarkenG bestehen, son­dern ein geschütztes Kennzeichen gerade als solches benutzen, um diejenigen Ori­ginal-Dienst­leistungen (oder -Waren) des Kennzeicheninhabers zu identifizieren, für die die Dienst­leistung (oder Ware) des Verwenders bestimmt sein soll. Die "Not­wen­digkeit" der Ver­wen­dung einer Bestimmungsangabe ist grundsätzlich schon immer dann anzuerkennen, wenn sie nach Art der Produkte im Interesse der Abnehmer liegt und die Benutzung des geschützten Kennzeichens die branchenübliche Art und Weise der Identifizierung des Hauptprodukts darstellt (Ingerl/Rohnke, a. a. O., § 23 MarkenG Rz. 49, 52 jeweils m. w. N.).

          Um so eine Benutzung der Klagemarke ginge es im vorliegenden Fall, wenn man - wie ausgeführt - ihre kennzeichenmäßige Benutzung in der Domain der Antragsgegner be­jahte. Das als solches nicht zu beanstandende Thema der Website der Antrags­geg­nerin macht es zwingend erforderlich, in der Domain die Firmenabkürzung (und damit die Klagemarke) mit aufzuführen. Eine praktikable Ausweichmöglichkeit ohne Nennung der Klagemarke ist nicht erkennbar, wenn man einem solchen Forum überhaupt eine Chance auf Resonanz einräumen will.

          (bb)  Nach Auffassung des Senats wäre die Verwendung des Domain-Namens auch nicht unlauter im Sinne des § 23 Nr. 3 MarkenG.

          Der Unlauterkeitsvorbehalt des § 23 MarkenG ist als eng auszulegende Schranken-Schranke zum Ausschluss von im Einzelfall missbräuchlichen Erscheinungsformen des Gebrauchs der grundsätzlich frei benutzbaren Angaben zu verstehen, bei § 23 Nr. 3 MarkenG müssen Irreführung und Rufausbeutung mit allen dem Dritten objektiv zumut­baren Mitteln ausgeschlossen sein, insbesondere die unterschiedliche Herkunft der Produkte muss klar und eindeutig erkennbar gemacht sein (Ingerl/Rohnke, a. a. O., § 23 MarkenG Rz. 9, 53 jeweils m. w. N.).

          Eine Irreführungsgefahr in dem Sinne, dass man das Angebot der Antragsgegnerin we­gen des Domain-Namens dem Unternehmen bzw. dem "Lager" der Antragstellerin zu­ordnen könnte, kommt wegen der inhaltlich eindeutigen Gesamtbezeichnung, wie aus­geführt, nicht in Betracht.

          Auch eine Rufausbeutung der Klagemarke ist wegen des Inhalts der Website der An­tragsgegnerin nicht gegeben. Das kritische Forum wird zwar die Antragstellerin und ihr Unternehmen gegebenenfalls auch in ihrem guten Ruf beeinträchtigen können, aber das wäre nicht eine Folge des beanstandeten Domain-Namens unter Ausbeutung des Rufs der Klagemarke, sondern des negativen Inhalts der so beschriebenen Website im Ein­zelnen.

          Der kritische Inhalt der Website führte wiederum nicht dazu, die Verwendung der Do­main als unlauter zu bewerten. Insoweit geht es um dieselben Umstände, die im Rah­men der Anspruchsgrundlage des § 1 UWG wegen unlauterer Behinderung von Be­deutung sein können. Auf die nachstehenden Ausführungen hierzu unter Ziffer II. 6. wird Bezug genommen.

          Auf den Umstand, dass auf der Website der Antragsgegnerin ein Logo "AWD-Ausstei­ger" erscheint, kommt es nicht an. Es wird von der Antragstellerin zwar als mit ihrem Logo verwechselbar ähnlich beanstandet (Anlagen ASt 7 und 12), aber die Gestal­tungselemente der Website sind nicht Streitgegenstand. Ob eine Nachahmung vorliegt, kann dahingestellt bleiben.

          Auch die von der Antragstellerin beanstandeten Metatags auf der Website (An­lage ASt 9) sind für den vorliegenden Streitgegenstand ohne Belang, sie können daher nicht zur Begründung einer Unlauterkeit herangezogen werden.

          Der Umstand, dass die Antragsgegnerin noch wei­tere "AWD"-Domains angemeldet hat ("awd-kunde.de", "awd-mandant.de" und "awd-aktionaer.de": Anlage ASt 11), ist eben­falls vorliegend unbeachtlich; ob diese rechtlich angreifbar sind, spielt für die rechtliche Bewertung der hier in Rede stehenden Domain keine Rolle.

      3.  Der Unterlassungsanspruch ist nach Auffassung des Senats aus § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3-5 MarkenG nicht begründet.

        Die Anspruchsgrundlage ist nicht gegeben, auch wenn man die Behauptung der An­trag­stellerin, ihre Geschäfts-Kurz-Bezeichnung "AWD" sei bekannt, als zutreffend un­terstellt und demgemäß von der Bekanntheit der Klagemarke ausgeht. Es fehlt an der Voraus­setzung der markenmäßigen Benut­zung der beanstandeten Bezeichnung; auf die obi­gen Ausführungen un­ter II. 2. wird Bezug genommen.

        Zudem wird die Unterscheidungskraft der (unterstellt: bekannten) Klagemarke durch die beanstandete Domain nicht beeinträchtigt. Die Website dient dem Mei­nungs­aus­tausch zwischen ehemaligen Mitarbeitern bzw. Kunden der Antragstellerin und das wird durch den Domain-Namen beschrieben. Insoweit steht keine Verwässerung der Zeichenwir­kung in Rede.

        Auch das Ausnutzen der Wertschätzung der (unter­stellt: bekannten) Klagemarke liegt nicht vor. Mit diesem Merkmal sind rufschädigende Eingriffe durch die Übertragung ne­gativer Vorstellungen auf die Marke gemeint, aber eben durch marken­mäßige Benut­zungshandlungen wie z. B. die Verwendung des Zeichens für qualitativ minder­wertige oder für dem Image abträgliche Produkte (Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 14 MarkenG Rz. 504 m. w. N.). Vorliegend geht es dagegen um ein Forum für eine Unter­nehmens­kritik, es ist nahe liegend, dass dabei das Unternehmen so benannt werden muss. Die negativen Folgen für die Antragstellerin als Markeninhaberin ergeben sich insoweit aus der Kritik auf der Website, nicht aber aus der Art der Verwendung der Be­zeichnung.

        Schließlich wäre der Unterlassungsanspruch wegen § 23 Nr. 3 MarkenG nicht gege­ben, auf die obigen Ausführungen unter II. 2. wird entsprechend Bezug genommen. Die Un­lauterkeit wäre insoweit auch nicht etwa dann begründet, wenn es sich bei der Klage­marke um eine bekannte Marke handelte.

      4.   Der Unterlassungsanspruch ist auch aus § 12 BGB nicht begründet.

        Das Namensrecht der Antragstellerin (hier im Hinblick auf die Abkürzung der Firma "AWD") ist schon deswegen durch die beanstandete Domain nicht verletzt, weil durch den Domain-Namen "awd-aussteiger.de" die Antragstellerin nicht gehindert wird, ihr Firmenkürzel zu gebrauchen.

        Der unbefugte Gebrauch eines fremden Namens im Sinne von § 12 BGB liegt bei der Benutzung eines fremden Namens zur Kennzeichnung eines Unternehmens, einer Ware oder einer sonstigen Einrichtung vor. Ausreichend hierfür ist bereits, dass der Verkehr auf Grund der Kennzeichnung mit dem fremden Namen von bestehenden Zu­sammenhängen ausgeht. Die beteiligten Verkehrskreise müssen die bezeichneten Ge­genstände als solche des Namensträgers ansehen oder ihm sonst zuordnen; die Ge­fahr einer solchen Zuordnungsverwirrung genügt (RGZ 74, 308 - Graf Zeppelin; BGH GRUR 1981, 846 - Rennsportgemeinschaft; Gloy/Strothmann, Hdb. WettbewerbsR, § 53 Rz. 12).

        Insoweit handelt es sich um vergleichbare Grundsätze wie bei denen zum oben erör­terten kennzeichenmäßigen Gebrauch einer Marke. Die Kurzbezeichnung der Antrag­stellerin wird in der Domain der Antragsgegnerin nur aus inhaltlichen Gründen genannt, eine Zuordnung der Domain in das "Lager" der Antragstellerin kommt nicht in Betracht, insoweit liegt nur eine bloße Namensnennung und keine Namensanmaßung vor.

        Im Übrigen wird auf die obigen Ausführungen unter II. 2. entsprechend Bezug genom­men.

      5.  Der Unterlassungsanspruch ist auch aus § 15 MarkenG nicht begründet.

        Durch die Verwendung der Domain wird das Firmen­recht der Antragstellerin betreffend die Bezeichnung "AWD" als Firmenkürzel nicht verletzt. Auf die obigen Ausführungen unter II. 2.- 4. wird entsprechend Bezug genommen.

      6.   Der Unterlassungsanspruch ist nach Auffassung des Senats gemäß § 1 UWG (wettbe­werbswidrige Behinderung) nicht begründet. Die Anwendbarkeit der Vorschrift scheitert entgegen dem Landgericht bereits daran, dass kein Handeln zu Wettbewerbs­zwecken vorliegt.

        Die Antragsgegnerin hat keinen eigenen Geschäftsbetrieb, sie ist insbesondere nicht eine Konkurrentin der Antragstellerin. Sie bezweckt mit dem Internet-Forum, für das sie den beanstandeten Do­main-Namen benutzt, Kritik an der Antragstellerin zu publizieren und sie bietet das Internet-Forum als Diskussionsplattform für Drittäußerungen an. Die­sem Zweck trägt die beanstandete Internet-Adresse Rechnung.

        Soweit die veröffentlichten negativ-kritischen Beiträge überwiegend zu Lasten der An­trag­stellerin ausfallen, handelt es sich um die Folgen eines medialen Verhaltens der Antragsgegnerin und nicht um ein marktbezogenes Wettbewerbsverhalten. Deswegen wäre es verfehlt, aus den negativen Folgen der Website für die Antragstellerin zugleich eine Wettbewerbsförderungs­absicht für irgendwelche Konkurrenten zu konstruieren.

        Nicht anders ist die Verwendung des diesen Zweck des Forums beschreibenden Do­main-Namens zu bewer­ten. Es geht der Antragsgegnerin nicht um die Förderung frem­den Wettbewerbs, son­dern um kritische Mitteilungen über die Antragstellerin. Das ist als solches - wie die An­tragstellerin selbst nicht verkennt - kein generell rechtswidriges Un­terfangen, vielmehr kann sich die Antragsgegnerin hierzu auf das Grundrecht der Mei­nungsäußerungs­freiheit gemäß Art. 5 GG berufen. Dieses Kommunikations­grund­recht würde leer laufen, wenn allein die negativen Folgen der Drittveröffentlichungen über die Antragstellerin genügten, die Ver­wendung der beanstandeten Domain der wettbewerbli­chen Beurteilung zu unterziehen.

        Dem steht nicht etwa entgegen, dass die Antragsgegnerin möglicherweise aus familiä­ren Gründen - ihr Ehemann war früher ein Mitarbeiter der Antragstellerin - einseitig ge­gen die Antragstellerin eingestellt ist und diese Haltung das eigentliche Motiv für das Betreiben des Internet-Forums ist, um gegen die Antragstellerin Stimmung zu machen (vgl. einen Beitragsauszug aus der Website: Anlage ASt 8). Deswegen ist für die Frage der Anwendbarkeit des § 1 UWG auch ohne Belang, ob einzelne Äußerungen in dem Forum rechts­widrig sind, zumal diese nicht zum Streitgegenstand gehören.

      7.  Der Unterlassungsanspruch ist nach Auffassung des Senats schließlich aus §§ 824, 826 BGB nicht begründet.

        Es sind für diese Vorschriften die widerstreitenden Interessen der Parteien gegenein­an­der abzuwägen. Da man erkennt, dass die Domain nicht in das Lager der Antrag­stellerin gehört, ist der Grad der Beeinträchtigung auf Seiten der Antragstellerin eher gering. In­haltliche Entgleisungen auf der Website der Antragsgegnerin sind nicht Streit­gegen­stand und haben mit der Frage der Rechtswidrigkeit des Domain-Namens nichts zu tun. Auf der anderen Seite steht die Meinungsäußerungsfreiheit der Antragsgegne­rin, die ganz erheblich beschnitten würde, wenn sie gehindert wäre, auf das von ihr verfolgte Thema in geeigneter Weise hinzuweisen.

        Dabei verkennt der Senat nicht, dass das allgemeine Interesse des Kommunikations­forums der Antragsgegnerin mit der einseitigen Thematik nicht über eine längere Zeit bestehen bleiben muss, sondern merklich zurückgehen kann, insbesondere wenn das Unternehmen der Antragstellerin keine Veranlassung zu einem weiteren Meinungs­austausch gibt. Es sind dann auch Fallkonstellationen denkbar, bei denen die Weiter­verwendung des beanstandeten Domain-Namens trotz des für die Antragsgegnerin streitenden Kommunikationsgrundrechts nach Abwägung aller Umstände rechtswidrig ist. Von einem solchen Sachverhalt kann vorliegend aber mangels greifbarer Anhalts­punkte nicht ausgegangen werden.

    2. Der weitere Teil des Verfügungsantrages, der die Verwendung der Bezeichnung "awd-aussteiger.de" in der Werbung für die derzeitige Website mit dem AWD-kritischen, oben unter I. beschriebenen Forum zum Gegenstand hat, und zwar in an­deren Medien, ist nach Auffassung des Senats unbegründet.

      Nach dem Gegenstand des Antrages geht es allein um die Verwendung der Internet-Adresse in der Werbung. Da die Benutzung der Domain, wie ausgeführt, für die Web­site der Antragsgegnerin nicht zu untersagen ist, fehlt es an der An­spruchsgrundlage, gegen die Werbung für diese Website unter Nennung der Internet-Adresse vorzuge­hen. Auf die obigen Ausführungen unter II. wird entsprechend Bezug genommen.

    3. Der letzte Teil des Verfügungsantrages gemäß der in der Berufungsverhandlung vertei­digten Fassung, der die Verwendung der Bezeichnung "awd-aussteiger.de" im ge­schäft­lichen Verkehr für andere Zwecke - abweichend von den oben unter II. und III. beschrie­benen - zum Gegenstand hat, insbesondere die Benutzung als Domain-Name für eine Website mit einem anderen Inhalt als dem des AWD-kritischen Forums, ist nach Auffas­sung des Senats unbegründet.

      Insoweit fehlt es an der Begehungsgefahr. Die Antragsgegnerin hat bisher keine ande­ren Inhalte als das Thema der AWD-Kritik auf ihrer Website unter dem Domain-Namen veröffentlicht. Es ist auch nicht erkennbar, dass insoweit für ein rechtswidriges Handeln Erstbegehungsgefahr besteht.

    4. Nach alledem war die Berufung der Antragsgegnerin begründet, soweit die Antrag­stelle­rin ihren Verfügungsantrag nicht zurückgenommen hat.

      Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 269 Abs. 3 ZPO.

Unterschriften