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Rechtsprechung

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mitgeteilt von RA Boris Hoeller ( HOELLER Rechtsanwälte )

38 O 81/01 Verkündet am 09.11.2001


JUSTIZANGESTELLTER
als Urkundbeamter
der Geschäftsstelle

Landgericht Düsseldorf

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

  • *

    Klägerin,

g e g e n
  • *

    Beklagte,

    Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt Höller in Bonn -


hat die 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 12. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht *, den Handelsrichter * und den Handelsrichter *
für R E C H T erkannt
  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
  3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 6.000,00 DM vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheitsleistung kann durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

T a t b e s t a n d

Die Klägerin befaßt sich seit Jahrzehnten mit dem Bau von lndustrieanlagen, vorwiegend Industrieöfen. Sie ist Inhaberin der Wort-Bild-Marke "Alte", wegen deren grafischer Ausgestaltung auf die Anlage K 3 Bezug genommen wird. Der Schutzbereich betrifft Waren der Klasse 7, 9, 11 und 40.

Die Beklagte betreibt zum einen einen Handel mit Dachbaustoffen, zum anderen befaßt sie sich mit sogenanntem E-Commerce insbesondere in Form eines Branchen- und lnformationsservice Verlages, der sogenannte Internet-Führer herausgibt. Dieser Führer besteht im wesentlichen daran, daß unter einer Vielzahl reservierter Internet-Domains mit vorwiegend allgemeiner Bedeutung dritte Personen oder Firmen Veröffentlichungen vornehmen können, die einen Zusammenhang mit der Domain-Bezeichnung herstellen wollen. So hat die Beklagte für sich auch die Bezeichnung "www.alte.de" reserviert. Nach ihrer Darstellung ist sie dabei, ein Senioreninformationssystem unter dieser Domain aufzubauen.

Die Klägerin sieht in der Reservierung und Nutzung dieser Bezeichnung eine Verletzung ihrer prioritätsalteren Marken- und Namensrechte sowie einen Verstoß gegen § 1 UWG. Die Klägerin werde insbesondere in der Nutzung ihres Namens eingeschränkt durch die dem sogenannten Domain Grabbing vergleichbare Verhaltensweise der Beklagten.

Die Klägerin beantragt,

Die Beklagte beantragt,

Sie hält das Reservieren einer Vielzahl von Domain-Bezeichnungen nicht für gesetzwidrig und weist darauf hin, daß die Klägerin sowohl selbst unter ihrem vollständigen Firmennamen wie auch mittels etwa einer Subdomain im Wege des sogenannten Domain-Sharing auf der Seite der Klägerin vertreten sein könne. Die Firma der Klägerin sei ihr bis vor kurzem unbekannt gewesen. Der Begriff "Alte" habe bestimmte generische Bedeutungen, die weder mit der Marke noch der Firma der Klägerin eine Verbindung aufweisen. Für die Domain-Bezeichnung sei bereits ein Titelschutzantrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch darauf, daß die Beklagte die Kennung "alte.de" bei Online­Dienstleistungen als Domain-Name in Zukunft im Internet nicht mehr benutzt.

Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 14 Abs. 2 und Abs. 5 MarkenG. Bei der für die Klägerin geschützten Marke handelt es sich um eine Wort- Bild-Marke, deren Schutz sich auf die konkrete Ausgestaltung bezieht. Nach den von der Klägerin selbst vorgelegten Unterlagen benutzt sie die Marke auch auf ihren Werbeträgern vom Briefpapier bis zu LKW-Planen in eben dieser noch farbig stets gleichen Weise. Da der Wortbestandteil zudem in der deutschen Umgangssprache zu finden ist und die Klägerin selbst nicht etwa behauptet, es handele sich um eine im Inland bekannte Marke, erscheint schon fraglich, ob die Domain-Bezeichnung "alte.de" den erforderlichen Ähnlichkeitsgrad im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG aufweist. Jedenfalls aber besteht keine Ähnlichkeit der jeweils unter den Bezeichnungen angebotenen Waren oder Dienstleistungen, die eine Verwechslungsgefahr begründen könnte. Der von der Klägerin betriebene und auch in ihrer Werbung stets zusätzlich herausgestellte Geschäftsbereich des lndustrieofenbaus und der Harterei weist keine Nähe zum Baustoffhandel oder zu internetspezifischen Dienstleistungen auf. Die bisherige und unstreitig zukünftig beabsichtigte Nutzung der Domain bietet keinerlei tatsächlichen Anhalt für irgendeinen Zusammenhang mit der Marke der Klägerin.

Entsprechendes gilt auch für einen möglichen Unterlassungsanspruch gemaß § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG. Angesichts des Firmennamens "Wilhelm Alte GmbH" weist die Bezeichnung "alte.de" nur eine teilweise Identität auf. Hierbei ist aber besonders zu beachten, daß gerade der hier streitige Teil als Bestandteil der deutschen Umfangssprache - auch - beschreibenden Charakter aufweist. Wie die Klägerin selbst vorträgt, kommt einer Domain Bezeichnung in erster Linie Adressenfunktion zu. Die Beklagte benutzt aber weder nach Form noch nach Inhalt die Domain "alte.de" um Inhalte zu vermitteln, die irgendeinen Bezug zur geschäftlichen Bezeichnung der Klägerin nahelegen könnten.

Ob neben markenrechtlich zu prüfenden Ansprüchen solche mit gleicher Rechtsfolge überhaupt möglich sind, die ihre Grundlage im allgemeinen Wettbewerbsrecht haben, ist umstritten. Vorliegend bedarf es jedoch insoweit keiner Entscheidung, weil die Voraussetzungen eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruches gemäß § 1 UWG ebenfalls nicht erfüllt sind.

Unabhängig auch von der Frage eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses liegt eine unzulässige individuelle Behinderung nur dann vor, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, den Mitbewerber an seiner Entfaltung zu hindern und ihn dadurch zu verdrängen. Jedenfalls muß die Behinderung derart sein, daß der beeinträchtigte Mitbewerber seine Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen kann.

Keine dieser Voraussetzungen ist bei Würdigung der Umstände als erfüllt anzusehen. Die Klägerin trägt selbst vor, seit Jahrzehnten ihren Geschäftsbetrieb zu führen. Zur Beklagten bestanden keinerlei geschäftliche Kontakte. Erst als die Klägerin im Jahre 2000 eine Internet-Darstellung ihres Unternehmens plante, wurde sie auf die seit mehreren Jahren bestehende Reservierung der Domain "alte.de" aufmerksam. Eine der Interessenlage vergleichbare Situation wie beim sogenannten Domain-Grabbing liegt nicht vor. Unstreitig könnte die Klägerin noch heute eine Internet-Präsens unter dem kennzeichnungskräftigen Teil ihres Firmennamens anmelden. Verschiedene Gestaltungen einer Domain mit "Wilhelm Alte" sind technisch machbar. Durch eine den Vornamen einbeziehende Kennzeichnung würde der lndivdualisierungseffekt bedeutend erhöht, der bei dem beschreibenden Begriff "Alte" nur gering ausgeprägt ist. Auf eine schlagwortmäßig kurze, dafür aber naturgemäß ungenaue Sammelbezeichnung läßt sich ein Rechtsanspruch wettbewerbsrechtlich nicht begründen. Die Beklagte beabsichtigt nicht, die Domain an den Meistbietenden zu veräußern. Sie hat der Klägerin eine Präsens auf der fraglichen Seite gegen Kostenerstattung ohne übermäßiges Gewinnstreben angeboten. Ihre Geschäftsidee des Internet-Führers als Konkurrenz zu Suchmaschinen ist nicht von vornherein als bloße Maßnahme der Einschränkung des Internet und derjenigen anzusehen, die sich dort präsentieren. Aus dem Umstand, daß die Beklagte eine auffällig große Zahl von Reservierungen hat vornehmen lassen, läßt sich nicht generell auf wettbewerbsfeindliche Absichten schließen. Die mögliche Zahl von Reservierungen ist weder gesetzlich noch nach den Bestimmungen der Denic begrenzt. Viele Firmen "bevorraten" eine erhebliche Zahl von "Marken" auch und gerade im Internet. Ob die Rechte Dritter hierdurch unzulässig beeinträchtigt werden, ist jeweils im Einzelfall zu prüfen.

Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich auch nicht aus § 12 BGB. Ob diese Vorschrift neben den Bestimmungen des Markenrechts anwendbar ist, um geschäftliche Bezeichnungen zu schützen, erscheint bereits erheblich zweifelhaft. Die Klägerin kann nicht im eigenen Namen etwaige Rechte natürlicher Personen mit dem Familiennamen "Alte" geltend machen. Der im Rahmen von § 12 BGB als schutzfähig anzusehende Firmenname besteht aus einem Vor- und einem Familiennamen. Diese Kombination nebst Gesellschaftszusatz hatte die Klägerin selbst gewählt, um sich im geschäftlichen Verkehr individualisierbar zu kennzeichnen. Unstreitig verwendet die Beklagte diese Bezeichnung nicht, sie bestreitet auch nicht das Recht der Klägerin an diesem Namen. Ob neben dem eingetragenen Firmennamen auch der Begriff ,,Alte‘ als Firmenschlagwort gebräuchlich ist, wird schon nicht mit nachprüfbaren Tatsachenbehauptungen vorgetragen. Jedenfalls aber läßt sich nicht erkennen, daß außerhalb der besonderen Fachkreise, die sich mit lndustrieöfen befassen, die klägerische Firma überhaupt, geschweige denn unter einem Firmenschlagwort einem weiteren Publikum bekannt ist. Zum einen gibt es unstreitig weitere Firmen, die den Begriff "Alte" in geschäftlichen Bezeichnungen und in Marken verwenden. Zum anderen wendet sich das Internet bestimmungsgemäß an die allgemeine Bevölkerung ohne Beschränkung auf bestimmte Fachkreise.

Wie bereits ausgeführt, weist zudem der hier fragliche Begriff "Alte" als der deutschen Umgangssprache entlehntes Wort eine solche Vielzahl von Bedeutungs- und Assoziationsmöglichkeiten auf, daß ein Zusammenhang mit einer Firma entsprechenden Namens eher fernliegt. In der Internet­Domain "alte.de" kann daher insgesamt weder eine unbefugte Namensverwendung des Namens der Klägerin noch ein Bestreiten der Berechtigung im Sinne von § 12 BGB gesehen werden. Die Beeinträchtigung, nicht über die werbemäßig einprägsame, weil kürzeste Bezeichnung im Internet zu verfügen, muß die Klägerin nach allgemeinen Prioritätsgesichtspunkten hinnehmen. Eine lnternetpräsens unter ihrem Firmennamen wird ihr nicht verwehrt.

Mangels Unterlassungsanspruch kann die Klägerin auch keinen auf Freigabe der Domain im Sinne einer Störungsbeseitigung gerichteten Anspruch gegen die Beklagte haben.

Aus gleichem Grund scheiden ein Schadenersatzanspruch und der zu seiner Durchsetzung dienende Auskunftsanspruch aus.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO.

Der Streitwert wird auf 150.000,00 DM festgesetzt.

Unterschriften