Rechtsprechung

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mitgeteilt von RA Boris Hoeller ( HOELLER Rechtsanwälte )

München, den 12. Januar 1999

Deutsches Patent- und Markenamt

Beschluss

in der Löschungssache

der Herren Frank Arendt und Frank Zimmermann Albert-Einstein-Str. 12 75015 Bretten

- Antragsteller -

Verfahrensbevollmächtigter: *

g e g e n

die Fa. *

- Antragsgegnerin und Markeninhaberin -

Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. *

betreffend die Wortbildmarke

Electronic
Commerce

hat die Markenabteilung 3.4 durch den Leitenden Regierungsdirektor * als Vorsitzenden, die Regierungsdirektorin * und die Regierungsrätin z.A. *

b e s c h l o s s e n :

  1. Die Marke 365 10 721 wird gelöscht.
  2. Kosten werden weder auferlegt noch erstattet.

Gründe:

  1. Die vorstehend wiedergegebene Wortbildmarke 395 10 721 wurde am 6. November 1995 für die Dienstleistungen

    Erstellen und Einrichten von Computer-Systemen, mit denen der externe und interne Versand, Empfang und die Bearbeitung des Schriftverkehrs in einem Geschäftsbetrieb automatisiert und durch elektonische Datenverarbeitung abgewickelt wird; Erstellen und Einrichten von Computer-Systemen, mit denen der elektronische Briefverkehr, die Sprach- und Datenübertragung ermöglicht wird; Erstellen von Computer-Programmen; Beratung von Unternehmen auf dem Gebiet des elektronischen Austausches von standardisierten Nachrichten (Electronic Data Interchange); Organisationsberatung zum Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung im gesamten betrieblichen Ablauf; Erstellen und Einrichten von Computer-Systemen, mit denen der Versand, Empfang und die Bearbeitung des Schriftverkehrs in einem Privathaushalt automatisiert und durch elektonische Datenverarbeitung abgewickelt wird; Einrichten und Erstellen eines Computer-Systems, mit dem der gesamte Kommunikationsbereich eines Privathaushaltes automatisiert wird; Einrichten und Erstellen eines Computer-Systems, mit dem der gesamte Kommunikationsbereich eines Geschäftsbetriebes automatisiert wird; Erstellen und Einrichten von Computer-Systemen, mit denen der Versand, Empfang und die Bearbeitung des Schriftverkehrs in einem Privathaushalt automatisiert und durch elektonische Datenverarbeitung abgewickelt wird; Einrichten und Erstellen eines Computer-Systems, mit dem der gesamte Kommunikationsbereich eines Privathaushaltes automatisiert wird

    in das Register eingetragen.

    Die Antragsteller begehren mit Antrag vom 22. Dezember 1997, eingegangen am 23. Dezember 1997, Löschung der Marke. Als Antragsteller wurde "ECP Electroic Commerce Partners GbR Frank Arendt und Frank Zimmermann" angegeben.

    Sie machen gelten, die Marke sei entgengen § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 MarkenG eingetragen worden und sei auch derzeit nicht schutzfähig.

    "Electronic Commerce" stehe für elektronischen Handel im Internet bzw. www. Für diese Behauptung legten die Antragsteller mehrere Nachweise vor. Antragsteller seien die beiden natürlichen Personen, die die Gesellschaft bürgelichen Rechts bilden, und darüber hinaus werde Gesellschaften bürgerlichen Rechts von der Rechtsprechung zum Teil aktive und passive Pareifähigkeit zugemessen.

    Die Antragsgegnerin und Markeninhaberin hat dem per Einschreiben am 06. März 1998 an sie abgesandten Löschungsantrag mit Schreiben vom 30. März 1998, hier eingegangen am 31. März 1998, widersprochen.

    Sie beantragt,

    den Löschungsantrag kostenpflichtig zurückzuweisen.

    Die Antragsgegnerin bestreitet die Antragsberechtigung der Antragsteller. Diese seinen als Gesellschaft bürgerlichen Rechts weder eine natürliche noch eine juristische Person. Die Antragsgegnerin ist überdies der Auffassung, die angegriffene Marke sei unterscheidungskräftig und nicht freihaltebedürftig im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Der Begriff "Electronic Commerce" sei zum Zeitpunkt der Eintragung 1995 nicht gebräuchlich gewesen; zudem sei die Marke durch ihre graphische Gestaltung schutzfähig.

    Wegen des Vorbringens im einzelnen wird auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

  2. Der Löschungsantrag ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

    Der Löschungsantrag ist zulässig. Zwar ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach herrschender Meinung nicht parteifähig, weil ihr als Gesamthandgemeinschaft die Rechtsfähigkeit fehlt (für die ZPO Thomas/Putzo, Zivilprozeßordnung, 21. Auflage 1998). Zulässige Antragsteller sind jedoch die Gesellschafter als natürliche Personen. Die Identität der Antragssteller ergibt sich bereits aus dem Antrag vom 22. Dezember 1997 eindeutig, da die Gesellschafter einzeln mit Vornamen bekannt sind. Darüber hinaus haben die Antragsteller in dem Schriftsatz vom 15. Juni 1998 klargestellt, daß Antragsteller die Gesellschafter als natürliche Personen sein sollen.

    Der Löschungsantrag ist auch begründet, da die angegriffene Marke im Zeitpunkt der Eintragung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG schutzunfähig war und die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG fortbestehen. Die Marke ist daher gemäß §§ 50 Abs. 1 Nr. 3, 54 MarkenG zu löschen.

    Eine Marke ist freihaltebedürftig gemäß § 8 Abs. 2 Nr.2 MarkenG, wenn sie ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleitsungen dienen können.

    Gemäß § 59 Abs. 1 MarkenG gilt hinsichtlich der Feststellung des Sachverhalts im Löschungsverfahren der Amtsermittlungsgrundsatz. In einem zweiseitigen Verfahren wie dem Verfahren auf Löschung kommt bei der Ermittlung des Sachverhalts dem Vorbringen der Beteiligten, die ihre Erklärungen gemäß § 92 MarkenG vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben haben, besondere Bedeutung zu.

    Die eingetragene Marke besteht aus den Worten "Electronic Commerce" in einem bestimmten Schriftbild mit linksbündigem Schatten.

    "Electronic" ist das englische Wort für "elektronisch" (Langenscheidts Enzyklopädisches Wörterbuch der englischen und deutschen Sprache, 1.Band A-M, 3. Auflage 1996). "Commerce " bedeutet auf deutsch "Handeln" (Langenscheidts Enzyklopädisches Wörterbuch der englischen und deutschen Sprache, a.a.O.). Der Begriff "Electronic Comnerce" ist inzwischen allgemein bekannt als Überbegriff für den elektronischen Handel mit Produkten, Dienstleistungen und Informationen über das Internet (Irlbeck, Computer-Lexikon, 3. Auflage 1998). Bereits im Zeitpunkt der Eintragung war diese Bedeutung des Begriffs "Electronic Commerce" erschließbar. Das Wort "elektronisch" steht bereits seit Entwicklung des Internets für "über das Internet". So werden Mitteilungen über Netzwerke als "electronic mail" oder "e-mail" bezeichnet, schon 1995 waren darüber hinaus "Electronic Banking" sowie "Electronic Publishing" in Grieser/Irlbeck, Computer-Lexicon, 2. Auflage 1995, verzeichnet.

    Die Dienstleistungen, für die die Marke eingetragen ist, wirken allesamt darauf hin, daß ein "electronic commerce" ermöglicht wird.

    Deshalb bestand zur Zeit der Eintragung jedenfalls zumindest ein zukünftiges Freihaltebedürfnis an der angemeldeten Marke, da aufgrund der bereits im Zeitpunkt der Eintragung gängigen Gesamtbegriffe "e-mail", "Electronic Banking" und "Electronic Publishing" sichere und konkrete Anhaltspunkte für eine Entwicklung vorlagen, die die Freihaltung der Worte "Electronic Commerce" bereits zu diesem Zeitpunkt zwingend erforderten.

    Die Marke hatte im Zeitpunkt ihrer Eintragung auch keinerlei Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG; auch jetzt fehlt ihr jegliche Unterscheidungskraft.

    Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen innewohnende Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von den jenigen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Da die Worte "Electronic Commerce" die Dienstleistungen, für die die Marke vom Verkehr nicht als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen verstanden werden, sondern als Hinweis auf die Art der Dienstleistungen.

    Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kann die Marke auch aufgrund ihrer graphischen Gestaltung in bezug auf die Dienstleistungen, für die sie angemeldet wurde, nicht als unterscheidungskräftig angesehen werden.

    Denn nur wenn eine schriftbildliche Wiedergabe eigenartig und prägnant ist, steht sie der Schutzversagung wegen mangelender Unterscheidungskraft grundsätzlich entgegen. Einfache graphische Gestaltungen oder Verziehrungen des Schriftbildes, an welche sich der Verkehr gewöhnt hat, vermögen eine mangelnde Unterscheidungskraft der wiedergegebenen Begriffe dagegen nicht aufzuheben, da diese nicht als solche geeignet sind, das Erinnerungsvermögen des Verkehrs in herkunftshinweisender Funktion zu beeinflussen (BGH GRUR 1991, 136, 137 - "New Man"). Diese zum Warenzeichengesetz ergangene Rechtsprechung ist vom Bundespatentgericht auch unter Geltung des Markengesetzes wiederholt worden (BPatG GRUR 1996, 410, 411 Color collection; BPatG GRUR 1998,401,402 JeanŽs etc....).

    Die Worte "Electronic Commerce" sind hier in einer üblichen Schriftart mit linksbündigem Schatten gehalten. Eine derartige Darstellung ist absolut werbeüblich.

    Hinzu kommt, daß die graphische Ausgestaltung einer Wortmarke in einer naheliegenden Form die erforderliche Unterscheidungskraft um so weniger begründet, je deutlicher ein unmittelbarer Bezug der dargestellten Wörter zu den beanspruchten Waren erkennbar ist (BPatG GRUR 96, 410 "COLOR COLLECTION"). Die Worte "Electronic Commerce" sind aber unmittelbar beschreibend (siehe oben). Deshalb stellt die angemeldete Marke auch in ihrer Gesamtheit einen glatt beschreibenden Sachhinweis dar, in dem die angesprochenen Verkehrskreise keinerlei individualisierenden Hinweis auf ein Unternehmen sehen werden.

    Die Marke ist demnach zu löschen.

    Für die Auferlegung der Kosten dieses Verfahrens oder für die Rückzahlung der Löschungsgebühr aus Billigkeitsgründen (§ 63 Abs. 1 und 2 MarkenG) bot der Steitfall keinen Anlaß.

    Auf die im Übersendungsschreiben enthaltene Rechtsmittelbelehrung wird hingewiesen.

Markenabteilung 3.4.

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